Spenderreise auf Mindoro: Ein unvergessliches Abenteuer

Ein Bericht von unserem Fundraiser Jürgen Grosse aus Mindoro (Teil 1)

Spenderreise

Die Spenderreise führt uns mehr als 10.000 Kilometer weit auf die Insel Mindoro

1. Tag: Samstag, 6. Mai

Gegen 19 Uhr treffe ich am Flughafen in Frankfurt Norbert Diehl und Renate Walck. Die beiden Vorstandsmitglieder der Friedhelm Wilmes Stiftung sind meine Begleiter in der ersten Woche meiner Spenderreise auf den Philippinen. Die Stiftung unterstützt die Projekte der German Doctors schon seit vielen Jahren und will sich nun selbst ein Bild von der Hilfsarbeit vor Ort machen. Kurz nach dem Boarding, noch vor dem Abflug wird uns ein Upgrade von der Economy in die Premium Economy Klasse angeboten. Da ich ja nach wie vor große Probleme mit meinem Bein habe, nehme ich kurzentschlossen das Angebot an. Natürlich trage ich die Mehrkosten privat. Die damit verbundene Mehrleistung 50% mehr Platz, einen Sitz der sich fast zu einem Liegesitz verstellen lässt und die Bewirtung rechtfertigen den Sonder-Mehrpreis voll und ganz. Pünktlich um 21:55 Uhr hebt der Airbus A 380 mit der Flugnummer Flug LH 778 ab. 12,5 Std. bis Singapur liegen vor uns. Normalerweise kann ich in einem Flieger nicht schlafen. Heute gelingt mir das über weite Strecken des gesamten Fluges.

2. Tag: Sonntag, 7. Mai

Es ist 15:30 Uhr (Ortszeit) als wir in Singapur landen. Ich persönlich finde den Changi International Airport sehr schön. Allerdings kann ich aufgrund meiner Probleme mit meinem Bein keinen Rundgang starten. Frau Walck und Herr Diehl machen das natürlich. Wir treffen uns später im Starbucks zu einem Kaffee. Auch der Flug von Singapur, SQ 918 nach Manila geht pünktlich um 19:25 Uhr raus. Gegen 22:40 Uhr landen wir in Manila. Hier dauert die Passkontrolle aufgrund hohen Passagieraufkommens eine ganze Stunde. Unser Gepäck fährt auf dem Band eine Ehrenrunde nach der anderen. Wie vereinbart wartet der „Pickup-Service“ des Nichols Airport Hotel und bringt uns nach einer kurzen Fahrt sicher ins Hotel. Nach der langen Reise wollen wir uns noch etwas bewegen und machen gegen Mitternacht noch einen kleinen Spaziergang, bei ziemlich drückenden 30 Grad. Auf dem Bürgersteig liegt ein Mann mit drei spärlich bekleideten kleinen Kindern. Eine für meine Begleiter noch nie erlebte Situation…

Zunächst heißt es abladen, bevor die Arbeit richtig losgehen kann

3. Tag: Montag, 8. Mai

Projektkoordinator Dietmar Schug und unsere Medical Operator Pinky wollen uns gegen 8 Uhr am Hotel abholen. Schon als ich wach werde habe ich eine SMS von Dietmar mit den Worten erhalten, „Ihr habt ein sehr langes Frühstück“! Sein Flugzeug soll voraussichtlich erst 3,5 Std. später in Cagayan de Oro starten. Am Nachmittag gegen 13 Uhr treffen die Beiden endlich am Hotel ein. Wir fahren mit Pinky’s Auto nach Batangas zur Fähre. Unser Projektreferent Andreas Schmitz hatte mir vorher gesagt, dass die Fahrzeit ca. 3 Std. beträgt. Wir waren in zwei Stunden dort. Das Auto geparkt ging es dann zur Fähre.

Bepackt wie die Esel, da Dietmar auch noch drei Kartons, ca 30 kg. Medikamente mit hatte, haben wir gegen 15:30 Uhr mit dem Ocean-Jet (Schnellfähre 50 km/h) nach Mindoro übergesetzt. Gegen 17 Uhr waren wir dann endlich in unserem Resort Hotel in Calapan. Für 18:30 Uhr verabreden wir uns zum gemeinsamen Abendessen. Pinky und Dietmar bringen noch Dr. Jaqueline Lehmann mit. Jaqueline ist seit gestern auf Mindoro und macht ihren ersten Einsatz für die German Doctors. Sie ist 31 Jahre, kommt aus Berlin und hat schon einen Einsatz für Mercy Ships gemacht und vier Wochen in einem Krankenhaus in der Nähe von Kapstadt gearbeitet. Morgen werde ich sie mal fragen, inwieweit sie für Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stehen würde. Sie macht einen sehr netten und offenen Eindruck.

Ein kleiner Happen in geselliger Runde

Zum Dinner lade ich heute alle ein. Wie sich herausstellt, lässt sich das förmliche „Sie“ nicht länger aufrechterhalten. Daher bieten Norbert Diehl und Renate Walck allen das „Du“ an. Das Essen ist super und der Preis für alles, inkl. Getränke, ca. 60 Euro ist unglaublich. Zum Abschluss verabreden wir uns für morgen 7 Uhr Abfahrt mit der Rolling Clinic. Gespannt auf morgen sind nicht nur wir sondern auch besonders Jaqueline.

4. Tag: Dienstag, 9. Mai

Pünktlich um 7 Uhr holen uns Pinky und Dietmar ab. Nach einer guten Stunde Fahrt erreichen wir das Dörfchen Paitan. Hier wird also Jaqueline ihren ersten Arbeitstag in einer Rolling Clinic haben. Um 12:15 Uhr ist Lunch angerichtet. Das Team um Cecille hat ein köstliches Mahl vorbereitet, das wir in dem kargen Betonraum zu uns nehmen. In Summe werden heute 77 Patienten behandelt. U.a. kam ein Vater mit seiner vier Tage alte Tochter die ein Gewicht von 1,2 kg hat und dringend in das Orientel Mindoro Provinzial Hospital in Calapan überwiesen werden muss. Rolando, der Fahrer, bringt das Kind, Vater, Mutter und Großmutter umgehend nach Calapan. Als wir am Nachmittag auf der Rückfahrt auch in besagtem Krankenhaus eintreffen, um uns zu erkundigen, wie es dem Kind geht, trifft uns der Schock. Nicht wegen des Kindes. Das befindet sich auf dem Weg der Besserung.

Behandlung der Patienten durch unseren Einsatzarzt

Wir und hier auch insbesondere Norbert Diehl von der Friedhelm Wilmes Stiftung sind schockiert über die Zustände auf der Mangyanen-Ward. Die Mangyans sind in einem Nebengebäude mit einer Station untergebracht, wo infektiöse und nicht infektiöse Kranke zusammen sind. Dazu Frauen, Kinder und Männer in einem Raum. Betten sind Bettgestelle, wo die Patientinnen und Patienten auf blankem Draht liegen. Die German Doctors bringen zum einen jeden Tag die Medikamente für die Patienten und schauen zum anderen danach, dass sie die Empfänger auch tatsächlich erhalten.

Ein Zustand den wir für untragbar halten. So wie die Patienten hier untergebracht sind, hat in Deutschland in vielen Fällen das Vieh bessere Voraussetzungen. Auf die Frage an Dietmar und Pinky was wir tun können, um hier für die Mangyans ein menschenwürdiges Dasein zu schaffen, erhalten wir die (kostspielige) Antwort: Wir müssten ein weiteres Gebäude bauen, mit zwei unterschiedlichen Stationen (Isolier- und normale Station) und zusätzlich eine Trennung von Frauen und Männern vorsehen. Platz dafür sei auf dem Gelände vorhanden… Ob wir für dieses Vorhaben Spenden generieren können? Dieser Abschluss des Arbeitstages hat uns noch einmal richtig aufgewühlt. Jetzt duschen und um 18:30 Uhr treffen wir uns zum Dinner.

5. Tag: Mittwoch, 10. Mai

Auch heute starten wir pünktlich um 7 Uhr. Endlich konnte ich mal fünf Stunden am Stück schlafen und fühle mich den ersten Tag etwas ausgeruht. Heute führt uns die Spenderreise nach Inabasan. Die Mangyans hier gehören zum Stamm der Iraya und leben in den Bergen. Alleine schon die Anreise ist abenteuerlich. Der normale Fahrer des Teams Rolando fällt heute aus. Er hat ein Problem mit der Achillessehne. Der Ersatzfahrer kennt das Fahrzeug gar nicht und hat so seine Probleme. Auf einer sehr steilen Abfahrt hören wir ein seltsames Geräusch des vorausfahrenden Toyota Pickup in dem das Team fährt. Gott sei Dank stellt es sich als harmlos heraus. Die Fahrt geht steil bergauf und bergab. Renate Walck sitzt hinter Dietmar, der unseren Ford Ranger fährt, und ist ganz still. Nur Pinky und Dietmar sind völlig relaxed.

Auf unserer Spenderreise begegnen uns viele Kinder

Bei der Ankunft in Inabasan müssen wir feststellen, dass die Menschen in diesem Dorf noch ein ganzes Stück ärmer sind als die gestern in Paitan. Allerdings leben sie auch viel weiter von der normalen Zivilisation entfernt. Was mir auffällt ist, dass die Hütten viel ärmlicher aussehen als gestern. Die Menschen wirken aber von ihrem Erscheinungsbild gar nicht so. Die Admission nennt uns heute 86 Patienten. Es handelt sich hier um andere Krankheitsbilder, wie uns Pinky sagt, als gestern. Nach dem Lunch fahren Pinky, Dietmar, Renate, Norbert und ich schon wieder zurück. Zunächst führt uns der Weg wieder zum Orietel Mindoro Provinzial Hospital auf die Mangyan-Ward. Pinky hat heute hier das Monitoring übernommen. Wir können uns noch einmal von den katastrophalen Bedingungen überzeugen und sind einstimmig der Meinung, dass hier etwas passieren muss. Im Anschluss führt uns die Spenderreise zu Pater Ewald Dinter. Er ist, wie er uns selbst erzählt, seit 50 Jahren auf Mindoro. Im Studium hat er sich bereits für die Mangyans interessiert und hat aus seinem Hobby eine Berufung gemacht. Mit ihm wurde die Mangyan Mission gegründet. Wir haben durch ihn viel zu den Mangyans aber auch zu Mindoro erfahren dürfen. Dazu hat er uns noch „Suman sa lihiya“ kredenzt. Das ist gepresster süßer Reis mit einer braunen Kokosnuss-Sauce. Sehr lecker! Gegen 17:30 Uhr waren wir wieder im Hotel.

6. Tag: Donnerstag, 11. Mai

Heute fahren wir nicht mit der Rolling Clinic. Zunächst müssen wir eine längere Fahrt in den Süden von Mindoro nach Roxas machen. Normalerweise dauert die Fahrt 3 bis 3,5 Std. Wir haben aberDietmar als Fahrer… Aufgrund unserer Erfahrungen der letzten Tage sind wir sicher es geht schneller. Unsere Erwartungen werden übertroffen. Sogar mit einer kurzen Pause in Socoro, wo unser Halfwayhouse steht, sind wir in 2,5 Std. am Ziel der ersten Etappe. Wir besuchen das Mindoro Southern District Hospital. Es ist deutlich kleiner als das Orientel Mindoro Provinzial Hospital und auch nicht so pompös gebaut. Allerdings ist hier die Kooperationsbereitschaft mit den German Doctors deutlich größer als in Calapan. Sowohl die Headnurse als auch der Chefarzt der Klinik empfangen uns. Alleine aus dem offenen Gespräch und auch der Art und Weise wie sie uns behandeln merken wir, dass sie echte Partner sind. Pinky erklärt uns auch, das auf der Mangyan-Ward hier, im Übrigen nach Männlein und Weiblein getrennt, sich die Ärzte auch um die Mangyan-Patienten kümmern. Allerdings ist der Zustand der Station fast genau so erbärmlich wie in Calapan.

Hier entsteht unser neues Ärztehaus

Im Anschluss steht auf unserer Spenderreise der Besuch unserer Baustelle in Mansalay auf dem Programm. Ich kenne die Pläne des Gebäudes schon aus Bonn. Was wir hier aber in der Realität sehen, übertrifft alle Erwartungen. Dank zweier Großspender können wir dieses Gebäude errichten, das für die weitere Arbeit der Rolling Clinic im Süden von Mindoro absolut wichtig ist. In der oberen Etage werden der Arzt, der Zahnarzt und das Team der Rolling Clinic untergebracht. Weiter befindet sich dort eine Küche und ein Aufenthaltsraum sowie das Büro. Unten sind dann die Apotheke, das Labor, Patientenzimmer etc. Wie Dietmar uns erklärt ist für den Oktober der Umzug vom jetzigen temporär angemieteten Haus geplant. Auch die Friedhelm Wilmes Stiftung ist erstaunt, was für ein tolles Gebäude man mit 150.000 Euro hier errichten kann. Es ist bereits später Nachmittag als wir dann für eine Nacht in unserem Hotel zwischen Roxas und Mansalay einchecken.

Als Zahnarzt auf den Philippinen

Die Zahnmedizin ist ein wichtiges Standbein in den Projekten auf den Philippinen

7. Tag: Freitag, 12. Mai

Wie immer starten wir um 7 Uhr. Unterwegs treffen wir das Team, das im eigenen Auto fährt. Heute treffen wir Dr. Jean-Claude Leners aus Luxemburg und Hans Joachim Schüttler aus Neuwied. Kaum zu glauben, Hans Joachim wohnt nur ca. 25 km von mir zuhause. Es begleiten uns das Team mit der Chefin Jessica, Asia, Laida und der Fahrer Garry. Der heutige Einsatzort heißt Agong. Alleine die Anfahrt ist schon sehr abenteuerlich. Der Ford Ranger malt sich mühsam mit Allradantrieb durch die verschlammte und sehr starke Rüttelstrecke. Nicht immer haben alle Insassen ein wirklich gutes Gefühl. Trotzdem erreichen wir sicher das Dorf Agong. Schon auf dem Weg sehen wir Mangyans die nur mit einem Lendenschurz bekleidet sind. Hier sind wir  bei einem der sieben Mangyanen-Stämme auf Mindoro, die noch die Ursprünglichkeit bewahrt haben. Es gibt nicht sehr viele Patienten und trotzdem ist es für alle Beteiligten von uns ein Erlebnis. Jean-Claude hat gerade mal etwas über dreißig und Hans Joachim (Zahnarzt) neun Patienten. Aber auch die Umgebung ist hoch interessant. In dem Dorf sieht man die Ursprünglichkeit am Bau der Hütten und der Kleidung; insbesondere die der Männer. Erstaunlich ist, dass hier die Zahnpflege, obwohl Eingeborene, schon Einzug gehalten hat. Von Mindanao kenne ich so gut erhaltene Zähne bei Patienten im gleichen Alter nicht.

Kurz vor unserem Lunch klettert eine Frau auf eine hohe Kokosnuss-Palme, um für uns zum Dessert Kokosnüsse zu ernten. Am Nachmittag um ca. 14:30 Uhr treten wir die Rückreise an. Pinky, Dietmar, Renate, Norbert und ich haben noch eine mindestens 3,5 stündige Rückfahrt nach Calapan vor uns. Ab Socorro fahre ich den Ford Ranger und bereite mich damit auf nächste Woche vor. Da ist Dietmar nicht mehr dabei und ich bin dann der Driver! Morgen klingelt bereits um 5 Uhr der Wecker, damit wir um 6:20 Uhr die Fähre nach Batangas bekommen. Dietmar, Renate und Norbert müssen zum Airport nach Manila. Dietmar fliegt nach Mindanao und Renate und Norbert via Hong Kong zurück nach Deutschland. Ich werde bis Montag in Manila bleiben und am Sonntagabend Björn Clüsserath von der mediserv Bank GmbH empfangen. Gemeinsam geht die Spenderreise dann weiter…