Der Verkehr in Indien gefällt mir!

Ein Bericht von Einsatzarzt Dr. Hartmut Göpfert aus Kalkutta

Vor einer Woche bin ich 24 Stunden nach dem Start in Berlin zum ersten Mal in Kalkutta gelandet und nun mit den German Doctors in meinem ersten Einsatz. Ich wurde von einem freundlichen Fahrer abgeholt (mit Blaulicht-Ambulanz, was die Geschwindigkeit aber auch nicht über 45 km/h brachte) und ich muss sagen: Der Verkehr in Indien gefällt mir! Daheim neige ich auch so zu fahren, was aber nicht nur bei meiner Frau wenig Zustimmung findet.

Charity Event Kalkutta

Charity-Veranstaltung im Konsulat

Am ersten Tag stand ein Besuch im Konsulat zum jährlichen Charity-Fest an. Trotz Bratwurst, Glühwein und Weihnachtsliedern wollte bei mir aber keine angemessene Stimmung aufkommen, was sich auch durch die Nikolaus-Verkleidung des Herrn Konsul nicht änderte – den Zeitraum meines Einsatzes habe ich nicht zufällig gewählt… Am zweiten Tag erlebte ich eine weitere Überraschung, obwohl ich mich gut vorbereitet auf die hieisgen Sitten wähnte: Da ich im Flugzeug einige Vorbereitungsunterlagen liegen lassen hatte (laminierte Extrakte, Schemata etc), suchte ich in unserer Straße einen kleinen Print- und Copyladen für den erneuten Ausdruck auf. Die junge Inderin kompromittierte mich unmissverständlich und umgehend wieder hinaus – offensichtlich, weil ich meine Schuhe nicht ausgezogen hatte! Das schloss ich jedenfalls aus den Gesten; es wird hier auch bei Englischkenntnissen deutlich weniger geredet. Die Kommunikation erfolgt sehr stark über Gesten, die manchmal sehr knapp und nur angedeutet sind. Barfuß war der Einlass dann allerdings kein Problem, auch wenn meine Unreinheit durch Räucherstäbchenschwenken abgemildert werden musste.

Fluss in Kalkutta

Badestelle und Waschplatz in Einem

Copyshop

Copyshop mit Barfusspflicht

Bei einem Spaziergang im „Kiez“ konnte ich viele Hinweise auf die ausgesprochen ausgeprägte körperliche Reinlichkeit der Hindus gewinnen, die stark im Gegensatz zur Umweltpflege zu stehen scheint: In stehenden oder fließenden Gewässern, die so stark mit Unrat und Plastik angefüllt sind, dass man kaum hinschauen mag, werden Kleidungsstücke  und Körperteile (mit sehr viel Seife) intensiv gereinigt. Da die Körperwäsche häufig bekleidet stattfindet, wundert man sich als Arzt nicht mehr über Hautveränderungen im Bereich der Sari-Knoten. Doch über die medizinischen Erfahrungen ein anderes Mal…

Verkehr in Indien

Das Minitaxi der unbegrenzten Möglichkeiten…

Verwunderlich ist für mich auch, dass sowohl die größeren Tonschalen, in denen wir Yoghurt in der Unterkunft bekommen, als auch die ganz kleinen, in denen an jeder Ecke in den Slums Tee mit Milch angeboten wird, nach dem Verzehr weggeworfen werden. Aber das ist nicht alles, was in diesem Land anders ist und gegensätzlich oder manchmal sogar widersprüchlich für uns Europäer scheint.

Nach meiner ersten Woche in Kalkutta bin ich beeindruckt von der freundlichen, zurückhaltenden Art der hiesigen Bevölkerung, die dennoch wach, aufgeschlossen und sehr interessiert wirkt. Ich werde noch viel zu erfahren und zu verarbeiten haben – und das nicht nur über den Verkehr in Indien… Bisher ist es überwältigend!