Aus der Rolling Clinic wird eine Walking Clinic…

Helfen auf Luzon: Teil 2 des Einsatzberichts von Einsatzärztin Dr. Nina Lang

Helfen auf Luzon

Die Arbeit auf Luzon ist etwas ganz besonderes

Nach einem aufregenden ersten Arbeitstag auf Luzon bezogen wir unser Nachtquartier in einem lokalen Krankenhaus, was eine interessante und angenehme Übernachtungsmöglichkeit darstellt. Es war sehr ruhig, denn die diensthabende Ärztin musste sich nur um fünf stationäre Patienten kümmern. Wie überall erhielten wir ein kostenloses und üppiges Abendessen. Bei unserem Spaziergang entdeckten wir eine Hahnenkampf-Arena und die Zuchthähne nebenan – ein grausamer Nationalsport. Gestärkt ging es zum zweiten Tag nach Madduang, der bereits früh im Ablauf gestört wurde, da wir unser Ziel auf Grund eines Erdrutsches auf der Straße, und die Umgehung wegen eines angestiegenen Flusses nicht erreichen konnten. Kurzerhand wurde unsere Rolling Clinic in der nahegelegenen BHS aufgebaut und im Laufe des Tages schafften es viele Patienten zu uns, so dass dieser Tag etwas chaotischer und arbeitsreicher verlief als der erste. Der traurigste Fall des Tages war ein 9-jähriger Junge mit Diabetes mellitus Typ 1, bei dem das Geld der Familie nicht für eine Insulin-Therapie ausreicht – leider haben auch wir kein Insulin in unserem Medikamentenschrank.

Die nächsten freien Tage gestalteten sich entspannt: Soweit es ging unterstützte ich die Arbeit in der Pharmacy und versuchte unseren Gemeinschaftsraum – ein großer offener Raum mit Küche und langer Essenstafel von dem die Zimmer und das Bad abgehen – etwas aufzuräumen und wohnlicher zu gestalten. Einmal begleitete ich Gerhard und Jocelyn zu einem Gespräch mit einem Bürgermeister ins entfernte Lubuagan, wo ich einen Spaziergang im Dorf mit herrlichem Blick auf die umliegenden Reisterrassen machte und auf das bunte Treiben eines Schulfests stieß.

11 Tage auf Rolling Clinic-Tour

Hilfe für Luzon

Dr. Lang und ihre philippinische Kollegin helfen auf Luzon

In der kommenden Woche ging es auf die längste Tour in die bergige Nachbarregion Kalinga: 11 Tage sollten wir unterwegs sein, von denen 3 Tage für die Wandertour festgelegt sind. Der erste Stopp nach ca. 2,5-stündiger Autofahrt war in Layasan, der Heimat eines weiteren Fahrers Christian, wo wir herzlich mit einer frischen Kokosnuss zum Erfrischen empfangen wurden! Da es bereits die zweite Rolling Clinic dort war, war der Ablauf geregelter und die Zimmer vorbereitet als wir ankamen. Interessanterweise gab es dort überproportional viele Patienten mit Epilepsie, von denen sich die meisten die notwendigen Medikamente nicht leisten können, so dass das Team hier bereits nach einer Konsultation gute Erfolge erzielt hatte: Einige kamen bereits anfallsfrei zur zweiten Sprechstunde! In diesem Ort, wie überall auf den Philippinen, findet das Leben draußen statt: Überall laufen Menschen und verschiedene Tiere von klein bis groß herum und fügen sich in ein gemütliches Bild. Dass an diesem Tag allerdings bis spät in die Nacht ein Geburtstag mit lauten Gesängen und Gitarrenmusik gefeiert wurde, irritierte unseren Schlaf ein wenig.

Zu Fuß zu den Patienten

Walking Clinic

Die Walking Clinic beginnt…

Dann ging es auf die Wandertour, die beim letzten Mal auf Grund der schweren Regenfälle ausgefallen war: Mit unseren knapp gepackten Rucksäcken machten wir uns zunächst ca. 1,5 h bergab auf nach Lubo, das den Titel „dreckigster Barangay der Region“ trägt. Wunderschön an einem Gebirgsfluss in den Bergen gelegen und inmitten umgebender Reisfelder besteht das Problem darin, dass es keine Möglichkeit gibt, Müll zu deponieren und die vielen Tiere in Ställen zu halten. Die German Doctors möchten diesen abgelegenen Barangay gerne unterstützen, erwarten aber auch Eigeninitiative – mehrere NGOs sind daran bereits gescheitert.

Am frühen Morgen ging es entlang eines herrlichen Pfades und mitten durch Reisfelder in ca. 3 h nach Mangali, wo rund 150 Patienten gespannt warteten. Gut, dass wir an diesem Tag zu dritt arbeiten konnten! Empfangen wurden wir mit einer Merienda, sogenannter „Sticky Rice“, eine spezielle Reissorte ähnlich Risottoreis, der mit Zucker und an diesem Tag Kokosnussraspeln verfeinert wurde. Die Merienda wechselten von Ort zu Ort, wurden uns aber meist vormittags und nachmittags angeboten – immer mit Kaffee, der mit reichlich Zucker gesüßt wird. Übernachten durften wir im Hause des „Barangay Captain“, dem Chef der Gemeinde, bevor wir uns am nächsten Tag auf den Rückweg machten.

Ein abenteuerlicher Ausflug durch die Berge

Wieder führte uns eine schöne Wanderung zurück an den Fluss, wo wir sehnsüchtig auf den Jeep warteten, der uns den Aufstieg ersparen sollte. Die Zeit vertrieben wir uns mit einer erfrischenden Badeeinheit bevor wir erfuhren, dass uns der Jeep auf Grund der tiefen Furchen auf der Straße nicht abholen kann. Also machten wir uns auf den – laut den Einheimischen, die für uns die abgespeckte Medikamentenausrüstung trugen – kurzen Rückweg. Dieser entpuppte sich als 1,5-stündiger, steiler und bei brennender Sonne anstrengender Weg, etwas aufgelockert durch Wilderdbeeren und kreisende Philippinen-Adler. Erleichtert sanken wir oben angekommen in den Schatten und waren froh, dass dieser Tag als reiner Travel-Day eingeplant ist. Somit konnten wir später erschöpft aber stolz, diese Tour geschafft zu haben, zu unserer nächsten Unterkunft in das entfernte Dalupa fahren, wiederum ein Zuhause unseres dritten Fahrers Lanser. Dort wurden wir von seiner Schwester wohl umsorgt und genossen den gebotenen Komfort in diesem schönen Bergdorf.

Viele unterschiedliche Krankheitsbilder

Wir können auf Luzon vielen Menschen helfen

Wir können auf Luzon vielen Menschen helfenAn diesem Abend mussten wir uns von Elke verabschieden, die nun ihre Arbeit an die eingelernte Maurine übergeben konnte, und sich bald auf den Heimweg nach Deutschland machen würde.

Die Konsultationen in Cagaluan und Batong-buhay verliefen unspektakulär, aber auch in den Philippinen kann es richtig unangenehm kalt und feucht werden, besonders wenn die Sonne es nicht durch die Wolkenschicht schafft – ein warmer Pullover kann dort in den Bergen Gold wert sein. Kein Wunder, dass Salbutamol viel gefragt war; auch der erste selbstgebastelte Plastikflaschen-Spacer kam zum Einsatz. Dank unserer tollen Übersetzer in dieser Woche fiel die Arbeit leichter und fing an richtig Spaß zu machen. In Uma gab es den großen Ansturm erst mittags nach der Kirche und die Sprechstunde zog sich dementsprechend lange hin. Hier gab es den ersten kleinen Notfall: Ein 11-jähriges Mädchen kollabierte in der Warteschlange und regenerierte sich nur langsam. Umgehend wollten wir den Blutzucker bestimmen – aber: Batterie leer! Doc Gerhard griff kurzerhand zum selbstgemischten Zuckerwasser, welches sie langsam selbst trinken konnte. Schließlich erholte sie sich und es kristallisierte sich ein Kreislaufkollaps bei Exsikkose und Infekt heraus. An diesem Abend mussten wir uns von Elke verabschieden, die nun ihre Arbeit an die eingelernte Maurine übergeben konnte, und sich bald auf den Heimweg nach Deutschland machen würde.