Willkommen zur Frühchen-Parade!
Zum Weltfrühchentag: Einsatzärztin Dr. Gudrun Jäger berichtet aus Serabu
Die ersten zwei Wochen meiner Zeit in Serabu war es auf der Neugeborenen-Station relativ ruhig. Doch dann begann mit dem ersten Frühgeburten die Frühchen-Parade! Zuerst kam ca. 12 Wochen zu früh Little Gudi zur Welt, eine Woche später Little Moses ca. 8 Wochen zu früh und wenige Tage später Little Joseph, ein Zwillingsfrühgeborenes, auch ca. 12 Wochen zu früh. Passend zum Weltfrühchentag, der jedes Jahr im November begangen wird, um auf die Frühgeburt und ihre Folgen aufmerksam zu machen.
Die Namen erstaunen vielleicht, aber in einem Land wie Sierra Leone mit einer hohen Kinder- und Neugeborenensterblichkeit erhalten viele Kinder am Anfang keinen Namen , sondern werden Borbor (Junge) oder Baby (Mädchen) genannt. In Erinnerung an ein Frühgeborenes vom letzten Jahr wollte ich das erste Frühgeborene Little Princess 2 nennen, aber da kamen die Pflegenden mit ihrer Idee, das Mädchen nach mir zu benennen. Und da mir Gudrun als Name für Sierra Leone wirklich zu schwierig erschien, einigten wir uns auf die Abkürzung Little Gudi – ein Name, der in der Folge problemlos für die Einheimischen auszusprechen war!
Bedrohliche erste Lebenstag
Der ersten Tage von Little Gudi waren recht aufregend und auch bedrohlich: Mit einem Gewicht von nur 880g und gut 12 Wochen zu früh gehört sie zu den Frühgeborenen, die in den ersten Tagen immer mal das Atmen vergaß. So wurde die Überwachung durch Mutter, Großmutter und die Pflegekräfte gewährleistet und Little Gudi musste häufiger daran erinnert werden, dass sie atmen muss. Wirklich bedrohlich wurde es dann, als am Morgen des 3. Tages im Krankenhaus der Strom ausfiel. Der nüchterne Anruf der Pflege: „Wir haben seit 30 Minuten Stromausfall, und die Sauerstoffsättigung bei Little Gudi ist jetzt tief“. Dies zeigt auch, dass eine solche Situation nicht so ungewöhnlich ist in Serabu. Der Mangel an Sauerstoff ist ein immer wieder vorkommendes Problem, entweder weil die Sauerstoff-Konzentratoren von andere Kindern benötigt werden oder – wie an diesem Morgen – ein Stromausfall auftritt. Und obwohl der Elektriker schon verständigt war und den Notstrom angeschaltet hatte, war in der Neugeborenenstation noch immer kein Strom.
Langsam geht es bergauf
Wie gut, dass einer unser erfahrenen Community Health Officers den Vorschlag machte, Little Gudi in den Ultraschall-Raum zu bringen, der schon wieder Elektrizität durch den Notstrom hatte. So brachten wir das Frühgeborene in eine dicke Decke eingepackt (der Wärmestrahler ging natürlich auch nicht) in den Ultraschall-Raum, wo Little Gudi an den Sauerstoff angeschlossen und von ihrer Großmutter und einer Pflegenden überwacht die nächsten 3 Stunden verbrachte! Ich war richtig stolz, dass sie nur auf 35° Grad Temperatur gekühlt war und den Umzug gut überstanden hatte! Und ab da ging es – zwar langsam – nur noch bergauf: Mit regelmässiger Sondennahrung mit Muttermilch und viel Engagement der jungen Mutter und der Großmutter. Bei der Problematik der jugendlichen Mütter – oft sind die Mütter zwischen 15-17 Jahre – ist die Unterstützung durch die Großmütter ein Muss! Es ist sowieso unabdingbar, dass alle Patienten im Krankenhaus einen sogenannten Caretaker haben, der sie versorgt und pflegt, da dies nicht die Aufgabe der Pflegekräfte ist. Little Gudi bekam nach einigen Tagen Gesellschaft durch zwei weitere Frühgeborene, Little Moses mit 1200g und Little Joseph mit 860g. Der Bruder von Little Joseph war nach der Hausgeburt auf dem Weg ins Krankenhaus verstorben. Die Betreuung dieser drei kleinen Frühgeborenen hielt uns alle auf Trab: Regelmässiges Sondieren, die Atmung und Temperatur überwachen und die Wärme gewährleisten…
Little Gudi und die anderen haben es geschafft
Und ganz wichtig für Mutter und Kind in vielerlei Hinsicht – das regelmässige Durchführen der Kangaroo-Care. Eine große Freude für alle war der Tag, als Little Moses zwei Kilogramm wog und nach gut 6 Wochen mit einer kleinen Feier nach Hause entlassen wurde! Und als nächstes folgte Little Gudi, die eine Woche später ebenfalls mit einem Gewicht von zwei Kilogramm nach Hause durfte. Nicht nur für die Familie, sondern auch für das Team der Neugeborenen-Station ein großer Erfolg, der durch viel Engagement in einem schwierigen Umfeld erreicht wurde! Und solche Geschichten – die ohne die Unterstützung durch Spenden gar nicht möglich wären – gibt es in Serabu natürlich nicht nur am Weltfrühchentag…
Ich ziehe den Hut vor Euch, liebes Pflegeteam! Ganz grosse Klasse, wie Ihr für die Ärmsten der Armen einsetzt! Ich wünsche Euch viel Gnade und Kraft und den Bestand unseres himmlischen Vaters! Leider kann ich Euch nicht finanziell unter die Arme greifen, da ich selbst von Unterstützung leben muss.
Gottes Segen für Euch alle.
Kerstin Vonhausen
Lob an das ganze Ärzteteam und Helfern .es immer wieder gut solche hilfen zu geben .gott segne euch