Vergesst eure Träume nicht!

Ein Bericht von Einsatzärztin Dr. Marie-Luise Holthoff aus Chittagong

Mein erster Tag mit den German Doctors in Chittagong: Es ist warm – geschätzt und gerade in Google nachgesehen 29°C bei 80% Luftfeuchtigkeit mit 40% Chance auf Regen. Dankbar bin ich für die Klimaanlage in unseren Schlafzimmern! Ich hatte sie für die Nacht an und auf 25°C eingestellt und benötigte nur ein Laken als Zudecke. Gegen 10.00 Uhr sind wir – meine Kollegin Monika und ich – zu einem richtigen Sonntagsausflug aufgebrochen: Zu Fuß eine nahe gelegene größere Straße entlang zu einem Park mit einem rechteckigen, hübsch eingefassten Wasserbecken und einigen Grünanlagen; eine willkommene Oase im Getümmel und Lärm der Straßen. Von dort war die Anderkilla Shahi Jama Moschee von 1670 der nächste Stopp. Schließlich haben wir ein einfaches Taxi – CNG genannt – zum Vergnügungspark Foy´s Lake Resort genommen. Wir hatten gehofft dort einen Zugang ausserhalb des Parkes zum See zu finden. Schließlich sind wir dann doch in den glücklicherweise nicht sehr stark besuchten, offenbar an Disneyland angelehnten Park gegangen. Es herrschte eine entspannte und ruhige Atmosphäre.

Wartende Patientinnen und Patienten

Montag, den 27.8.2018 In der Clinic: Bronchitiden, Abszess nach Verletzung, Z.n. Thyreoidektomie, Rückenschmerzen, Schwäche, klinisch recht deutlich erkennbare Anämien, Pilzinfektionen auf der Haut, Diabetiker. Insgesamt glücklicherweise nichts Dramatisches. Eine Mitarbeiterin des Teams fuhr nach der Arbeit mit uns zum Einkaufen. Faszinierend fand ich das Getümmel auf den engen Straßen des Einkaufsgebietes: Viele, sehr viele Rickschas mit dünnen, zumeist sehr ärmlich gekleideten Fahrern und wohl genährten, gut gekleideten Kunden. Ein Geklingel und Gehupe, ein Gewirr, das sich immer wieder neu bildet und auflöst.

Auf zum Haus des Wächters

Mittwoch, 29.8.2018 Heute war „CbC“-Tag, d.h. Wir waren im Comunity based Centre im Slum. Bereits um 8.00 Uhr traf das gesamte Team auf dem Hof vor dem Father Boudreau´s Medical Centre zur Abfahrt mit dem Kleinbus zusammen. Nach ca. 20 Minuten Fahrt kamen wir an: Steingebäude mit Veranda, zwei sehr große Räume, mehrere Toiletten, zwei Sprechzimmer und eine Küche. Hier wird für die unterernährten Kinder, die in diesem Center drei Mahlzeiten am Tag erhalten, gekocht. Meine Kollegin Monika und ich haben jeweils gut 60 Patienten behandelt, darunter auch einige Kinder aus dem „Feeding“-Programm. Ansonsten habe ich viele Frauen und auch einige Großmütter gesehen; sehr viele mit „all body pain“. Viele sehen deutlich älter aus als ihr chronologisches Alter erwarten lassen würde; viele sehr müde. Sehr dankbar war ich für den Mittagsschlaf im Feeding Centre. Erst saßen die Sozialarbeiterinnen, die Köchinnen und sonstige Mitarbeiterinnen in munterer Runde zusammen. Später legten sich etliche mit Kopfkissen für ein Nickerchen auf den Boden. Wir auch! Nachdem wir gegen 16.00 Uhr mit der Arbeit fertig waren, gingen wir zum nur wenige Meter vom Community based center entfernt gelegenen Haus des Wächters des Centres. Er wohnt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in einem Raum von geschätzt 12 m² aus Wellblech, in dem ein großes Bett mit kunstvoll geschnitztem Kopf- und Fußteil steht, ein Schrank, etliche Plastikstühle. Wir erhielten gekühlte Sprite, Kuchen, Knabberzeug, in Fett Ausgebackenes. Ich fühlte mich ob dieser Großzügigkeit beschämt und fragte die Übersetzerin ob wir nicht die Kosten übernehmen könnten. Nein, nein, das gehe nicht; er habe uns ja eingeladen!

Zusammensitzen in gemütlicher Runde

Donnerstag, 30.08.2018 kurz vor 20.00 Uhr holte uns Sylvester Bernadette zur Nachfeier des Eid Festes ab, die im Chittagong Club stattfand. Erst saßen wir am Swimming Pool bei einer Vorspeise. Der Pool sei auch für Frauen geöffnet; gesehen haben wir nur einen männlichen Schwimmer. Dann ging es weiter in das Club-eigene Café und die daneben liegende Bäckerei; beide auf gefühlte Kühlschranktemperatur klimatisiert und annähernd westlichen Standards entsprechend. Im Anschluss wurden wir in das Hauptgebäude geführt: Schöne Brunnenanlage, Loggia mit Blick auf manikürte Rasenanlage und mit Leuchtgirlanden geschmückte Bäume und das von unserem Gastgeber hoch gepriesene, riesige Hotel ! Wir genossen einen Sun-Downer – für mich Gin Tonic – in sehr ansprechender Atmosphäre und mit interessanter Unterhaltung. Das Dinner war dann ein Büffet mit köstlichem bengalischem Essen in riesigem Saal mit vermutlich ca. 400 Gästen. Gekrönt wurde dieses Abendprogramm von einer Musikveranstaltung im dem Speisesaal benachbarten Veranstaltungssaal. Es sang eine offenbar recht bekannte bengalische Sängerin, sehr hübsch, in Sari gekleidet, begleitet von einer Musikergruppe. Beim letzten Lied, das wir angehört haben, wurde sie von künstlichem Nebel umhüllt. Bollywood lässt grüßen! Sylvester ist in die katholische Schule gegangen, die gegenüber dem Father Boudreau´s Medical Centre liegt. Er engagiert sich nach seinen Aussagen auch für ein Drogenprojekt und versucht die German Doctors mit Einladungen wie dieser bei Laune zu halten. Er scheint genuin interessiert und engagiert zu sein. Sicher ist er auch bemüht uns das andere Bangladesch zu zeigen, das der Schönen und Reichen (oft auch auch nur letzteres).

Milchreis ohne Milch

Montag, 3.9.2018 Eindrucksvoll in der Clinic fand ich eine 30-jährige Frau, die vermehrten Durst und häufiges Wasserlassen angab. Es ließ sich dann anhand des Blutzuckers die Erstdiagnose eines Diabetes mellitus stellen. Beim Nachmittagstee – es gibt vormittags und eben auch nachmittags eine zumeist kurze Teepause, die einfach herrlich ist – erzählte mir mein Übersetzer, dass er keine formale medizinische Ausbildung habe. Er wurde von den German Doctors angelernt und hat in seinen mehr als zehn Jahren Arbeit mit ihnen sehr viel Erfahrung gesammelt.

Dienstag, 4.9.2018 Wir sind nach einem Spätnachmittagskaffee hier im Anschluss an die Arbeit bis zum Fluss – Karnaphuli River – gelaufen und haben die kühle Brise genossen. Es hatte vorher geregnet. Immer noch faszinierend, aber nicht mehr ganz so überwältigend: Das Chaos auf der Straße, die Fülle, das Klingeln der Fahrrad-Rickschas, das Hupen der Autos und Tuten der Busse, das Gewusel von Menschen, die diversen Hindernisse wie Müll, Hunde, Pfützen.

Mittwoch, 5.9.2018 Zum Mittagessen im CbC haben wir wieder Kichuri und zum Nachtisch eine Art Milchreis, wohl ohne Milch, aber sehr lecker, gegessen. Das ist das Essen, das auch die unterernährten Kinder erhalten. Ich gehe davon aus, wir nehmen niemandem etwas weg. Wir sind sicher nicht mangelernährt und werden von unserem Koch bestens versorgt!

Nun gibt es Essen

Einfach weiterfahren, hier gibt es nichts zu sehen

Donnerstag, 6.9.2018 Sehr eindrucksvoll und traurig ist das Schicksal einer jetzt 27-jährigen Frau. Sie kam heute mit ihrer Mutter, da sie komplett erblindet ist. Vorstellungsgrund war eine kleine Wunde an der rechten kleinen Zehe. Auffällig war dann eine tiefe hyperkeratotische Stelle nach offenbar einer älteren Verletzung unter der Ferse. Mir fiel schließlich noch eine Krallenhand rechts auf. Einen verdickten Nerv konnte ich am rechten Arm nicht ertasten. Mit einem einfachen Mundspatel habe ich die Sensibität an der rechten Fußsohle getestet, die deutlich herabgesetzt war. Für mich war somit die Diagnose eindeutig und ich habe meine Kollegin gerufen, um ihr die Patientin vor zu stellen. Als ich den Überweisungsbrief schrieb und mein Übersetzer der Patientin und der Mutter erklärte, dass sie sich bitte beim Lepraprogramm vorstellen sollten, berichtete die Mutter, dass die Patientin vor zehn Jahren für ein Jahr eine Therapie erhalten habe.

Montag, 11.9.2018 Liton – mein Übersetzer – lud mich schon vor der Mittagspause zur Nachfeier von Eid, dem Zuckerfest, ein. So gab es dann nach der Nachmittagssprechstunde ab 16.00 Uhr im Wartebereich eine kleine Feier. Die Stühle wurden im Halbrund aufgestellt um einen Tisch mit speziellen Chapati, Rindfleisch in Soße, sehr ähnlich unserem Gulasch und von uns zum Nachtisch beigesteuertem Schokoladenkuchen, den unser Koch gebacken hatte. Das Essen hatte Litons Frau zubereitet. Er hatte es im Bus in großen Metallgefäßen transportiert. Sehr nette, lockere Atmosphäre und alle feiern gemeinsam – Moslems, Christen, Hindu. Letzterer kam etwas später und nahm dann eben nur Chapati und Kuchen.

Mittwoch, 12.9.2018 Im Community based center wurde mir von der Mutter ein 7-jähriges Mädchen vorgestellt mit einer seit vier Tagen bestehenden Facialisparese links ohne sonstige Krankheitszeichen und in sehr gutem allgemeinem Gesundheitszustand. Auf dem Rückweg vom CbC nach Hause kamen wir auf dem Highway an einem Unfall vorbei, der kurz zuvor passiert sein musste: Demoliertes Vehikel, ein Mann wurde in ein CNB-Taxi gehievt. Unser Fahrer fuhr wie selbstverständlich weiter, wofür ich sehr dankbar war. Was hätten wir auch tun können ohne irgendeine Ausrüstung? Dennoch eine unbehagliche Situation für mich!

Coca Cola lässt grüßen

Donnerstag, 13.9.2018 Charles, ein Teammitglied, hat uns netterweise angeboten mit uns zum Chittagong Medical College Hospital zu fahren. In dieses weisen wir unsere Patienten ein. Wir betraten es über den Eingang der Notfallambulanz. Niemand fragte nach einer Berechtigung. Wir fallen ja immer auf als einzige Weiße weit und breit und vermutlich ist bekannt, dass in regelmäßigen Abständen German Doctors zu einem Besuch erscheinen. Heruntergekommenes, sicher einst sehr eindrucksvolles Treppenhaus mit schmiedeeisernem Geländer und hölzernem Handlauf. Beginn der Tour im Paediatric Ward: Sicher 40 bis 60 Betten. Wohl alle mit zwei kleinen Patienten belegt, in einem riesigen Saal. Dazu dann vermutlich eine zwei- bis dreifache Anzahl an Angehörigen auf, unter, vor und neben den Betten. Im Kontrast hierzu die pädiatrische Intensivstation: Sauber, aufgeräumt, ruhig, nur ein Angehöriger pro Patient. Auf den Fluren neben dem Treppenhaus Matratzen, auf denen teilweise durch Verbände und Gipse, Urinbeutel und Infusionen deutlich als solche erkennbar Patienten, teilweise aber wohl auch Angehörige lagen. Müll lag auch fast überall herum. Und wie auch nahezu überall lässt Coca Cola grüßen mit einer großen, nicht zerbrochenen und hell sichtbaren Leuchtreklame über einer Art Kiosk auf einem Treppenabsatz.

Ein kleines Gruppenfoto aus Chittagong

Sonntag, 17.9.2018 – 29°C, gefühlte 37°C, 83% Luftfeuchte Morgens hatte ich 40 Patienten, nachmittags dann noch sechs. Traurig: Ein 60-jähriger, bei dem per Gastroskopie mit Histologie die Diagnose eines „poorly differentiated adenocarcinoma of the stomach grade 3“ gestellt wurde. Er kannte die Diagnose und kam jetzt mit den Unterlagen zu uns. Ich bat meinen Übersetzer Liton ihm zu sagen, dass er mit seiner Frau sprechen, auch für seine vier Kinder noch eine gewisse Vorsorge treffen möge. Der Patient hat mich so eindringlich angesehen; ein so intensiver Blick. Ich wünschte ich hätte direkt mit Ihm sprechen können. Wenn ich länger hier wäre, würde ich sehr rasch Bangla lernen!

Dienstag, 18.09.2018 – 28°C, gefühlte 34°C, Luftfeuchte 91%, Heute habe ich einen ca. 57-jährigen Patienten gesehen. Er habe seit sechs Wochen einen Wunde in der linken Kniekehle und könne das linke Bein nicht mehr strecken. Seit vier Wochen hätten sich die dann demonstrierten Veränderungen am rechten Fuß entwickelt: 3. und 4. Zehe mit angrenzendem Vorfuß schwarz und bereits gut demarkiert. Beide Füße und Unterschenkel kalt, Fußpulse nicht tastbar. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass er über viele Jahre offenbar stark geraucht hat. Ich habe ihn in die Chirurgie des Chittagong Medical College Hospital eingewiesen. Allerdings halte ich seine Prognose für schlecht.

Zwei beeindruckende Brüder

Mittwoch, 19.9.2018 – 29°C, gefühlte 37°C, 87% Luftfeuchte In der Sprechstunde im Community based Centre haben mich heute zwei Brüder beeindruckt: Der 15-jährige begleitete seinen 18-jährigen Bruder, der an Epilepsie leidet. Er hat keine Schule besucht, könne sich nichts merken. Der 15-jährige sprach ein wenig Englisch, meinte er verstehe mehr als er sprechen könne und grüßte auf Englisch. Per Übersetzter gab er auf meine Frage an, er wolle einmal Lehrer für Englisch und Mathematik werden. Ich wünschte – und wünsche – ihm alles, alles Gute dazu! Mittags haben wir uns wieder auf dem Boden im Feeding Centre ausgestreckt und – wie etliche andere Teammitglieder – geschlafen. Es war so warm, dass ich fast Beklemmungen bekam. Wie halten das die Menschen in den Wellblechhütten aus????

Donnerstag, 20.09.2018 – 28°C, gefühlte 32°C, 82% Luftfeuchte In die Sprechstunde kam heute eine Patientin, bei der ich schon die Verdachtsdiagnose einer Lungentuberkulose gestellt hatte. Das Röntgenbild der Lunge hatten wir ihr mitgegeben und sie zum Nationalen Tuberkulose Kontrollprogramm geschickt. Dort waren zwei Sputumproben positiv für säurefeste Stäbchen. Die Behandlung erfolgt jetzt als „DOT“ (directly observed therapy) nahe ihrem Wohnort. Die Ausgabe von Tuberkulostatika erfolgt ausschließlich über staatliche Stellen.

Eine kurze Pause für die Schiffscrew

Freitag, 21.9.2018 – 28°C, gefühlte 33°C, 82% Luftfeuchte Nasrin, Monikas Übersetzerin, holte uns dort ab, wo wir mit unserem CNG-Taxi angekommen waren. Relativ enge Straße, noch engere Gasse, viele Kinder, enges, dunkles Treppenhaus. Dann ein Eingang durch eine Metalltür direkt in die Wohnung. Wir werden gebeten auf dem Bett, in dem Nasrin zusammen mit ihrer Schwester schläft, Platz zu nehmen. Nach sehr leckeren Vorspeisen wurde uns die Küche gezeigt, der zweite Raum der Wohnung. In diesem steht der nagelneue Kühlschrank, auf den die Familie zwei Jahre gespart hatte, auch eine Art hängende Kleidergarderobe wie eine Leiter. Über die Sprossen sind die Kleidungsstücke gehängt. In einer Ecke gibt es eine erhöhte Feuerstelle, vermutlich mit Gasflamme. Darunter befindet sich dann wohl ein Spülbecken. Direkt neben der Kochstelle liegt das Badezimmer mit Toilette. Im Badezimmer wird auch gewaschen. Während der Vater im ersten Raum betete, hielten wir vier Frauen – Mutter von Nasrin, Monika, Nasrin und ich – uns schwatzend in der Küche auf, in der auch das Bett der Eltern steht. Auf diesem saßen wir während Nasrin mit einem auf dem Boden aufgestellten Messer Obst für den Obstsalat schnitt. Diesen gab es mit Vanillepudding und Joghurt nach dem Hauptgericht aus aufgeschnittenen Gurken, Bohnensalat, geschnittenen Gurken, Zwiebeln und Chili (Hilfe, war das scharf!) gemischt, Rindfleisch in Soße, Dal, speziellem Reis eigens für Feiertage, den Nasrins Vater selber angebaut hat. Alles schmeckte köstlich. Uns wurden Löffel gereicht. In der Regel isst man hier mit den Händen. Nasrins Schwester ist 21 Jahre alt und unterrichtet als Lehrerin. Sie möchte eigentlich einen Bachelor machen. Doch dazu fehlt aktuell das Geld.

Mit dem Banner die Straße entlang

Sonntag, 23.09.2018 – 28°C, gefühlte 35°C, 87% Luftfeuchtigkeit Heute haben wir eine Ambulanz der „International Leprosy Association“ besucht. Seit 1994 bis heute wurden von dieser Association 25.000 Patienten behandelt. Ein Team aus Leiter, Buchhalter, Finanzbeauftragter, Krankenschwester, Ärztin, Schuster und Physiotherapeuten hieß uns sehr herzlich willkommen. Zunächst berichtete der Leiter ein wenig über die Vereinigung und die Arbeit. Dann übernahm der überaus freundliche, engagierte und sympathische Physiotherapeut und führte uns in den Nebenraum, in dem bereits etliche Leprapatienten saßen; einige von ihnen mit im Wasser eingeweichten Füßen bevor die Krankenschwester sich dann um die Versorgung der Geschwüre kümmerte. Es herrschte eine recht entspannte Atmosphäre trotz teilweise doch erschütternd schwerer Veränderungen, besonders der Gliedmaßen. Die Stimmung hier, die ganz offenbar wirklich segensreiche Arbeit des Projektes, die sich seit über zehn Jahren auf Mikrokreditprogramme, Rehabilitationsmaßnahmen und Fortbildungen auch für andere Gesundheitsprojekte ausgeweitet hat, ist einfach begeisternd!

Mit dem Banner erregt man die nötige Aufmerksamkeit

Donnerstag, den 4.10.2018 Der Deckenventilator dreht seine Runden. Der vorletzte Tag neigt sich dem Ende zu. Er war ereignisreich: Im großen Raum des Communitiy based Centre waren mit Tischdecken und Blumenbouquets geschmückte Tische als Podium aufgebaut. An diesem saßen unter anderen der Vertreter von Caritas Bangladesch, ein Politiker der regierenden Awami League, ein Polizist und schließlich auch ich. Brayan stand daneben und führte mit einer Power Point Präsentation in die Feier ein – lebendig, voller Temperament konnte er sich der Aufmerksamkeit der ca. 200 am Boden hockenden, festlich gekleideten Mädchen von ca. 12 bis 18 Jahren sicher sein. Der Vertreter der Caritas, der Polizei und auch der Awami League Politiker hielten Ansprachen. Brayan bat dann auch mich einige Worte an die Mädchen zu richten. Ich bedankte mich für die Ehre an dieser Veranstaltung teilnehmen zu dürfen. Und dann sprach ich zu ihnen als „daktar“, als Mutter und als Frau. Ich betonte, das ich hart studieren musste, um Ärztin zu werden, und dass es auch für sie ganz wichtig sei eifrig zu lernen. Ich sei Mutter von drei wunderbaren Kindern, die ich sehr liebe und die ich nicht missen wolle. Auch ihnen wünsche ich, dass sie später eigene Kinder haben. Aber zuvor müssten sie lernen und eine Ausbildung erhalten. Das sei auch wichtig für die Erziehung ihrer Kinder. Sie selber würden über die Zukunft ihrer Kinder entscheiden. Und schließlich sprach ich zu ihnen als Frau: Es sei wunderbar eine Frau zu sein. Frauen seien so wie sie wunderschön und sie seien stark und sie hätten die gleichen Rechte wie die Männer. Schließlich habe ich sie ermutigt ihre Träume zu träumen und sie zu verfolgen, auch wenn das Leben nicht immer so ist wie wir es uns erträumen. Aber: Do not forget your dreams! Brayan hat das natürlich abschnittsweise in Bangla übersetzt. Schließlich zogen wir alle angeführt von einer Blechbläserband und begleitet von einem Polizeiaufgebot, das den Verkehr für uns stoppte, ein Banner haltend die Hauptstraße entlang. Die Mädchen liefen mit bunten Schildern, auf denen in Bangla Slogans aufgemalt waren, hinter den Bannerträgern – auch mir – her. Sie wirkten so munter, frisch und erwartungsvoll! Ich war ganz gerührt und wünsche ihnen von Herzen, das jede einzelne von ihnen zur rechten Zeit ihre Chancen erkennt und sie beim Schopfe packt. Einen schöneren und auch optimistischeren Abschluss meines Aufenthaltes hier in Chittagong hätte ich mir nicht ausdenken können! Toll, was das Team unter Leitung von Brayan hier auf die Beine gestellt hat. Damit gingen auch meine letzten Tage in Chittagong vorbei und ich bin froh, dass ich diese wunderbare, aber auch sehr anstrengende und intensive Erfahrung machen durfte.