Tuberkulose-Diagnostik im Slum

Ein Bericht von Einsatzarzt Dr. Josef Lipinski aus Kalkutta

Tuberkulose-Diagnostik in Indien

Die Patienten sind am Ende ihrer Kräfte

Zum dritten Mal war ich im März 2016 zu einem Einsatz mit den German Doctors in Kalkutta. Ich hatte dieses Mal das Gefühl, nach Hause zu kommen. Die Hitze, das Chaos auf den Straßen mit andauerndem Hupkonzert, der Dreck und Müll überall – all das kannte ich schon. Ich erinnerte mich an den Schock, der mich 2014 bei meinem ersten Aufenthalt getroffen hatte. Jetzt nahm ich all das gelassen hin. Die Begrüßung bei der Ankunft durch unser Küchenpersonal und am ersten Arbeitstag durch die Mitarbeiterinnen war sehr herzlich. Auch in diesem Jahr sollte die Tuberkulose-Diagnostik zu einer meiner Hauptaufgaben werden…

Tuberkulose in Indien

Patient mit starker Krümmung der Wirbelsäule

Der Andrang vor den Ambulanzen und das Gedränge beim Sichten der Schwerkranken in der Warteschlange war auch jetzt wieder gewaltig. Gleich am ersten Arbeitstag sah ich einen 48-jährigen Mann mit einer schweren Krümmung der Brustwirbelsäule, Körpergröße 130 cm. Er kam zu uns wegen Oberbauchbeschwerden. Da ich wegen seiner Wirbelsäulenveränderung eine Wirbeltuberkulose ausschließen wollte, habe ich eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs veranlasst. Dabei sah ich eine schwere Miliartuberkulose der Lunge, d.h. eine Aussaat von kleinen Tuberkulose-Herden über die gesamte Lunge. Die Wirbelsäule war infolge von alten Brüchen verändert. Die Einleitung einer gezielten Therapie wurde unmittelbar veranlasst.

So zog sich das Thema Tuberkulose-Diagnostik durch die gesamte Zeit meines Aufenthaltes weiter. Fast täglich entdeckten wir neue Fälle, da durch Unterernährung und schlechte soziale Bedingungen die Tuberkulose in den Slums weit verbreitet ist. Dazu kam noch ein breites Spektrum an weiteren Erkrankungen, z.T. chronische Leiden wie Diabetes, Bluthochdruck, aber auch schwere bösartige Erkrankungen.

Lymphknoten-Tuberkulose

Verdacht auf Lymphknoten-Tuberkulose

Ich erinnere mich an einen 7-jährigen Jungen, der mit einer ausgeprägten Schwellung der Halslymphknoten auf unserer TB-Kinderstation aufgenommen wurde unter dem dringenden Verdacht auf eine Lymphknotentuberkulose. Ein Lymphknoten wurde zur Sicherung der Diagnose entnommen und zu unserer Überraschung stellte sich ein Morbus Hodgkin, eine bösartige Erkrankung der Lymphknoten, heraus. Der Junge wurde daraufhin auf unsere allgemeine Kinderstation übernommen, wo er für die Dauer der Chemotherapie, die in einer Spezialklinik vorgenommen wird, bleiben kann.

Er hat gute Aussichten wieder vollkommen gesund zu werden. Wie diese Beispiele zeigen, können wir bei unserem Einsatz zwar nur einzelnen Menschen helfen, aber deren Schicksal kann doch nachhaltig verbessert werden. Das ist meine Motivation für die Arbeit mit den German Doctors.