Bescheidenheit, die gut tut

Ein Bericht von Einsatzärztin Dr. Dietlinde Bourgeois aus Luzon

Anreise

Beschwerliche Anreise durch den Dschungel

Nach 15 Stunden Flug bin ich nun endlich in Manila gelandet und werde gleich mit einem herzlichen Lächeln, einem „Hello, where do you come from, you want to drink a coffee with me“, empfangen. Diese Herzlichkeit wird mich die nächsten sechs Wochen begleiten. Genauso herzlich ist der Empfang im Doctors house. Die ersten drei Tage stehen im Zeichen einer Fortbildung für die Health Worker. Das sind philippinische Frauen, die aus den umliegenden Dörfern extra angereist sind, und unentgeltlich als Helfer ausgebildet werden. Ein tolles Projekt der German Doctors! Ich werde gleich voll ins Vorbereitungsteam mit einbezogen: Einkaufen auf dem Markt, Banner und Krönchen basteln, Karaoke singen und tanzen. Die Philippinos sind einfach ein sehr lebenslustiges, herzliches Volk.

Hütten Luzon

Die Hütten im Dorf bieten bei Stürmen nur wenig Schutz

Am Dienstag geht es dann auf die erste fünf Tage-Tour quer durch den Dschungel auf abenteuerlichen Schlammstraßen, durch eine traumhafte Landschaft, üppiger Dschungel, dazwischen die Reisterrassen in die Hänge gebaut, in verschiedenen Grüntönen. Ich konnte mich bis zum Schluss nicht daran satt sehen. Christian ist zum Glück ein super Fahrer. Die Fahrt ist nichts für schwache Nerven. Wir kommen nach vier Stunden Holperfahrt in einem kleinen Dorf an, packen unseren Rucksack, Ryan hat den Medikamentenrucksack und los geht die Wanderung bei 38 Grad feuchter Hitze durch die Reisfelder. Man kommt dann schon ins Schwitzen, wird aber durch die herrliche Landschaft und den herzlichen Empfang im Dorf dafür belohnt.

Nach dem Gebet ist vor dem Gebet

Sprechstunde auf Luzon

Es wird extra ein Zimmer in einem Privathaus für uns frei geräumt, anschließend werden die Health Worker begrüßt. Meine Aufgabe war dann eine kleine Einweisung der Health Worker, in Blutdruck, Fieber, MUAC messen usw. Ich habe dann noch eine kleine Gymnastikübungseinweisung eingeführt. Viele Patienten haben, auf Grund der harten körperlichen Arbeit, Schmerzen in Hals- und Lendenwirbelsäule. Alle, auch die Patienten haben begeistert mitgemacht. Es folgt noch ein Gebet. Insgesamt wird vor jedem Essen und vor und nach jeder Rolling Clinic gebetet. Das fand ich eigentlich ganz schön.

Die Sprechstunde ist im Grunde nicht viel anders als bei uns in einer Hausarztpraxis, Husten, Schnupfen, bodypain sind die üblichen Symptome. Was mich erstaunt hat, es gibt doch etliche psychiatrische und neurologische Patienten. Sehr bedrückend waren die Fälle der vier schizophrenen Patienten, die zehn Jahre in Käfigen eingesperrt waren, da sich das Dorf nicht anders zu helfen wusste. Langzeitarzt Gerhard hatte sie vor einem Jahr entdeckt. Dank der Medikamente können sie jetzt wieder normal am Dorfleben teilnehmen.

Gut ausgestattet

Der kleine Patient wirkt sichtlich entspannt

Als Vorbereitung auf den Einsatz lohnt es sich, sich auch ein bisschen mit psychiatrischen Krankheitsbildern zu befassen. Nach der Sprechstunde gibt es Lunch, von einer Familie des Dorfes gekocht, Gemüse und Pflanzen aus dem Dschungel, oder auch mal eine fettige Schweinefleischsuppe. Ich bin danach meist zum Fluss gelaufen, um zu baden oder durch das Dorf. Dabei wurde ich unterwegs zum“ süßen Kaffee“ eingeladen oder spielte mit den Kindern. Nach einem leckeren Abendessen gab es noch ein Bierchen, um zusammen den Sternenhimmel und die Dschungelgeräusche zu genießen. Geschlafen wird sehr einfach, entweder im Healthcare-house oder bei Verwandten des Teams, auf dem Boden, manchmal gab es eine Art Isomatte, ich war top ausgerüstet, dickerer Schlafsack, war oft auch eine gute Unterlage, Hüttenschlafsack, aufblasbares Kissen, Moskitonetz, so war es mir total egal in welchem Eckchen ich schlief. Als Wecker hört man dann um 5 Uhr ein Konzert sämtlicher Tiere im Dorf.

Es tut gut, mal wieder so bescheiden zu leben. Keine Dusche, Haare waschen im Fluss oder im Regen, keine Klimaanlage, die Geräuschkulisse des Dschungels, mitten unter den herzlichen Menschen. Nicht als Tourist dieses Land kennen zu lernen, sondern hautnah, in Dörfer und Gegenden zu kommen die sonst unerreichbar wären. Für mich eine unvergleichlich wertvolle Zeit. Ich habe viel von diesen Menschen gelernt.