Aller guten Dinge sind drei

Als Arzt im Einsatz: Ein Bericht von Dr. Gudrun Werbe aus Chittagong

Der Flug mit Turkish Airlines war unkompliziert und mit ca. 900 Euro recht günstig. Vom Flughafen Chittagong wurde ich von Bryan mit einem CTG, einem kleinen Elektrotaxi, abgeholt. Der Rückflug war etwas komplizierter, weil es nur einen Interkontinentalflug morgens um 9 Uhr gab, so dass ich in Dhaka im Lawrel Hotel übernachten musste, was sehr schön, aber ziemlich leer und teuer war. Da ich zum dritten Mal in Chittagong als Arzt im Einsatz war, hat mich die immer noch sehr dreckige Treppe, die zu unserer Wohnung auf der großen Dachterrasse von Father Boudrous’s Health Center führt, nicht sehr erschreckt.

Als Arzt im Einsatz

Ich war als Arzt im Einsatz in Bangladesch

Im Gegensatz zu 2013 war die freie Dachterrasse jetzt von zwei Hochhäusern eingerahmt, wovon das rechte noch ein Rohbau war. Erst stand ich vor der Wohnungstür, aber der Schlüssel passte nicht. Glücklicherweise wohnt Brayan, unser Coordinator, gleich in der Nähe. Er kam nach meinem telefonischen Hilferuf lachend angelaufen und zeigte mir, dass der Schlüssel links herumgedreht werden musste. Komol, unser Koch hatte schon leckeres Essen vorbereitet. Am nächsten Tag kam nachmittags Julia aus Dhaka. Sie hatte bei den dort stationierten German Doctors übernachtet und mit ihnen die Stadt angeschaut.

Mutter in Bangladesch

In Chittagong behandeln wir viele Mütter und Kinder

Die Arbeit kann beginnen

Am Montag: Erster Arbeitstag mit Liton als Übersetzer. Da es regnete, kamen nicht sehr viele Patienten. Sie klagten über „cough and cold“, Bauchschmerzen, Gelenkschmerzen, Ekzeme usw. Bei einer Patientin hatte ich den Verdacht auf eine extrauterine SS im Ultraschall. Sie wurde zur Gynäkologin geschickt. Am Mittwoch wurde die Sprechstunde im Community Based Center, unserem „feeding center“ direkt im Slum, abgehalten. Hier sah ich einen Jungen mit Cyanose, Atemnot und Fieber. Laut Karteikarte war ein VSD bekannt. Ich überwies ihn ins Universitätskrankenhaus und schrieb in den Brief, dass die German Doctors die notwendige Herzoperation bezahlen würden. Nach mehreren Wochen sah ich dieses Herzkind wieder. Er war nahezu beschwerdefrei, bekam Aldactone und Lasix sowie ACE-Hemmer in niedriger Dosierung und ein Antibioticum. Von einer OP schrieb das Krankenhaus nichts. Der Junge hieß Lajjad.

Gesundheitsschulung in Chittagong

Bei der Gesundheitsschulung hören alle gespannt zu

Ich hatte auch Sylvester, einen einflussreichen Bengalen, der sich sehr um die German Doctors kümmert, und uns schon in der ersten Woche mit in den Intertationalen Club eingeladen hatte, um finanzielle Unterstützung gebeten. Auch eine ehemalige Kollegin, die in Deutschland mit ihren Ehemann aus Bangladesch lebt, wollte versuchen, Geld einzusammeln. Schwierig scheint aber das Organisieren einer OP in Dhaka. Es müsste jemand mitfahren, um die völlig hilflose Mutter zu begleiten. Das alles ist sehr schwierig.

Als Arzt im Einsatz sieht man viele unterschiedliche Krankheitsbilder

Als Arzt in Chittagong

Die Menschen sind so dankbar für unsere Hilfe

Im CBC sah ich viele Kinder mit Durchfällen, die gerade jetzt in der Regenzeit auftreten. Ein Kind hatte einen Ascaris erbrochen. Andere auffällige Krankheitsbilder waren schwere Anämien, teils Eisenmangelanämien, einmal aber auch eine schwere Thallasämie bei einer jungen Frau mit einem HB von 5. Ein Kind hatte Lymphdrüsen-TBC, eins einen Pleuraerguss, wohl auch tuberkulös. Diese Patienten werden ins TBC-Center geschickt. Dort sind Diagnostik und Therapie kostenlos. Wenn man öfters nachfragt, gibt es in vielen Familienangehörige, die Tuberkulose haben oder hatten. Ein Patient kam aus dem Krankenhaus fünf Tage nach ausgedehntem Vorderwandinfarkt, um sich die Medikamente aufschreiben zu lassen. Kleinere chirurgische Eingriffe, wie Nähen einer Kopfplatzwunde, Eingipsen eines gebrochen Mittelfußknochens oder Abszessincisionen haben meine Kollegin und ich gemeinsam gemacht. Ein Patient mit großer Wunde am Fuß wurde zum TBC- Ausschluss ins Krankenhaus geschickt. Der Befund war negativ. Die Wunde wurde erst kleiner, dann blieb sie stationär und der Patient ging in sein Dorf zurück.

Fischeroote in Chittagong

Zahlreiche Fischerboote am Ufer von Chittagong

Während ich als Arzt im Einsatz in Chittagong war, wurde ich zu einer Videokonferenz im Hotel Papillon eingeladen. Referenten aus Südafrika, Thailand und Japan diskutierten über Antibiotikatherapie. Einige Ärztinnen trugen Kopftücher, alle waren sehr nett zu mir, der einzigen Ausländerin. In unserer Freizeit haben wir mehrere Ausflüge mit Pater Robert unternommen, der seine Schäfchen aus den Hill Tracts in der Umgebung besuchte. Einmal sahen wir das Mutter Teresa Haus, dem eine Kirche und ein kleines Hospital angeschlossen ist, einmal besuchten wir nach langer Fahrt im CTG ein Haus für Jungen und Mädchen, die dort eine Ausbildung zum Schweißer und Kfz-Mechaniker machen und wo die Mädchen nähen lernen, einmal wurden den Angehörigen der Teepflückerinnen in den„teagardens“ Kleider und den Kindern Kekse mitgebracht. Immer wurden wir zum Essen eingeladen.

Freizeitprogramm in Chittagong

Ansonsten sind wir zum nahen Karnampuli river gelaufen und haben Bootsfahrten für 300 Taka mit einem der vielen kleinen Motorboote gemacht, die auch als Fähren dienen. Eindrucksvoll war ein Besuch im Buddhistischen Tempel mit sehr freundlichen Mönchen. Auf dem Rückweg fiel uns ein großer Menschenauflauf wegen eines hinduistischen Festes, dem Geburtstag von Hare Krishna, auf. Ein Umzug mit lautstarken Trommeln, Wagen von Vereinen, die Blumenkränze oder Fähnchen schwangen und ein Wagen mit einem Darsteller des Krishna zog durch die Straßen.

Party in Chittagong

Gefeiert wird natürlich auch in Chittagong

Sehr besonders war auch meine letzte Fahrt am Freitag zum Flughafen. Es wurde das EAD-Fest gefeiert. Die Straßen waren fast menschenleer. Kein LKW, keine Rikscha, kein CTG fuhr. An den Straßenrändern lagen aufgeschnittene Rinder und Innereien, die an die Armen verteilt wurden. Auch in Dhaka waren die Straßen fast menschenleer. Das Hoteltaxi hatte ein Schild „Urgent Travel for a Foreigner“ – sonst hätte es nicht fahren dürfen. Für mich als Arzt im Einsatz war die Zeit in Bangladesch wieder sehr interessant und befriedigend. Ich danke den German Doctors!