Aller guten Dinge sind drei

Teil 3 des Berichts von Einsatzärztin Dr. Christine Beis aus Mindoro

Es waren vier sehr schöne Tage! Vorher hatten wir noch mangels Patienten unsere Rolling Clinic in Kaligtangalgar nicht aus dem Auto gepackt, sondern nur mit dem Allernötigsten am Dorfplatz unsere Patienten untersucht und behandelt. Und morgen geht’s auf Tour Nummer drei. Wir werden zwar genau dieselben Dörfer anfahren wie vor 4 Wochen, aber das ist das spannende: ich werde manche Patienten schon kennen und werde sehen, ob die Behandlung erfolgreich war.

Liebe geht durch den Magen

Vor allem Fisch gibt es auf den Philippinen reichlich

Heute waren wir wieder im Dorf Pamuesan,  und tatsächlich habe ich einige meiner Patienten wiedererkannt. So habe ich mich sehr gefreut, einen etwa 40-jährigen Mann mit 4 kg mehr auf den Rippen als vor einem Monat in eindeutig besserem Allgemeinzustand zu sehen – hatte er wohl doch nur eine Gastritis und nichts schlimmeres. Wobei Magenprobleme hier eigentlich seltener sind als in Deutschland (wenn es auch Mangyans mit Hungerbauchschmerzen gibt). Die Ernährung ist weit weniger fett, es gibt keine Milchprodukte, trotzdem nicht mehr Knochenbrüche, auch wird nicht außergewöhnlich scharf gewürzt. Natürlich essen die Filipinos (also das German Doctors-Team) morgens, mittags, abends Reis; zum Frühstück  mit Ei, einer Art Sardinen oder anderem Fisch und Resten vom Abendessen. Mittags gibt’s  kalten, am Abend warmen Reis mit Gemüse, Hähnchen, Schweinefleisch oder Fisch, selten Rind, alles mundgerecht zurechtgeschnitten – es gibt kein Messer bei Tisch – und miteinander vermischt mit schmackhafter Soße. Und die Schmatzerei bei Tisch ist wohl gewollt und ein Zeichen des Wohlschmeckens. Als Nachspeise bekomme ich immer frisches Obst: diese kleinen süßen Bananen, Mangos, Papayas und ganz stolz hat die Köchin mir einen Apfel aus Europa serviert. Das würde mir schon komisch vorkommen, wenn ich mir hier Äpfel wünschen würde, wo es frische Melonen oder Ananas direkt aus Mindoro gibt. Sehr geschmeckt haben mir auch eine Mischung aus Kartoffeln und Äpfeln (Mariuhas) oder grüne Mandarinen, die wir von Patienten geschenkt bekamen. Aus ersteren hat Anna dann eine Art Apfelküchlein ausgebacken.

Beim gemeinsamen Mittagsessen lernt man sich besser kennen

Eine Spezialität der Inseln ist das Gericht Pansid, das auch oft bei Feiern angeboten wir. Das ist ein Glasnudeleintopf würde der Norddeutsche sagen mit Gemüse, Fleisch oder Fischstückchen und allem, was die Hausfrau im Kühlschrank hat. Ich habe noch keinen Mann kochen gesehen. Auch Rolando ist beim GD-Team der einzige, der gar nichts im Haushalt macht – typische Rollenverteilung! Dafür haben nur wenige Frauen hier einen Führerschein – aus meiner Truppe keine einzige! An den vielen Straßenständen kann man vom Grillfleischspießchen über Maiskolben bis zum fast-ausgebrütetem-warmem Ei vieles finden.  Restaurants, die europäischem Standard genügen, muss man aber suchen. Super ist, nachdem Mindoro eine sehr wasserreiche Insel ist, das reichhaltige Fischangebot. Und nicht zu vergessen: Halo Halo, die eiskalte bunte Süßspeise, die Filipinos gerne am Nachmittag genießen.

Zu den Getränken: Alkohol ist in der Öffentlichkeit nicht erlaubt, das hiesige San Miguel Bier hat geschätzte 2%Alkohol und die Flasche Rotwein, die ich anfangs im Supermarkt gekauft hatte, kam aus Neuseeland und kann man als Europäer nicht trinken. Ich habe auch außer Koreanern in Puerto Galera keinen Betrunkenen gesehen. Darauf angesprochen meinte Cecil, es gäbe ein Alkoholproblem, aber nur in den eigenen vier Wänden. So bleibe ich beim Wasser, das immer und überall in großen Kanistern oder Trinkautomaten angeboten wird. Die Fruchtsäfte sind nämlich genauso wie jeder Kaffee und der Coffeecreamer Instant.

Resumee:  Ich werde die 6 Wochen ohne Schokolade (die hier sehr teuer ist, aber nicht schmeckt ) überleben; das Essen auf Mindoro ist besser und abwechslungsreicher als ich dachte – was natürlich ein Riesenplus für meine Zuneigung zu dem Land ist – denn: Liebe geht doch auch durch den Magen!? l

I want to ride my bicycle

Heute waren wir wieder mit unserem German Doctors Ranger in Yugos, einem Dorf auf einem braunen Sandboden, der bei Regenwetter zum Morast wird. Gottseidank hatte es nachts geregnet und war schon wieder trocken, bis wir um 9 Uhr da waren. So war es weder zu staubig noch batzig. Dafür sieht unser Ranger ganz mitgenommen aus, voller Dreckspritzer! Unser Auto fällt auf jeden Fall auf! Privatwagen wie das von den German Doctors gibt es nur wenige auf Mindoro. Aber Mopeds/Motorräder gibt es sehr viele, und Tricycles noch viel mehr. Ein Tricycle ist ein Motorrad, dem ein Anhänger übergestülpt wurde, mit dem fast alles transportiert werden kann: vielköpfige Familien, Schweine, Gemüse, Reis und die auch Taxifahrten übernehmen, also jederzeit überall herangewunken werden können. Der Fahrpreis richtet sich dann nach der Anzahl der Mitfahrer, die bis zum Ziel ständig wechselt.

Dann gibt es noch die oft sehr bunten Jeepneys, kleine Busse, die jeweils zwischen zwei Terminals (eine Art Bahnhof in größeren Orten) pendeln und einfach losfahren, wenn die beiden parallel zur Fahrbahn verlaufenden Bänke besetzt sind, werden aber unterwegs ständig aufgehalten, damit entweder Personen zu- oder aussteigen auf der Strecke, so dass das Fahrzeug oft überbesetzt ist und einige Mitfahrer außerhalb stehend am Jeepney hängen. Das ist natürlich noch billiger, als mit einem Van zu fahren. Letztere verkehren zwischen weiter entfernten Terminals, nehmen auch überall Mitfahrer auf, fahren aber schneller und sind etwas bequemer, haben meist fünf Sitzreihen und werden genauso vollgestopft mit Menschen, Stühlen… Gezahlt wird immer die Platzbesetzung, egal, was auf dem Platz drauf ist.

Und der Verkehr? Für einen Europäer ungewöhnlich, aber nicht so schlimm wie in einigen anderen asiatischen Ländern. Überholt wird immer, eine doppelt durchgezogene Linie als Straßenmarkierung bedeutet gar nichts und die erlaubte Höchstgeschwindigkeit 70km/Stunde.  Bisher habe ich zwei Ampelkreuzungen gesehen, in Calapan und Puerto Galera. Ansonsten hat immer derjenige Verkehrsteilnehmer Vorfahrt, der bereits länger wartet oder einfach der stärkere ist, was er durch ein Hupen zu verstehen gibt. Überhaupt, scheint mir, ist die Hupe das wichtigste an jedem Fahrzeug.

Nervig sind momentan die vielen Werbefahrzeuge – Ende Mai sind Regionalwahlen hier und gestern war sogar eine der Kandidatinnen auf Wählerfang bei unseren Patienten – Tricycles, Vans oder andere Gefährte werden mit Riesenlautsprechern bestückt und fahren ab 6.00 Uhr mit lauter Musik und Durchsagen durch alle Straßen, im Minutentakt, da es scheinbar so viele Kandidaten gibt, dass man trotz oder wegen der unvorstellbar vielen Plakate den Überblick verliert. Und unter jedem Plakat steht, wer dasselbe finanziert hat! Das Wort Spendenaffäre gibt es hier nicht. Fahrräder gibt es dagegen wenige. Doch ab morgen werde ich eines haben, weil ich heute einfach einen Nachbarn gefragt habe, ob er mir ein Rad leihen kann. Er muss es heute noch putzen und aufpumpen, ein Bonanzarad! Tja und dann gibt’s noch Ochsen, Pferde, Feuerwehrfahrzeuge…

Sag mir, wo die Blumen blühn

Zurück von Buong Lupa. Dort hab ich einen Riesenabszess am Hinterkopf eines 6-jährigen Buben aufgeschnitten. Weil er so tapfer war, bekam er eine Plastikuhr, eine der vielen Kleinigkeiten, die Abensberger Freundinnen gesammelt und Simon letzte Woche mitgebracht hatte, um sie an die Kinder hier zu verteilen. Bei meinem heutigen „Dorfrundgang“ vor der Sprechstunde, bin ich auf eine wunderschöne Blume gestoßen, die keiner in meinem Team kannte und ich sie sowieso noch nie gesehen hatte.

Easy rider auf dem kleinen Bonanzarad

Überhaupt gibt es hier neben urwüchsigen Palmen- und Bananenwäldern wunderbare Blütenpracht, da die klimatischen Bedingungen hier für üppiges Wachstum optimal sind. Auch in der Trockenzeit, also jetzt, regnet es immer wieder, so wie letzte Nacht: Ich bin vom Starkregen wach geworden, obwohl Rachel beim Frühstück meinte, es wäre nur ein kleiner Schauer gewesen, Monsunzeit sei ja erst im November/Dezember. Die Häuser haben hier alle Satteldächer – und das wird schon seinen Grund haben. Zurück zu den Pflanzen: auf Mindoro findet man einige derjenigen Gewächse, die wir in Mitteleuropa als Zimmerpflanzen pflegen, allen voran viele Orchideenarten, die wild auf irgendwelchen halbhohen Bäumen wachsen. Es gibt einige Hibiskusarten, Flammende Käthchen, Amaryllis, Weihnachtssterne… Und nicht zu vergessen: Bougainvilleen in sämtlichen Farben. Und eine kleine Radtour hab ich heute auch schon gemacht – hab ja nur ein kleines Rad.

Auf den Hund gekommen oder Schwein gehabt?

Eigentlich haben die Filipinos eine ganz andere Einstellung zu ihren Haustieren als wir in Deutschland. Sie sind da zur Lebenserhaltung, also als Nahrung, Nahrungsbringer oder Erntehelfer. Schweine, Ziegen, Enten, Hühner, wenige Katzen, sehr viele Hunde laufen in jedem der Mangyandörfer weitgehend frei herum, jeder kennt die Schweine seiner Nachbarn und die Hühner gehen nachts mit ins Haus. Mangyans  gehen auch oft mit den Hühnern ins Bett und stehen mit ihnen auf. Sie haben ja oft keinen Strom, und Lagerfeuerromantik wird eher tagsüber betrieben, um Müll zu verbrennen.

Der Junge hat in dem kleinen Hund einen Spielgefährten gefunden

Rinder findet man tagsüber viele angebunden in Wäldern, auf Feldern, in seichten Flüssen oder einfach nur am Straßenrand, nachts werden sie in Unterstände geführt. Sie sind ja wichtige Erntehelfer, Wagenzieher und obendrein essbar. Die vielen freilaufenden Hunde sind zwar sehr genügsam, bellen nie, betteln meist und sind ein Straßenhindernis. Dort liegen sie oft ganz gemütlich mitten auf der Fahrbahn, und verziehen sich manchmal erst, wenn man sie kräftig anhupt. Und diese Hunde werden tatsächlich geduldet, weil sie gegessen werden. Darum hat es mich heute in unserem Patientendorf Villa Cervesa sehr gewundert, dass ein Junge im Sprechzimmer mit seinem kleinen Hund gespielt hat. Ich hab bisher kaum einen Einheimischen gesehen, der eine Beziehung  zu seinem Hund gezeigt hat.

Ja, und noch etwas Tierisches habe ich heute erlebt: da wir heute wieder viele unserer Patienten medikamentös „entwurmt“ haben und einer der vielen kleinen Patienten sein „Geschäft“ bald darauf vor unserem Sprechzimmer ins Grüne erledigt hat, kam gleich einer seiner Würmer, Gottseidank schon tot, ans Tageslicht. Rachel hat ihn mir gezeigt, und ich war erstaunt über dessen Größe, etwa wie ein Strohhalm! Ganz schön eklig! Und Läuse gibt’s natürlich auch… Und unser Nachbar präpariert gerade ein Spanferkel für eines der Nationalgerichte auf den Philippinen: Lechon. Das gibt es wohl dann erst morgen…

Andere Länder, andere Sitten

Das Spanferkel war tatsächlich, als ich heute um 6.30Uhr im Freien gefrühstückt habe, schon gut angebräunt, d.h. der „Schweinedreher“ hat bei Tagesanbruch mit seiner Arbeit begonnen. Und wie ich die Filipinos kenne, werden sie sicher davon im Lauf des Vormittags essen, also ganz anders als der Bayer, der mit einem Spanferkel gerne seine Gäste am Abend verwöhnt. Aber Spanferkelliebhaber sind sie beide. Noch eine lustige bayrisch-philippinische Gemeinsamkeit: in der philippinischen Sprache Tagalog wird ein lautes „ha?“ angehängt, wenn der Gesprächspartner etwas nicht versteht, was auch auf gut bayrisch: „ha?“ und in Schriftsprache : verstanden?“ heißt – war wohl vor mir doch schon mal ein Bayer hier!

Die Leute hier sind wirklich sehr nett und umgänglich, die meisten lachen fast ständig. Gestern war ich mit meinem Bonanzaflitzer  am Naujansee, viele haben mir auf den 5 Kilometern dahin nachgeschaut: „Schau mal, eine Europäerin auf einem Kinderrad!“, hat gelacht und mich angesprochen: „Hello, Mam, where are you from?“ und eine Fischerfamilie, die direkt am See wohnt, wollte unbedingt ein Foto mit mir. Picture, picture,  picture; one, two, three… Laut ist hier jeder, rücksichtslos ab 6 Uhr morgens, es gibt keine Mittagsruhe, aber ab Einbruch der Dunkelheit (also 18.30) wird’s ruhiger – außer, einer der Nachbarn hat sich eine Karaoke-Videothek ausgeliehen. Aber dann ist auch meist um 22 Uhr Schluss. Der Filipino geht früh ins Bett.

Und zum Thema Pünktlich- und Zuverlässigkeit möchte ich auch eine Lanze brechen für viele Filipinos auf Mindoro (wobei es natürlich wie überall Ausnahmen gibt).  Auf das German Doctors-Team kann ich mich 100% verlassen, unsere Tour beginnt manchmal sogar überpünktlich, die Patienten kommen auch pünktlich.  Öffentlichen Verkehr habe ich auch nur pünktlich erlebt, ob Fähre, Bus oder Flugzeug. Und die Geschäfte hier in Victoria schließen leider auch die meisten pünktlich um 18 Uhr, wenn nicht früher, obwohl es kein Ladenschlussgesetz gibt. Aber ich denke, auch hier hat sich in Sachen Pünktlichkeit die letzten Jahre sehr viel getan.

Feste werden also tagsüber gefeiert. Heute Morgen sind wir durch das Dorf Sta. Rita gefahren, in dem gerade ein Umzug stattfand, bestehend aus einem Tricycle-Korso, geschmückt mit gelben Luftballons und einer Blaskapelle auf einem LKW – fast wie Gillamoos! Also, feiern kann man hier auf Mindoro schon! Wenn Filipinos auf mich oder andere spektakuläre Dinge aufmerksam machen wollen, schürzen sie die Lippen in Richtung das Objekt, auf das wir unhöfliche Europäer mit dem Finger zeigen würden. Beim Aufzählen beginnen sie mit dem Kleinfinger:1; Kleinfinger und Ringfinger:2;… Den Daumen zählen sie irgendwie nicht mit.

Wer andern eine Grube gräbt…

Auf unserer Fahrt ins Mangyandorf Inbasan sind mir in Victoria um 7 Uhr heute schon Filipinos mit Palmwedeln in der Hand aufgefallen. Zur Kirche hin wurden es immer mehr – ja, richtig! Heute ist Palmsonntag, auch in Abensberg daheim, nur dass es dort leider keine echten Palmen gibt wie hier. Aber Palmesel gibt es hier wie da. Im Doctors-Haus  war das natürlich ich, weil ich ja immer als letzte aufstehen darf.

Die meisten der Filipinos sind Christen, davon wieder die meisten Katholiken. Da haben die Spanier durch ihre 300 Jahre dauernde Herrschaft ihre Spuren hinterlassen. Die Mangyans sind schon auch Christen, aber meist irgendwelche eigenen Abspaltungen, tragen als Zeichen dafür oft Amulette oder Schriftzeichen um den Hals, meist aus Papier oder Pappe. Doch auch viele Lowlanders (die im Gegensatz zu den Mangyans im Flachland entlang der Küste leben und daher ihren Namen haben) sind sehr gläubig, gehen sonntags in den Gottesdienst und Tischgebet betet auch das GD-Team mehr oder weniger. Ansonsten gibt es viele verschiedene Kirchen, hohe Kirchtürme wie in Europa gibt es allerdings kaum.

Protestanten, ,Real Church of Philippines“, Zeugen Jehovas und andere haben hier ihre Spuren hinterlassen und natürlich auch Moslems (fast 10%), deren fundamentalistische Abspaltungen immer wieder durch Anschläge auf sich aufmerksam machen und wohl eigene Gebiete auf Mindoro beanspruchen. So war z.B. wenige Tage nach unserer Sprechstunde in Yugo Mitte März ein Kampf zwischen Rebellen und Miliz, bei dem drei Menschen getötet wurden. Das war natürlich dort „das“ Gesprächsthema, als wir letzten Dienstag wieder dort waren. Aber die Angreifer wurden besiegt – Gott-sei-Dank, welchem auch immer…

In Inabasan waren seit unserem letzten Besuch mehrere rechteckig angeordnete Steinhaufen angehäuft worden. Rolando hat mir erklärt, dass diese Steine so angehäuft sind, dass die Kubikmetergröße derselben gemessen und verkauft werden kann. Die Mangyans verstehen nur nicht, dass, wenn Sie die Steine vom Hang entfernen und die Grube zum Dorf hin dadurch immer größer wird, in der Regenzeit ihr Dorf von den Wassermasse zerstört werden könnte. Da möge Gott ihnen helfen!

No electricyty today in victoria

Und jetzt sitze ich hier in meinem Lieblingscafe der Insel in Calapan gegenüber der Robinson-Shoppingmall (heißt so, ist aber maßlos übertrieben) und nehme langsam Abschied. Heute waren wir wieder in Balete , einem sehr staubigen Dorf. Ein etwa 4-jähriges Mädchen wurde dort heute zum ersten mal in der GD-Clinic vorstellig, nachdem sie seit mindestens einem Jahr schon pflaumengroße Lymphknoten am Hals hat, einer davon aufgebrochen ist und ziemlich sicher eine Tuberkulose dahinter steckt. Cecile hat einen Abstrich gemacht, die Lunge muss geröntgt werden und dann wird die Patientin bei positivem Befund unserer Tuberkuloseärztin Dr. Elsa im Provinzhosital Calapan vorgestellt und die ambulante Therapie begonnen. Ihre Familie bekommt eine einmalige Prophylaxe.

Mittags waren wir fertig mit unserer Sprechstunde, da aber unser Doctors-Haus in Victoria wegen einer nachbarlichen Baustelle stromlos ist bis 18 Uhr heute, sind wir jetzt in Calapan, Shoppen, gehen zur Bank – und ich hab mich abgeseilt in meine Coffee-Bar. Hier ist der Kaffee sogar aufgebrüht, was sehr selten ist auf den Philippinen. Und später treffen wir uns, um ins „Max“ zum letzten gemeinsamen Abendessen zu gehen.

Alles hat ein Ende

War das wirklich heute in Bayanan schon mein letzter Arbeitstag? Was hab ich doch alles erleben dürfen die letzten Wochen – doch im Sinne Jean Pauls: „Erinnerungen sind das einzige Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann“ sehe ich die zurückliegende Zeit sehr positiv. Jeder Tag war neu spannend und voller neuer Erfahrungen für mich, gute wie schlechte.

So ist mir heute in unserem Wartezimmer (wir waren in einer Gemeindehalle), das ich diesmal direkt von meinem Sitzplatz aus sehen konnte, aufgefallen, dass die Patienten ähnlich den an den Massagedüsen hängenden Besuchern der Limes Therme in Bad Gögging, immer nach dem Klingelzeichen von Jacky, sobald ein Patient fertig war, einen Stuhl weitergerutscht sind, weil ja der erste Stuhl von dem drankommenden Patienten frei wurde. Das sah sehr lustig aus und war wohl in mehreren unserer provisorischen Warteräume so, ich hab’s nur nicht gesehen. Ich stell mir das mal in unserer Abensberger Praxis vor…Thromboseprophylaxe.

In Bayanan  beginnt der Weg zum Aufstieg auf den höchsten Berg Mindoros, den Mount Halcon mit immerhin laut Ronaldo 2800 Metern. Es besteigen ihn immer wieder Bergsteigerteams, müssen durch dichten Dschungel, können in einer Schutzhütte auf halber Höhe übernachten und brauchen zum Gipfel tatsächlich 2 Tage, also gar nicht so ohne! Ich bin nur die ersten 100 Meter gestiegen und: der Weg ist von Beginn an abenteuerlich! Und mein Abenteuer, bin ich am Ziel angekommen, wo wollte ich denn überhaupt hin? Ich glaube, so ganz klar war mir das von Anfang an nicht, ich hab mich einfach auf Mindoro eingelassen, vieles erlebt, Eindrücke gewonnen, die weder fotografisch noch durch Beschreibungen wiedergegeben werden können, und habe also ein Ziel zumindest nicht verfehlt. Für mehr haben die letzten sechs Wochen nicht ausgereicht, bekanntlich lernt man nie aus….

Ich habe in dieser Zeit ca. 1400 Patienten versorgt, Krankheiten, die ich zuhause nie sehe, mehr oder weniger behandeln können, kann die Zeichensprache der Filipinos ein bisschen interpretieren, kenne in der Sprache Tagalog einige Begriffe, die in der Praxis wichtig waren und kann meinem Team, wenn Sie ihre Sprache sprechen, sinngemäß oft folgen. Ich kann immer besser einen Mangyan von einem Lowlander unterscheiden und habe, glaube ich erkannt, was den Mangyans  im Gegensatz dazu wichtig ist: Kinder, Familie, Zusammenhalt, Nahrung, Glaube…Unterkunft, Sauberkeit, Macht, Geld. So waren meine letzten beiden Patientinnen heute eine Mangyan und eine Lowlanderin. Morgen werde ich also in Begleitung meiner Kollegin Ursel die Insel verlassen, einen Tag früher als geplant, da wir übermorgen, also Gründonnerstag, keine Chance hätten, eine Fähre zu bekommen und zum Flughafen Manila zu kommen. In der „holy week“, wie die Karwoche hier genannt wird, ruht der Verkehr ab Donnerstag. Ich freu mich sehr auf daheim!