Ärzte helfen weltweit
Ärzte helfen weltweit
Hilfsprojekt gegen weibliche Genitalverstümmelung
Hilfsprojekt gegen weibliche Genitalverstümmelung

Einsatz gegen weibliche Genital­verstümmelung

Gemeinsam mit der Partneror­ganisation „Commit & Act Foundation Sierra Leone“ setzen wir uns für das Ende einer gefährlichen, weit verbrei­teten Praxis ein: der weiblichen Genital­verstümmelung. 800 Mädchen sind mittler­weile Teil unseres Programms in Sierra Leone – und die Nach­frage nach einer Aufnahme in das Programm wächst!

Porträt vom Mädchen in Sierra Leone
© Saidu Bah/Fairpicture

Eine Zukunft ohne FGM

Mariame wusste schon früh, was sie will: „Ich  möchte auf die Uni gehen und An­wältin werden.“ Das verkündete das Mädchen auch laut und deutlich gegenüber ihrer Familie: „Ich habe die Möglich­keiten und kann das.“ Mariame wollte lernen, eigene Erfahrungen machen und ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Fast wäre dieser Traum für sie un­erreich­bar gewesen. Denn Mariame kommt aus ein­fachen  Verhältnissen und ihren Eltern fehlt das Geld, um ihr eine gute Bildung zu ermöglichen. „Ich kann sie nicht finanziell unter­stützen“, erzählt ihr Vater Abu Bakar Kamere, der als Metall­bauer arbeitet. Wie ihm geht es vielen Eltern in Sierra Leone – sie haben kaum Mittel, um für die Aus­bildung ihrer Kinder auf­zu­kommen. In der Folge nehmen sie ihre Töchter oft vorzeitig aus der Schule, um sie früh zu verheiraten. Für die Mädchen hat das lebenslange Folgen:  Ihr Weg wird ihnen von außen vor­bestimmt.

Mariame aber hatte großes Glück: Sie wurde in das Projekt „My Body My Right“  auf­ge­nommen, das German Doctors seit 2020 gemeinsam mit der lokalen Organisation„Commit and Act Foundation Sierra Leone“ (CAF-SL) in den drei Distrikten Bombali, Bo und Tonkolili realisiert.Es ermöglicht Mädchen den Zu­gang zu Bildung und vermittelt ihnen damit Grund­lagen für eine selbst­bestimmte Zukunft. Vor allem aber setzt sich das Projekt da­für ein, dass sie selbst über ihren Körper bestimmen können, indem es aktiv gegen weibliche Genital­ver­stümmelung vor­geht.

Jede Hilfe zählt

Mariame Bakarr

„Ich will nur Anwältin werden, sonst nichts.“

Mariame Bakarr
Schülerin

Als Mariame in das „My Body My Right“-Projektaufgenommen wird, erfülltsich für sie ein Traum: Sie kann weiter auf die Schule gehen. Ohne das Projekt wäre ihr dieser Weg verschlossen geblieben, denn der Familie fehlten die finanziellen Mittel. Armut ist ein wesentlicher Faktor dafür, dass Mädchen bereits im Alter von 12 oder 13 Jahren mit dem traditionellen Ritual der Genitalverstümmelung in die Erwachsenenwelt eingeführt werden und damit als heiratsfähig gelten. Es folgen häufig der Schulabbruch, eine frühe Ehe und Schwangerschaft. Mariame ist überglücklich, dass sie ihr Berufsziel verfolgen kann, und möchte nach der Schule Jura studieren.

Schäd­liche Praxis mit Folgen

In Sierra Leone ist weibliche Genitalverstümmelung – auch „female genital mutilation“ (FGM) – noch eine weit verbreitete kulturelle Praxis. Im Rahmen dieses Eingriffes werden bei Mädchen die (äußeren) weiblichen Genitalorgane ohne medizinische Gründe verletzt oder (teilweise) entfernt – meist ohne Betäubung mit Messern, Rasier­klingen oder Glas­scherben. Laut UN sind rund 83 Prozent der sierra-leonischen Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren von FGM betroffen. In vielen Ländern gilt die Praxis als Menschen­rechtsverletzung und wird dort auch als Straftat betrachtet. In Sierra Leone ist FGM bisher nicht gesetzlich verboten. Es gibt aber innerhalb des Landes und im westafrikanischen Umfeld wachsenden Druck, das zu ändern.

Die Folgen dieses Eingriffs sind vielfältig. Sie reichen von starken Schmerzen und Schock über schwere Blutungen – im schlimmsten Fall mit Todes­folge – Infektionen, Zysten und Unfrucht­barkeit bis hin zu Komplikationen bei späteren Entbindungen und psycho­logischen Problemen.

My Body My Right

Seit Ende 2020 enga­gieren wir uns im Rahmen des Partner­projekts „My Body My Right“ gegen die menschen­rechtsverletzende Praxis der weiblichen Genital­verstümmelung. Mit der „Commit & Act Foundation Sierra Leone“ haben wir einen Partner gefunden, der sich seit 2014 erfolg­reich im Bereich Kindesschutz engagiert.

Hilfsprojekt gegen weibliche Genitalverstümmelung

Die  derzeit  800  am  „My  Body  My Right“-Projekt  teil­nehmenden Mädchen bleiben von diesen grausamen Erfahrungen verschont. Ihre Familien verpflichten sich schriftlich, von der Praxis ab­zu­lassen. Sie werden über drei Jahre begleitet  und  finanziell unterstützt. „Das  Projekt  hat  die  Schul­uniformen, Hygiene­artikel und die Ver­pflegung für meine Tochter  gestellt“,  erzählt Mariames Vater. So konnte das Mädchen weiter zur Schule gehen –  und blieb körperlich un­versehrt. Die Projekt-Eltern werden auch dabei unter­stützt, ihr Ein­kommen  aus  eigener Kraft lang­fristig zu ver­bessern. Darüber hin­aus werden die Familien zum Thema sexuelle und reproduktive Gesund­heit aufgeklärt. Die  Mädchen können sich in sozialen Clubs an den Schulen aus­tauschen.

Die Bevölkerung für die Gefahren und Risiken der weiblichen Genital­verstümmelung zu sensibilisieren, ist eine der Heraus­forderungen des Projekts. „FGM ist eine lang­jährige kulturelle Praxis in Sierra Leone und ein sensibles Thema für die  Menschen“, berichtet  Daboh. Um Veränderungen respekt­voll an­zu­stoßen,  werden alle Zielgruppen ein­bezogen: Kinder, Eltern, Lehr­kräfte,  Gesundheits­mitarbeitende, Soweis (die sogenannten Beschneiderinnen), staatliche  Stellen  und  Vor­sitzende in den Gemeinden. Das Projekt-Team von CAF bringt das  Wissen  gezielt  in die Gemeinden und sucht mit ihnen individuelle Lösungen, wie die Tradition geachtet werden kann, ohne FGM an­zu­wenden. Darüber hinaus  gibt  es Informationen im Radio sowie Kurse und Dialogkreise an Schulen und in Dörfern.

Abu Bakarr

„Die Beziehung zu meiner Tochter wurde immer besser.“

Abu Bakarr
Vater von Mariame

Die Eltern der Mädchen sind Teil des „My Body My Right“- Projekts. Sie werden für das Thema Genitalverstümmelung sensibilisiert, engagieren sich gemeinsam mit ihren Töchtern und erleben ein wachsendes gegenseitige Verständnis. Zusätzlich können die Eltern an Trainings teilnehmen, die darauf zielen, das Familieneinkommen aus eigener Kraft zu erhöhen.

Mit 19 Euro helfen

19 Euro sorgen dafür, dass wir ein Mädchen im "My Body My Right" Programm schulen und beglei­ten können. Auf diesem Weg haben die Mädchen in Sierra Leone die Möglich­keit, ein selbst­bestimm­tes Leben zu führen und über ihre Zukunft selbst zu bestimmen!

Wir unterstützen Mädchen im Kampf gegen Genitalverstümmelung

Mädchen sind Vor­bilder der Bewegung „My Body My Right“

Der Aus­ruf „Mein Körper Mein Recht!“ ist  für  die  jungen  Frauen  längst  zum Slogan geworden. In ihren Gemeinden sind sie inzwischen Vor­bilder. „Sie beeinflussen Gleichaltrige und Erwachsene, ihre Traditionen zu über­denken und sich  gegen Gewalt aus­zu­sprechen“, sagt Fanta Daboh. Und haben Erfolg: Immer häufiger entwickeln Gemein­schaften Regeln zum Schutz vor FGM. Die Dorf­ältesten in Yele ver­pflichteten sich zum Beispiel da­zu,  die Tradition der Bondo-Gesellschaft ohne Genital­ver­stümmelung fortzuführen. „Die alten Normen haben Nach­teile für die Mädchen und die Gesell­schaft“, sagt Gemeinde­vor­sitzender David K. Fullah: „Ein Mädchen  zu  stärken,  bedeutet, Sierra Leone zu stärken.“ Es  zeichne sich ein dauer­hafter Wandel ab, bestätigt Fanta Daboh: „Frauen werden zu­nehmend als wert­volle Mit­glieder der Gesell­schaft und Führungs­persönlich­keiten betrachtet, deren Gesund­heit, Bildung, Schutz und Stimme zählt.“

David K. Fullah

„Ein Mädchen zu stärken, bedeutet, Sierra Leone zu stärken.“

David K. Fullah
Gemeindevorsitzender

Bildung ermöglicht den Mädchen ein selbst­bestimmtes Leben

Praktisch gestaltet sich das wie folgt: Die Projekt­mitarbeitende führen zunächst eine Reihe von Aufklärungs­veranstaltungen durch. Sie machen den Einwohnern die viel­fältigen schädlichen Auswirkungen der weiblichen Genital­verstümmelung bewusst sowie die geltenden rechtlichen Paragraphen.

Immer wieder betonen sie auch die Wichtigkeit von Schulbildung für die Mädchen. Dies wird durch die Bereitstellung von Schul­materialien und die finanzielle Unter­stützung der Familien für den Schul­besuch der Töchter unter­mauert.

Mit Bildung weiblicher Genitalverstümmelung entgegenwirken

Multi­­plikatorinnen und Multi­plikatoren sind uner­lässlich

Mitverant­wortlich für das Gelingen des Projekts sind auch Menschen, die den Wandlungs­prozess begleiten. Das sind unter anderem Lehrerinnen und Lehrer, die besonders sorgsam rund um das Thema weibliche Genital­verstümmelung aufge­klärt wurden, jetzt als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ihr Wissen weitergeben. Auch über das Radio klären die Projekt­mitarbeitenden und andere Expertinnen und Experten die sierra-leonische Öffentlich­keit über die Folgen der weiblichen Genital­verstümmelung für Körper und Seele auf.

Zusätzlich richten sie sogenannte „Girls Clubs“ in den Schulen ein, die von den Projekt­teilnehmerinnen selbst geleitet und von Lehrerinnen und Lehrern be­treut werden. Die Botschaft: „Wir unbe­schnittenen Mädchen sind etwas Besonderes. Wir sind selbst­bewusst, modern, und wir bestimmen über unseren Körper.“ Die Lehrerinnen und Lehrer berichten, dass die Mädchen nicht mehr von anderen Mädchen stigmati­siert, sondern bewundert und als Vorbilder angesehen werden.

Die Informationsveranstaltungen sind gut besucht - das Interesse an dem Programm ist groß!

Aufklärung ist das A und O des Projektes.

Dr. Gudrun Jäger freut sich über das neue Selbstbewusstsein vieler Mädchen

Kreative Techniken und Workshops sind fester Bestandteil des Projektes.

Selbst Beschneideri­nnen schwören der Tradition ab

Führende Persönlich­keiten in der Gemeinde werden dabei als zentrale Bindeglieder gezielt adressiert: „Sie genießen hohes An­sehen in der Gemein­schaft“, erklärt Abu Bakar Conteh, „Wenn sie ihr Bewusst­sein ändern, können sie die Anti-FGM-Bewegung  weiter­tragen.“ Gerade die Unter­stützung der Männer ist entscheidend. Als Bruder mehrerer Schwestern hat er erlebt, wie die Traditionen vor allen Dingen die Frauen in Sierra Leone un­frei machen. Diese Strukturen möchte er mit seiner Arbeit auf­brechen. Daher sieht er es als männlicher Sozial­arbeiter als seine Auf­gabe an, in den Dörfern vor allem die Männer zu adressieren. „Im patriarchalen Sierra Leone zählt die Meinung von Frauen nicht viel. Männer beeinflussen alle Entscheidungen. Erkennen  sie die negativen Folgen von FGM, können sie ein starker Multiplikator sein.“

Auch die Soweis werden aktiv in den Wandlungs­prozess ein­bezogen. Sie sind an­gesehene Mit­glieder der Gemeinden und ver­dienen mit der Praxis der Genital­ver­stümmelung ihren Lebens­unterhalt. Im Rahmen des „My Body My Right“-Projekts werden die Soweis dazu gebracht, ihre Messer niederzulegen. Das Projekt unterstützt sie dabei, sich eine alternative Ein­kommens­quelle im landwirtschaftlichen Bereich auf­zu­bauen.

Eines der zentralen Ziele des Projekts ist es, die Mädchen selbst zu stärken. „Wir stellen  sicher,  dass sie gesehen und gehört werden und auch die Möglich­keit haben, zu  lernen und sich zu entfalten“, sagt Abu Bakar Conteh. Wie sie sich verändern, sei direkt spür­bar: „Wir  beobachten, wie stark sich ihr Selbstwert­gefühl und ihr Durchsetzungs­vermögen ver­bessert“, berichtet Fanta Daboh. Das sei auch ein wirksamer Schutz vor Gewalt: „Wenn Mädchen ihre Rechte kennen und darin bestärkt werden, auch über un­angenehme Dinge zu kommunizieren, sinkt die Wahrscheinlich­keit, dass sie zu Opfern werden. Sie zeigen auch Ver­gehen eher an und suchen sich Hilfe.“

„Ich möchte, dass meine Kultur weiterlebt - aber die Mädchen sollen etwas Neues lernen.“

Mammie Barommy
Ehemalige Beschneiderin

Landwirtin bei der Arbeit in Sierra Leone
© Saidu Bah/Fairpicture

Finanzielle Perspektiven schaffen

Neue Einkommens­quellen müssen auch für die Beschneiderinnen, die „Soweis“ gefunden werden. Traditionell versorgen die Familien der Mädchen die „Soweis“ während der sogenannten Initiations­zeit mit Lebens­mitteln, Kleidung, Schmuck und Geld. Auch später bleiben sie ihnen oft verbunden und beschenken sie gelegentlich. Umso erfreulicher ist, dass bereits viele von ihnen in den teilnehmenden Gemeinden ihr Bedauern darüber geäußert haben, dass sie diese Praxis ausgeübt haben und ihre Messer niedergelegt haben.

Manche haben ihre eigenen Töchter für das „My Body My Right-Projekt“ angemeldet. Ein deutliches Zeichen, dass sie diese schädliche Praxis über­winden möchten. Um den Frauen eine finanzielle Perspektive zu bieten, sodass sie nicht zu der schädlichen Praxis zurückkehren müssen, unterstützt das Projekt die „Soweis“ seit April 2022 mit einer Komponente für eine alternative Einkommensquelle im landwirtschaftlichen Bereich. Sie erhalten Trainings, Saatgut und Land wird zur Verfügung gestellt und sie können Lebensmittel für ihren Eigengebrauch sowie zum Verkauf anbauen.

Jede Hilfe zählt

Das Projekt im Überblick

  • Unsere Projektst­andorte befinden sich in den Distrikten Bo, Bombali und Tonkolili
  • Finan­zielle und psycho­soziale Unter­stützung für derzeit 800 Mädchen
  • Unter­stützung der Familien der Mädchen zum Aufbau eines Klein­gewerbes
  • Trainings für Eltern, Betreuungs­personen, Lehrer­innen und Lehrer sowie an den Girls Clubs der Schule
  • Advocacy- und Lobby­arbeit auf nationaler Ebene
    Komponente für alternative Einkommensquellen für 60 „Soweis“

Unsere Partner­organisation

Der Schwer­punkt der unab­hängigen sierra-leonischen NGO liegt in der umfassenden Betreuung von Über­lebenden sexuali­sierter Gewalt, insbe­sondere von Mädchen. Seit 2014 arbeitet die Organisation in der Bera­tung und Unter­stützung von Mädchen und deren Eltern, die sich gegen FGM entschieden haben. Commit & Act betreibt außer­dem zwei Schutz­häuser für miss­brauchte Mädchen, das Bo und das Makeni Girls Shelter.

Trotz Verbot der ECOWAS: Weibliche Genital­ver­stümmelung in Sierra Leone noch nicht straf­bar

Nach jahre­langem Engagement der Zivil­gesellschaft liegt ein neuer Gesetz­entwurf zum Verbot von FGM vor. Dieser wurde jedoch am 3. Juli 2025 vom Parlament Sierra Leones zurück­gewiesen.

Mehr erfahren

Makeni Girls Shelter

Wir unterstützen auch ein von unserem Partner betriebenes Schutz­haus für Mädchen, die Opfer von sexu­eller Gewalt geworden sind. Die Mädchen finden dort ein Zuhause auf Zeit und werden medi­zinisch und psycho­logisch betreut. Viele Fälle werden zudem vor Gericht gebracht.

Projekte entdecken

Die German Doctors leisten ehren­amtlich Arzt­einsätze in Ent­wick­lungs­ländern und helfen dort, wo das Elend zum All­tag gehört. In städtischen Slums und länd­lichen Armuts­regionen auf den Philippinen, in Indien, Bangladesch, Kenia und im Bereich der Flüchtlingshilfe bieten unsere Ärztinnen und Ärzte Sprech­stunden für Menschen am Rande der Ge­sellschaft an. Die einge­setzten Mediziner arbeiten in ihrem Jahres­urlaub oder im Ruhe­stand für einen Zeit­raum von 6 Wochen und ver­zichten dabei auf jegliche Ver­gütung.

Newsletter abonnieren

Was gibt es Neues? Melden Sie sich zu unserem monatlichen Newsletter an und erfahren Sie aus erster Hand alles über unsere Projekte, aktuelle Themen und Veranstaltungen.