Kalkutta 2011 – Ein Rückblick

Ein Bericht von Tobias Vogt, Langzeitarzt in Kalkutta

Kalkutta (Indien), 04.01.2012:

Das zu Ende gegangene Jahr hat uns eine Reihe außergewöhnlicher Patienten mit ihren Krankengeschichten gebracht. Ich denke zum Beispiel an den 14-Jährigen Mohammed Raja mit einer bösartigen Lymphknotenkrebserkrankung. Als wir ihn kennenlernten ging es ihm überhaupt nicht gut.
Indien Kalkutta lachender Junge

Normalerweise wagen wir uns nicht an Krebserkrankungen heran, aber die potentiell tödliche Krankheit dieses Jungen ist bekanntermaßen, und glücklicherweise, durch eine sehr überschaubare Chemotherapie zu heilen, sodass wir diesen Schritt gewagt haben. Der Junge hat nun gut lachen. Nach allem was man weiß, ist er von seiner Krankheit geheilt.

Indien Kalkutta Kind Grauer Star

Relativ einfach konnte auch dieses blinde Kind von seiner Krankheit befreit werden. Wer das Bild genauer ansieht kann die Ursache der Blindheit noch erkennen: ein grauer Star. Der Ersatz der beiden versteinerten Augenlinsen durch Glaslinsen hat gerade einmal 100 Euro gekostet, und doch macht diese Aktion einen so enormen Unterschied für das ganze Leben dieses Jungen aus.

Viele Kinder mit angeborenen Herzfehlern haben auch im Jahr 2011 wieder den Schritt zur perativen Korrektur ihres Leidens geschafft, und damit die Perspektive eines kurzen und von einer chronischen Herzschwäche überschatteten Lebens gegen die eines normalen Aufwachsens und Entfaltens all ihrer Fähigkeiten eingetauscht.

Indien Kalkutta Kind Herz Operation

Noch immer ist die Tuberkulose eine riesige Herausforderung in den Armenvierteln von Kalkutta, und richtet weiterhin viel Schaden an. Ein erheblicher Teil unserer Ressourcen und Kräfte wird von dieser Epidemie gebunden.

Mit Bindu Sharma kam eine todkranke junge Frau mit extensiver Tuberkulose der Lungen und auch der Wirbelsäule in unsere Behandlung. Die Patientin war zu Beginn kaum noch ansprechbar und wurde über eine Sonde ernährt, da sie schon keine Nahrung mehr zu sich nahm. Es folgte ein längerer stationärer Aufenthalt, überwiegend im St. Thomas Home.

Indien Kalkutta Frau Tuberkulose

Vor einigen Tagen konnten wir Bindu Sharma nun als geheilt nach Hause zu ihrer Familie entlassen. Sie hat ihre Tuberkulose-Therapie planmäßig beendet. Die Krankheit ist ganz verschwunden.

Indien Kalkutta Frau geheilt und glücklich

Belaton Bibi ist eine andere Patientin des St. Thomas Homes, die ebenfalls in einem bettlägerigen Zustand zu uns gekommen ist. Eine Tuberkulose der Wirbelsäule hatte einen Teil der oberen Brustwirbelsäule der Patientin zerstört und sie in eine gefährliche Situation gebracht. Nicht nur bestanden schlimme Schmerzen, die der Patientin jedes Sitzen oder Stehen unmöglich machten. Auch drohte eine Querschnittslähmung durch eine Miteinbeziehung des Rückenmarks in den entzündlichen Prozess.

Indien Kalkutta Mädchen Tuberkulose

Nun, ein dreiviertel Jahr später, sehen wir wiederum eine andere Belaton Bibi, die ihrer baldigen Entlassung aus der stationären Behandlung mit großer Freude entgegensieht. Nach allem was wir wissen, wird dann auch ihre Krankheit dauerhaft geheilt sein.

Indien Kalkutta Mädchen geheilt und glücklich

Leider sind diese Erfolge nur ein Teil der Wirklichkeit in unserem Projekt in Kalkutta. Uns begegnen auch sehr viele Patienten, denen wir nicht helfen können, entweder weil die Hilfsmaßnahmen zu teuer wären, oder weil es für diese spezielle Krankheit noch gar keine wirksame Hilfe gibt.

So ist es auch mit den beiden Brüdern auf dem unten gezeigten Bild, die beide an einer schweren Form der Thalassämie leiden. Diese Erbkrankheit verursacht eine chronische Blutarmut, und sie kann nicht geheilt werden. Die beiden Brüder sind deutlich von ihrer Krankheit gezeichnet. Immerhin halten sie gut zusammen.

Indien Kalkutta Kinder krank Thalassämie

Wir können oft nur einen kleinen Beitrag zur Lösung der schwerwiegenden Gesundheitsprobleme der Bewohner der hiesigen Armenviertel leisten. Aber Ärzte für die Dritte Welt, die einheimischen Partner und die Menschen der Armenviertel halten gut zusammen, und gemeinsam machen wir möglich, was erreicht werden kann.

Auch im neuen Jahr 2012 wird uns die Arbeit nicht ausgehen. Zahlreiche Patienten werden uns kontinuierlich auf Trab halten. Und wir werden unser Bestes tun, ihnen zu helfen und hoffen dabei weiterhin auf die Unterstützung unserer Mitglieder, Partner und Spender.