Wichtiger Kinderschutz

Ein Bericht von German Doctors-Einsatzärztin Dr. Sabine Stöfken aus Athi River

Dr. Sabine Stöfken bei der Behandlung

Sechs Wochen Einsatz in Athi River sind wie im Flug vergangen – mit so vielen Eindrücken, erfreulichen und erschütternden Erfahrungen. Es fällt schwer, hier eine Zusammenfassung wiederzugeben.

Der Arbeitsalltag ist in vielem ähnlich zu dem in Deutschland. Es finden sich die unterschiedlichsten Beschwerden, die Mütter und Väter mit ihren Kindern zum Arzt führen. Manche Krankheitsbilder sind harmlos, andere behandelbar, wieder andere leider nicht zu ändern und manche Zustände stellen eine akute Bedrohung dar.

Definiert man Gesundheit als Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens (nach WHO), wird schnell deutlich, dass wir Gastärzte geneigt sind, uns vor allem dem physischen Bereich zuzuwenden. Zu groß sind kulturelle Unterschiede und sprachliche Barrieren, um psychische und soziale Aspekte vollständig zu erfassen und sinnvoll handeln zu können. Die drei genannten Bereiche des Wohlbefindens können aber nicht isoliert betrachtet werden und greifen unweigerlich ineinander. Und hier hat mich das Konzept der German Doctors wirklich überzeugt. Ich möchte dazu die Geschichte von Catherina (Name geändert) erzählen.

Großer Andrang bei der Sprechstunde

Das 12-jährige Mädchen stellte sich zunächst wegen Kopfschmerzen und Bauchschmerzen vor. Bei der körperlichen Untersuchung klagte sie über Schmerzen im Schulterbereich, von wo wohl die Kopfschmerzen ausgingen. Schließlich berichtete Catherina, dass sie von ihrem Lehrer mit einer Peitsche oder einem Stock geschlagen werde. Es liefen verschiedene erschreckende Szenarien in meinem Kopf ab und ich weiß, dass es vor vielen Jahren auch bei uns üblich war und in einigen Ländern noch immer gängig ist, Kinder und Schüler körperlich zu züchtigen.

Die Ambulanz in Athi River

Mit meinem ethischen Empfinden und dem Leitbild der German Doctors ist das aber nicht vereinbar. Bei den German Doctors gibt es ausführliche Kinderschutzrichtlinien und verschiedene Einrichtungen zur Sicherung des Kinderschutzes. Man war also vorbereitet. Zunächst wurde die Leitung des Health Centers informiert und diese schaltete den offiziellen Kinderschutzbeauftragten und die Sozialarbeiterin ein. Im weiteren Verlauf stellte sich heraus, dass Catherina schon längere Zeit in der Schule misshandelt wurde und weitere Schüler und Schülerinnen körperlicher Gewalt ausgesetzt wurden. Die Versuche Catherinas Mutter über den Schulleiter auf die Situation einzuwirken, waren bisher erfolglos verlaufen.

Dank der Intervention des Kinderschutzrepräsentanten der German Doctors vor Ort und mehrerer Gespräche mit der Schulleitung wurden inzwischen Schutzmaßnahmen für Catherina installiert. Sie wird nicht mehr von dem Lehrer unterrichtet werden und es ist noch in diesem Jahr ein Training der Lehrer zum Thema Kinderschutz und gewaltfreier Disziplinierung geplant. Auch sollen Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern über ihre Rechte und Möglichkeiten informiert werden.

Informationsblatt zum Kinderschutz

Insgesamt eine unangenehme Erfahrung mit einem erfreulichen Ende. Vielen Dank für die gute und zielführende Zusammenarbeit der Übersetzerin, der Leitung des Health Centers, der Sozialarbeiterin und dem Kinderschutzbeauftragten.