Armut ist weiblich
„Frauen tragen die eine Hälfte des Himmels“, sagt ein chinesisches Sprichwort. Tatsächlich ist Gleichberechtigung weltweit für die meisten Frauen und Mädchen so weit entfernt von ihrer Lebensrealität wie der Himmel vom tiefsten Punkt der Ozeane. Sie erleben in ihrem Alltag Benachteiligung, Unterdrückung und Ablehnung in verschiedensten sozialen, kulturellen und religiösen Ausgestaltungen.
Mit dem Argument, dass eine Tochter ohnehin in eine andere Familie einheiraten wird und über kurz oder lang nicht mehr zum Broterwerb ihrer Herkunftsfamilie beitragen kann, bekommt sie in vielen Gesellschafften von Geburt an von allem weniger als ein Sohn: Weniger Nahrung, weniger Bildung, weniger Zuwendung. So wundert es nicht, dass weltweit sieben von zehn Menschen, die in Armut leben, Frauen sind. Auch in unseren Projektregionen sind die Lebenswege der meisten Mädchen und Frauen geprägt von Armut, Schulabbrüchen – wenn sie überhaupt jemals eine Schule besucht haben –, früher Verheiratung und Mutterschaft.
Laut UNICEF leisten Frauen mit rund 66 Prozent den weitaus größeren Anteil an der weltweiten Arbeit – bezahlte und unbezahlte – und können dabei nur lediglich zehn Prozent des Einkommens auf sich vereinigen. Man kann sagen: Armut ist weiblich. Allerdings ist Armut nicht nur Ausdruck geringen oder fehlenden Einkommens, sondern sie drückt sich auch aus in fehlender Würde, fehlenden Rechten und fehlenden Chancen auf gesellschaftliche und politische Einflussmöglichkeiten.
So helfen wir Mädchen und Frauen
Wir helfen Mädchen und Frauen in unseren Projektregionen auf vielfältige Weise – durch die direkte medizinische Arbeit sowie durch eng an unsere ärztliche Hilfe angebundenen Projekte. Letztere führen wir meist mit lokalen Partnerorganisationen durch. Hier eine Übersicht:
- grundsätzliche Ermutigung der Frauen, sich zu emanzipieren und ihre Zukunft aktiv zu gestalten
- Schwangerschaftsvorsorge-Programme
- Geburtshilfe: „Half Way Home“ auf Mindoro und Geburtshilfe in Kilifi
- Familienplanung: Aufklärung durch Gespräche im Rahmen der ärztlichen Arbeit oder durch entsprechend geschulte Mitarbeiterinnen sowie kostenfreie Herausgabe von Kontrazeptiva
- Überweisung zu Kliniken, die medizinisch indizierte Abtreibungen vornehmen sowie medizinische Hilfe nach illegaler Abtreibung
- Ausbildung einheimischer Gesundheitsarbeiter (80% sind Frauen) zur Stärkung der lokalen Gesundheitssysteme
- Schulung besonders armer Mütter in gesundheitsrelevanten Themen sowie einkommensschaffender Maßnahmen
- in allen Projekten finden diverse Trainings für Frauen mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten statt: Kochen, Nähen, Unterricht zu Hygiene, Gesundheitsvorsorge, Frauenrechten, Kleinkreditvergabe
- Stipendien für Mädchen: In Dhaka erhalten die 15 besten Schülerinnen einer Slumschule ein Stipendium; 2018 schafften die ersten drei Absolventinnen den Sprung aufs College und werden nun weitergefördert
- Malisa Home: Schutzhaus für Mädchen und Frauen, die der Zwangsprostitution entkommen sind
- Wecken eines Problembewusstseins für die Beschneidung weiblicher Genitalien
Besonders schön: Durch den Kontakt mit den German Doctors und die erfahrene Hilfe, haben viele ehemalige Patientinnen eine Ausbildung zur Krankenschwester oder Gesundheitsarbeiterin gemacht und stehen damit beruflich auf eigenen Beinen - so z.B. in unserem Tuberkulose-Krankenhaus St. Thomas Home in Kalkutta.
Familienhilfe
In unseren Schulungen lernen Mütter und Väter, wie mit geringen Mitteln eine ausgewogene Ernährung möglich ist. Dies ist entscheidend, um Unterernährung, insbesondere bei Kindern, vorzubeugen. Zudem werden die Familien in Hygienefragen geschult, so dass Erkrankungen vermieden werden können. Finanzieren Sie mit 25 Euro einen Schulungsworkshop für 5 Familien!
Frauen in Chittagong: selbstbewusst, aktiv und respektiert
Nur Akter ist Präsidentin der Frauengemeinschaft des Community based Centers (CbC 1) der German Doctors in Chittagong, Bangladesch. Mehr als 100 Frauen sind dort organisiert. Hier eine kurze Stellungnahme von ihr:
„Ich bin in im Slum aufgewachsen. Seit meiner Kindheit habe ich Gewalt gegen Frauen beobachtet – auch Scheidungen, Kindesmisshandlungen, Familien in existenziellen finanziellen Krisen, kranke Menschen, die keine medizinische Behandlung bekommen haben und starben. Als Kind konnte ich nichts dagegen tun, aber als 2011 Mitarbeiter des neuen Community based Centers (CBC 1) in unseren Slum kamen und uns vorschlugen, eine Frauengemeinschaft zu gründen, war ich die erste, die davon begeistert war und die anderen motiviert hat. Zu Beginn war es nicht einfach, weil jede Frau sich einen direkten finanziellen Vorteil von der Gemeinschaft erwartet hat. Auch haben viele vermutet, dass ich mir als Präsidentin den größten Teil eines möglichen Gewinns nehmen würde. Aber durch Ehrlichkeit, Transparenz und Engagement konnte ich überzeugen und schließlich haben mich alle als Leiterin akzeptiert.
"Heute kann ich sagen: Wir haben viel erreicht. Die Frauen organisieren sich und sind sich ihrer sozioökonomischen Lage bewusst. Sie sind respektierte und selbstbewusste Familienmitglieder, die Geld verdienen. Sie haben es sich angewöhnt, Ersparnisse für die Zukunft zurückzulegen oder so einzusetzen, dass sie daraus ein Einkommen generieren können. Sie wissen viel über Gesundheit sowie Hygiene und ihre Kinder besuchen die Schule – was sie vorher nie getan haben. Außerdem wissen Heranwachsende über reproduktive Gesundheit Bescheid. Ich bin glücklich, dass die Frauen meiner Gruppe selbstbewusst und aktiv geworden sind. Früher waren sie schüchtern und haben sich unbehaglich gefühlt, mit jemandem über ihr Leben zu sprechen. Heute können sie sich in jedem Forum mutig äußern und sich auf verschiedenen Ebenen vernetzen, um ihre Rechte durchzusetzen.“
Nur Akter
ist Präsidentin der Frauengemeinschaft des Community based Centers in Chittagong
Auf unserem Blog finden Sie viele spannende Berichte über unsere Projekte zur Frauenförderung und Familienhilfe.
Projekte mit dem BMZ
Mehr als 300 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) kofinanzierte Projekte haben German Doctors bereits durchgeführt bzw. führen sie noch durch (Stand 2018). Viele von ihnen stärken Mädchen und Frauen den Rücken. Hier einige Beispiele:
- Kreditprogramme für Frauen in Indonesien und Vietnam
- Bau einer Sekundarschule für Mädchen auf Haiti
- Projekt zur Prävention sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Mädchen in Peru
- HIV-Präventionsprogramm für weibliche Prostituierte auf den Philippinen
- Verwirklichung von Rechtsansprüchen ländlicher „Dalit-Frauen“ („Unberührbare“) in Indien
- gemeinwesenbasierte Gesundheitsarbeit durch entsprechend ausgebildete Gesundheitshelferinnen in Indien
- Qualitätsbildung für Kinder aus extrem armen Familien und indigenen Gemeinschaften in Bangladesch
Weitere Arbeitsschwerpunkte
Behandlungsschwerpunkte
Welche Krankheiten sind in Entwicklungsländern besonders häufig? Erfahren Sie hier mehr über unsere Behandlungsschwerpunkte!
Kindersterblichkeit bekämpfen
Erfahren Sie, was wir tun um die Kinder- und Müttersterblichkeit vor allem in Afrika weiter zu senken.
Schwangerschaft in Entwicklungsländern
Erfahren Sie, wie wir das Leben von Mutter und Kind schützen.