Im Einsatz für Gesundheit und Frauenrechte

Ein Interview mit der German Doctors-Gesundheitskraft Shilpi Bibi aus Kalkutta

Shilpi Bibi, Gesundheitskraft in Kalkutta

Shilpi Bibi ist 31 Jahre alt, verheiratet und Mutter zweier Töchter. Sie ist eine von 14 ausgebildeten Gesundheitskräften, die in der Umgebung von Kalkutta tätig sind und den Menschen bei Gesundheits- aber auch allgemeinen Lebensfragen zur Seite stehen. Diese Unterstützungsangebote richten sich speziell an Frauen.

Warum sind Sie Gesundheitskraft in Ihrer Gemeinde geworden?

Shilpi Bibi: „Meine eigene Geschichte brachte mich dazu, über die soziale Stellung von Frauen in dieser von Männern dominierten Gesellschaft nachzudenken. Daher habe ich entschieden, mich für Frauen und ihre Rechte einzusetzen. Ich wurde mit 16 Jahren verheiratet, kurz nachdem ich die zehnte Klasse abgeschlossen hatte. Mit 17 bekam ich meine erste Tochter. Mein Ehemann hatte kein regelmäßiges Einkommen, und so wurde unser Leben schwierig. Wir hatten kein Geld, um unsere Tochter zum Arzt zu bringen, wenn sie krank war. Wir hatten kein Geld für notwendige Medikamente. Diese schlimme Notlage zwang mich dazu, mir einen Job zu suchen, um Geld zu verdienen. Durch Kontakte meiner Schwägerin habe ich angefangen, für eine NGO zu arbeiten.“

Sie sind nun für die German Doctors als Gesundheitskraft in ihrer Gemeinde tätig. Was hat sich für Sie durch die Ausbildung verändert?

Shilpi Bibi: „Ich traue mich jetzt, meine Stimme bei Ungerechtigkeiten gegen Frauen zu erheben, sowohl innerhalb der Familie als auch innerhalb der Gemeinschaft. Denn ich wurde auf die Frauenrechte aufmerksam. Zudem habe ich gelernt zu diskutieren und Männer wie auch Frauen mit Logik zu überzeugen.“

Und was hat sich Ihrer Meinung nach in den Gemeinden durch Primary Health Care verändert?

Shilpi Bibi: „Die Anzahl von sicheren Geburten in dafür ausgelegten Gesundheitseinrichtungen ist gestiegen. Außerdem findet mehr Schwangerenvorsorge und Nachsorge nach der Geburt statt. Die Frauen haben mehr Wissen über das Thema Familienplanung und sie kennen Produkte der Menstruationshygiene und wissen, wie man sie verwendet. Die neu ins Leben gerufenen Nachhilfetreffen helfen den Kindern. Das Bewusstsein für Frauenrechte ist in den Gemeinden größer geworden und es haben sich Frauengruppe gebildet.”

Nachhilfetreffen für Kinder

Welche Veränderungen in den Gemeinden sind noch notwendig?

Shilpi Bibi: „Wir sollten in den Gemeinden mehr Angebote für Kinder auf die Beine stellen, wie aktuell die Nachhilfetreffen. Außerdem sollten wir Frauen weiter fördern und sie darin bestärken, sich in Gruppen zusammenzuschließen, um beispielsweise Gesundheitskomitees in ihren Gemeinden zu gründen. Außerdem wäre es sinnvoll, einkommensgenerierende Aktivitäten für Frauen zu schaffen.“

Wenn Sie die Macht hätten, eine Sache auf der Welt zu verändern, egal was. Was wäre es?

Shilpi Bibi: „Ich würde die Kinder aus den Fabriken holen und zurück in die Schule bringen. Und mehr Jobmöglichkeiten für Erwachsene schaffen.”

Was hat sich während der Covid-19-Pandemie verändert?

Shilpi Bibi: „Viele Menschen haben ihren Job verloren. Bei all unseren Vorschlägen dürfen wir daher nicht vergessen, dass diese keine finanzielle Belastung für sie darstellen sollten.“