Mit Worten schwer zu beschreiben

Ein Bericht von Einsatzarzt Dr. Arndt Dohmen aus Chittagong

In den letzten 3 Jahren habe ich jeweils an einem 6-wöchigen Einsatz in einem Projekt der German Doctors teilgenommen. Morgen ist nun mein letzter diesjähriger Arbeitstag im Medical Center for the Poorest oft he Poor (MCPP), dann ist der zweite Einsatz, den ich hier in Chittagong gemacht habe, beendet. Das möchte ich zum Anlass nehmen, Euch wie in den letzten Jahren durch einen zusammenfassenden Bericht über meine Erfahrungen ein wenig an dem teilhaben zu lassen, was ich in diesem Land und speziell bei meiner Arbeit erlebt habe.

Geduldig warten die Patienten vor der Ambulanz

Bangladesch ist der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Welt und hat bei einer Größe, die etwa der zweifachen  Fläche von Bayern entspricht, 166 Millionen Einwohner – das sind etwa doppelt so viele Einwohner wie Deutschland heute hat. Chittagong ist die zweitgrößte Stadt des Landes mit 4,5 Millionen Einwohnern, gleichzeitig ist hier der größte Hafen und damit auch einer der wichtigsten Handelsplätze angesiedelt.

Man merkt es sofort nach der Landung: hier herrscht ein quirliges Leben und eine Geschäftigkeit, die auf den ersten Blick tags und auch nachts keine Ruhe zulässt. Hektisch ist besonders der Straßenverkehr, große Verkehrsadern sind eigentlich immer verstopft. Und so war auch gleich meine erste Fahrt vom Flughafen in meine Unterkunft mit einem der berühmten dreirädrigen Kleintaxis (CNG) ein Erlebnis, das mir den Schweiß auf die Stirn trieb und mich aber auch in das Lebensgefühl der Menschen hier eintauchen ließ: Um schneller ans Ziel zu kommen – zur Eile hatte ich ihn eigentlich gar nicht aufgefordert -, bog der Taxifahrer wegen eines Staus auf einer in jede Richtung dreispurigen Autobahn plötzlich auf die Gegenfahrbahn ab, verschaffte sich Respekt durch pausenloses Hupen und fuhr ca. einen Kilometer als Geisterfahrer ganz rechts, bis er den Stau iauf der Seite unserer eigentlichen Fahrtrichtung überholt hatte, und reihte sich dann wieder in den Verkehrsstrom der richtigen Straßenseite ein. Da dieser Ausflug in den Gegenverkehr glücklicherweise ohne Unfall zu Ende ging, hatte diese Taxifahrt auch ihre gute Seite: ich war für die kommenden 6 Wochen bestens motiviert, als Fußgänger sehr umsichtig und mit immerwährenden Sichtkontrollen in beide Fahrtrichtungen die überfüllten Straßen vorsichtig  zu überqueren.

Dr. Dohmen in seinem kleinen Sprechzimmer

Der Verkehrslärm hatte gleich noch eine weitere Konsequenz und zwang mich zu einer Übung in Schicksalsergebenheit und Geduld. Der Zugang zu einer großen Dachterrasse, an deren Ende die Wohnung der Einsatzärzte liegt, war mit einem Eisengitter verschlossen, um uns vor unliebsamen nächtlichen Besuchen zu bewahren. Obwohl unser Koch und auch die Kollegin vor Ort waren, konnten sie mein verzweifeltes Rütteln am Eisentor wegen des vielen Lärms auf der Straße nicht hören. Und da ich noch keine für Bangladesch gültige SIM-Karte in meinem Handy hatte, waren mir auch alle modernen Kommunikationswege versperrt. So blieb mir nichts anderes übrig als mich vor dem Eisentor niederzulassen und abzuwarten, bis irgendjemand zufällig auf der anderen Seite dieses Käfigs auftauchen und mich befreien würde.

Der Arbeitsbeginn am Montag morgen war dann fast etwas wie nach Hause kommen, denn es kannten mich noch alle MitarbeiterInnen und so war die Begrüßung sehr herzlich. Hier in den etwas düsteren Räumen im Hinterteil eines kirchlichen Medical Centers sollten nun in den kommenden Wochen die bewegendsten Begegnungen meines Aufenthaltes in Bangladesch stattfinden.

Die German Doctors wollen dort helfen, wo die etablierten staatlichen Institutionen eine Versorgungslücke lassen – und das sind in einem Land, in dem es keine Sozialversicherungen gibt und jede medizinische Leistung sofort bezahlt werden muss, die offiziell 11% Ärmsten der Armen, die von weniger als einem Dollar pro Tag leben müssen. Es gehört daher zu den Herausforderungen der Projektorganisation, diese Zielgruppe vor Ort in den Slums aufzusuchen und die Menschen in der Siedlung einzuladen, bei gesundheitlichen Problemen Hilfe in unserer Ambulanz zu suchen. Denn wer bei den German Doctors als PatientIn für einmalig 30 Taka eine Zugangsberechtigung erworben hat, zahlt für jeden Besuch in der Ambulanz nur noch den symbolischen Betrag von 10 Taka (= 10 Eurocent) und erhält dafür alle in unserer Apotheke verfügbaren Medikamente kostenlos. Sogar Krankenhausbehandlungen, deren Indikation von den EinsatzärztInnen bestätigt werden, sind unter Einhaltung der Verhältnismäßigkeit und der Budgetgrenzen auf Rechnung der German Doctors möglich.

Auch das Abtasten hilft enorm bei der ersten Diagnose

Um dieses Versorgungsangebot den wirklich Bedürftigen zukommen zu lassen und Missbrauch von Menschen zu verhindern, die nicht so arm sind und daher für ihre Behandlung auch bezahlen könnten, gehen mehrmals in der Woche SozialarbeiterInnen in die umliegenden Slumsiedlungen, um auf die Ambulanz aufmerksam zu machen. Gleichzeitig werden aber auch Hausbesuche bei PatientInnen gemacht, bei denen die MitarbeiterInnen Zweifel haben, ob die Bedürftigkeit für unser Angebot wirklich besteht. Werden dann vor Ort in den Wohnungen Hinweise auf gehobenere Lebensverhältnisse gefunden, werden die PatientInnen aus dem Programm ausgeschlossen und darauf hingewiesen, dass im selben Haus eine große medizinische Ambulanz zur Verfügung steht, in der man auf Bezahlung alle im Land üblichen Behandlungsmöglichkeiten nutzen kann.

Es sind diese Einladungs- und Kontrollmechanismen, die aus meiner Sicht die Arbeit der German Doctors besonders vertrauenswürdig machen, und so hatte ich großes Interesse, an einem Samstag, an dem die Ambulanz geschlossen ist, bei einem solchen social screening mitzugehen.

Schon die Zeit des Besuches muss stimmen: früh morgens haben die Menschen damit zu tun, ihre Kinder zur Schule zu bringen oder zur Frühschicht zur Arbeit zu gehen. Danach folgt, wenn das Geld dafür reicht, ein magerer Einkauf, und gegen 10 Uhr sind dann meist zumindest die Frauen und kleinen Kinder zu Hause und am besten für ein Gespräch erreichbar.

Um diese Zeit also trafen wir in der Slumsiedlung ca. 3 km entfernt von unserem Standort ein. Die Wege in diesem Slum sind aus gestampfter Erde und derart von Müll übersät, dass man den Straßengrund darunter manchmal nicht mehr erkennen kann. Die Lehm- oder Blechhütten der Menschen bestehen meist nur aus einem Raum von 3 x 4 Metern, darin leben bis zu 8 Menschen und das einzige Tageslicht kommt durch die Tür herein. Das Elend der Bewohner wird dadurch noch größer, dass es auch in solchen Siedlungen Landbesitzer gibt, die für solche Wohnungen Mieten in Höhe von 2000 bis 3000 Taka (= 20 bis 30 Euro) pro Monat eintreiben und damit das Leben sogar in diesen Verhältnissen für manche unbezahlbar machen. Einer dieser Landbesitzer begrüßte uns sogar ganz offiziell und berichtete, dass  für alle Wohnungen „seiner“ Straße eine Gemeinschaftstoilette und eine Waschstelle zur Verfügung stehen.

Hier wird ein Großteil noch mit der Hand ausgefüllt

Für unseren Besuch wurden ein paar Hocker und Plastikstühle aus den verschiedenen umliegenden Häusern zusammengetragen und unsere SozialarbeiterInnen befragte die anwesenden Bewohner nach ihren gesundheitlichen Problemen und sozialen Verhältnissen, um dann gezielte Einladungszettel zu verteilen. Aus mehreren Häusern kamen dann auch weitere Frauen meistens mit ihren Kindern, die schon in der Ambulanz der German Doctors gewesen waren und den anderen von ihren Erfahrungen berichteten. Auffallend und bedrückend war die Beobachtung, wie viele Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter auf den Wegen und vor den Hütten herumsaßen und dadurch sichtbar machten, wie viele in dieser Bevölkerungsgruppe ganz offensichtlich nicht die Schule besuchen, denn Samstag ist in Bangladesch ein ganz normaler Werktag und daher sind die Schulen auch geöffnet. Soweit wir das als Ausländer beurteilen können, führt das social screening dazu, dass der Anteil der extrem armen PatientInnen in unseren Sprechstunden tatsächlich sehr hoch ist.

Eine weitere Frage, die uns bei unserer Arbeit immer wieder bewegt, ist die nach dem Standard der stationären Behandlungen in den großen Krankenhäusern, denn dorthin schicken wir ja täglich schwerkranke Kinder und Erwachsene, deren weitere Behandlung unter ambulanten Bedingungen nach unserer Einschätzung nicht verantwortbar ist. Es gibt in unserem Projekt einen Mitarbeiter, dessen Hauptaufgabe es ist, PatientInnen je nach ihrem Gesundheitszustand persönlich ins Krankenhaus zu begleiten, dafür zu sorgen, dass sie in die richtige Abteilung kommen und dort auch aufgenommen werden, und der danach den Kontakt zur zuständigen Station hält, um Informationen über den weiteren Behandlungsverlauf einzuholen. Gleichzeitig signalisiert dieser enge Kontakt den KrankanhausmitarbeiterInnen, dass sich auch um diese armen PatientInnen jemand aktiv kümmert und für die weitere Behandlung verantwortlich fühlt. Es lag daher nahe, Charles – so der Name dieses Mitarbeiters – zu bitten, uns einmal auf eine Fahrt ins Krankenhaus mitzunehmen und die verschiedenen Abteilungen zu zeigen. Aufgrund unserer Arbeitszeit war das natürlich nur abends möglich, und so fuhren wir an einem der Abende nach der Sprechstunde mit ihm in das größte Krankenhaus der Stadt, die Universitätsklinik, vom Staat finanziert und für alle Patienten offen.

Klassisches abhören mit dem Stethoskop

Was wir dort gesehen haben, ist in Worten nur schwer zu beschreiben. Einerseits gibt es ein recht umfassendes Angebot in den verschiedenen medizinischen Disziplinen. Wir sahen ein Schild mit Herzkatheterlabor, konnten einen Gang durch die Dialysestation machen und sahen auch eine Spezialstation zur Behandlung von Frühgeborenen. Gleichzeitig aber herrschen auf den Stationen Verhältnisse, von denen ich nur aus Beschreibungen von Krankenlagern aus dem Krieg gehört habe. Es gibt prinzipiell keine Krankenzimmer, sondern große Sääle, in denen zwischen 40 und 80 Patienten eng gedrängt in ihren Betten liegen, und weil dieser Platz bei weitem nicht reicht für den riesigen Patientenandrang, liegen zwischen den Betten und sogar auf den Fluren Patienten auf Matratzen auf dem Boden. In der orhopädischen Abteilung war dieser Anblick besonders grotesk, denn hier sahen wir Verletzte mit vor kurzem durchgeführten Operationen sogar in den Fluren des Treppenhauses, stets umgeben von Verwandten, die ganz offensichtlich nicht nur zu Besuch gekommen waren, sondern auch für die Verpflegung zumindest teilweise zu sorgen hatten.

An einem anderen Abend besichtigten wir dann auch noch ein privat finanziertes und geführtes Mutter-und Kind-Krankenhaus, um auch diesen Bereich der stationären Versorgung im Vergleich kennenzulernen. Anlass für diesen Besuch war darüber hinaus, dass wir uns nach einer knapp dreijähriges kleinen Patientin erkundigen wollten, die  einige Tage zuvor von ihrer Mutter in unsere Ambulanz gebracht worden war und mit einem Gewicht von 6,5 kg nur noch unter stationären Bedingungen eine kleine Überlebenschance hatte. Auch hier nur große Krankensääle mit 30 bis 80 Kindern in den Betten und mindestens ebenso vielen Angehörigen darum herum.  Auch hier überall eine bedrückende Enge, nur die Flure außerhalb der Stationen waren nicht von PatientInnen belegt. Überraschend war dann für uns aber in diesem räumlichen Chaos eine sehr ordentliche Dokumentation aller Behandlungsmaßnahmen in der Krankenakte und ein wohl überlegtes Therapiekonzept, das von den zuständigen ÄrztInnen entwickelt worden war.

Mit all diesen wertvollen Hintergrundinformationen fiel es mir nun leichter, den Stellenwert der alltäglichen Arbeit in unserer Slumambulanz besser einzuordnen. 50 bis 120 PatientInnen pro Tag für uns zwei Ärzte in spartanisch eingerichteten, aber doch ausreichenden Räumen, in denen sogar die Intimität der Untersuchung durch regelrecht schließbare Türen vor den beiden Sprechzimmern gewährleistet ist, sind vergleichsweise angenehme Voraussetzungen für die Kranken, um ihre Sorgen auszupacken und nach individuellen Hilfsangeboten zu suchen. Dass es dies alles hier gerade für die Ärmsten der Armen gibt, macht für mich einen Teil der Zufriedenheit aus, die ich bei der Arbeit in diesem German Doctors-Projekt empfinde. Natürlich ist es manchmal anstrengend, sich all die immer gleichen Klagen anzuhören, denn wo sonst können die Rikscha-Fahrer, die Tagelöhner, die Arbeiterinnen aus den Textilfabriken und vor allem die vielen Mütter, die neben der Sorge um ihre Kinder oft noch arbeiten gehen, damit alle Münder der Familie gestopft werden können – wo können all die sonst auf dem Umweg über körperliche Symptome auf ihr Leiden am Leben hinweisen und wenigstens ein wenig Linderung erhoffen,  wenn nicht in einer solchen ein wenig verständnisvollen Umgebung?

Der Zustand des Kindes ist bedrohlich

Nur selten können wir einmal hinter dem Vorhang dieses all body pain, dieser Magen- und Herzschmerzen, dieser allgemeinen Schwäche erahnen, was hinter diesen Klagen steckt: so z.B. bei der alten Frau, die mit ihrem an Epilepsie leidenden Enkelkind kommt, völlig überfordert mit der Aufgabe, für dieses hilflose Kind zu sorgen. Aber – wie sich herausstellt – ist sie der einzige Mensch, der sich dieser Aufgabe stellt, nachdem die Mutter die Familie verlassen hat und der Vater seine Mutter sogar noch schlägt, wenn sie in seinem Verständnis etwas falsch gemacht hat. Oder die Mutter, die mit ihren drei Kindern alleine zurecht kommen muss, weil der Vater eine andere Frau geheiratet hat, nichts mehr für seine bisherige Familie tut und nur gelegentlich ins Haus kommt und dann öfter noch seine Frau schlägt.

Es gibt viele solcher Schicksale in den Slums dieser großen Metropole, und immer wieder spielt Gewalt untereinander in den Familien eine Rolle, entstanden aus der Enge und Persektivlosigkeit eines Lebens, in dem es keine Chancen für Veränderung gibt. Wir decken – und das ist der ernüchternde und manchmal auch Zweifel weckende Teil unserer Rolle als ÄrztInnen in diesem Umfeld – viele dieser Lebensklagen mit Painkillern zu, weil wir zu wirklich an den Wurzeln anpackenden Lösungsansätzen nicht in der Lage sind. Das kann frustrierend sein und wird doch immer wieder von unseren PatientInnen eingefordert, und so helfen wir uns mit der Vorstellung, dass kurze Phasen von Beschwerdelinderung der kleine Beitrag sein können, um das schwere Leben, das die Ärmsten der Armen hier haben, auf Dauer ertragen zu können. Neben all diesen ganz alltäglichen Aufgaben gibt es aber auch regelmäßig echte Herausforderungen aus medizinischer Sicht, die wir hier meistens im kollegialen Dialog gemeinsam lösen und an deren Lösung wir uns auch gemeinsam freuen können. In diesem Einsatz waren das auch Fälle, in denen wir die richtige Weichenstellung nur durch konsiliatische Hilfe von KollegInnen aus Deutschland  hinbekommen haben:

Zusammen mit ihren Kindern warten die Mütter auf eine Behandlung

Da ist der kleine 6-jährige Junge, bei dem in der Abklärung seines Herzgeräusches ein komplexer Herzfehler herauskam und ich erst durch die Bewertung der Befunde in der Herzchirurgie in Freiburg die Gewissheit erhielt, dass hier eine Operation wegen des hohen Risikos keine Behandlungsoption sein kann. Das hat für die Beratung der Mutter eine wichtige Bedeutung gehabt, denn gemeinsam mit unserem sehr engagierten Projektkoordinator konnte ich die Mutter davon überzeugen, dass sie ihren Sohn in Zukunft sehr konsequent in die Schule schicken solle, damit er später einen Beruf erlernen kann, der ihm die schwere Arbeit eines ungelernten jungen Mannes als Tagelöhner oder Rikscha-Fahrers erspart.

Da ist der Mann mit der schweren Schilddrüsenüberfunktion, dessen Befunde zunächst sehr widersprüchlich wirkten und die ich erst durch die Email- Beratung aus der Freiburger Endokrinologie richtig einordnen konnte, um dann auch die passenden therapeutischen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Und da sind die vielen Hautkrankheiten, die auf der dunklen Haut der Bengalen für mich ohne jede dermatologische Erfahrungen meistens den Reflex auslösten, Heino Hügel den mit allen tropischen und subtropischen Wassern gewaschenen Dermatologen der German Doctors, Fotos des Befundes zu schicken, und der immer nach spätestens 24 Stunden einen Weg durch das Dunkel wies.

Wir German Doctors können – das müssen wir uns immer wieder klarmachen – gar nichts mit unserer Arbeit bewirken, wenn wir nicht die Unterstützung der lokalen MitarbeiterInnen vor Ort hätten, die uns, so unterschiedlich wir nun mal sind in Lebensstil und Arbeitsweise, hier in Chittagong immer wieder herzlich willkommen heißen und unseren Einsatz erst zu einer wirklichen Hilfe machen. Geduldig und einfühlsam übersetzen uns unsere Dolmetscher Nasrin und Liton die Beschwerden der PatientInnen und fassen auch schon mal einiges zusammen, damit wir den Überblick behalten.  Unsere Krankenschwester Anna gipst Brüche ein, versorgt Wunden, erklärt den Diabetikern, was sie in ihrem Leben ändern sollten, und ist die Stütze der Schwangeren, die sie zuverlässig und bis kurz vor der Geburt zuverlässig betreut. Von Charles war schon die Rede, ohne ihn würden die meisten PatientInnen, die ja oft Analphabeten sind und daher nicht mal die Hinweisschilder im Krankenhaus lesen können, die Abteilung nie erreichen, in die wir sie überwiesen haben.

Immer aufmerksam und freundlich

Und wenn wir mit unserer Beratung von Müttern für die richtige Ernährung ihrer untergewichtigen Kinder nicht mehr weiterkommen, steht im Community based Center CBC) ein ganzes Team von SozialarbeiterInnen und HealthworkerInnn bereit, die Mütter mit ihren Kindern tagsüber aufzunehmen, mit den Müttern gemeinsam zu kochen, sie zu schulen und mit ihrem umfassenden Behandlungsansatz die unterenährten kleinen PatientInnen über oft viele Wochen nicht nur aufzupäppeln, sondern ihnen eine kleine Chance für eine zukünftig ausgewogenere Ernährung zu eröffnen.

Beim Stichwort Ernährung darf zum Schluss einer nicht fehlen: Komol, der bengalische 5-Sternekoch, der speziell dafür zuständig ist, die beiden EinsatzärztInnen so zu ernähren, dass sie ausreichend für ihre Arbeit gestärkt sind und dass sie in den 6 Wochen im Projekt nicht krank werden, denn das würde sich sehr schnell auf die Anzahl der PatientInnen auswirken, die täglich in der Ambulanz behandelt werden können. Diese Ziele erreicht er mühelos und liest uns so manchen speziellen Wunsch für den Speiseplan von den Lippen ab, ohne dass wir ihn überhaupt richtig äußern. Unter allen German Doctors ist sein Name bekannt, auch wenn sie noch nicht in Chittagong im Einsatz waren.

Ein Resümee meines zweiten Einsatzes in Chittagong zu ziehen, ist nach diesen vielen Eindrücken für mich nicht einfach. Meine Gefühle am Abend vor der Abreise reichen von Ohnmacht, wie wenig ich angesichts des Elends bewirken konnte, das ich hier kennengelernt habe, über Dankbarkeit, dass ich die Möglichkeit hatte, in einem solchen Team und in einem solch glaubwürdigen Projekt wieder für eine Zeit ein kleiner Teil gewesen zu sein, bis zu großem Respekt vor den Menschen, denen ich begegnet bin und die in all ihrer Armut ihre menschliche Würde bewahren. Daher steht für mich auch der Vorsatz, wiederzukommen, wenn und solange ich das kann.