Keine Weltverbesserer, einfach nur Ärzte

Ein Bericht von Dr. Rudolf Völkle aus Mindoro, wo mit den Mangyans noch Ureinwohner der Philippinen leben

Seit etwa einem halben Jahr wurde die Tätigkeit der German Doctors von Manila komplett auf die vorgelagerte Insel Mindoro verlagert, wo mit der Bevölkerungsgruppe der Mangyans noch tatsächliche Ureinwohner der Philippinen beheimatet sind, die dringend medizinische Hilfe benötigen. Während sich früher die Kollegen noch auf Nord- und Südtour abwechselten, wird nun der eine Arzt durchgehend sechs Wochen für die sogenannte Südtour mit Ausgangspunkt in Mansalay eingeteilt, wo er auch im Staffhouse Wohnsitz bezieht, der andere Arzt sechs Wochen für die Nordtour mit Wohnsitz im Staffhouse in Calapan. Das hat für die Sache den Vorteil, dass man das Team und die Mangyanstämme besser kennen lernt und gewisse Orte auch zweimal besucht.

German Doctors Mindoro

Das Team auf Mindoro ist bereit

Auf der Rolling Clinic ist man dann ziemlich auf sich allein gestellt, da man als einziger Arzt im Team mitfährt. Ungefähr alle sechs Monate kommt auch ein Zahnarzt zum Einsatz, meist auf der Südtour, seltener auf der Nordtour. Ich hatte das Glück, drei Wochen von einer Zahnärztin auf der Rolling Clinic begleitet zu werden.

Mit der Rolling Clinic in abgelegenen Gebieten helfen

In Calapan angekommen, wurde ich auf die Nordtour eingeteilt. Das bedeutet 3x 10 Tage Rolling Clinic , auf der ersten und dritten Tour mit je sieben Tagen Aufenthalt in Soccorro, einer Außenstation. Diese ist den besuchten Dörfern näher gelegen und verkürzt somit die Anfahrzeit um etwa anderthalb Stunden. Die Unterkunft ist aber um einiges bescheidener als im Staffhouse in Calapan, insbesondere fehlen Einzelzimmer. Bei unserer Ankunft musste der durch Schmutz und verstellte Möbel misslich wirkende Gemeinschaftsraum vom Personal zuerst mühsam ausgekehrt werden.

Knochentuberkulose

Eindeutige Anzeichen einer Knochentuberkulose

Ich staunte aber nicht schlecht, wie durch den Putz, das Umstellen von Schrankwänden und Kajütenbetten und das Aufspannen von Tüchern innerhalb von zwei Stunden ein ganz akzeptabler Schlaf- und Essraum entstand.  Das gleiche Procedere wiederholte sich natürlich drei Wochen später beim zweiten Aufenthalt in Soccorro. Die morgendlichen Anfahrten mit dem Ford Explorer in die Dörfer der Mangyans sind inzwischen ja schon legendär. Zunächst auf dem asphaltierten Nautical Highway gen Norden oder gen Süden, bis plötzlich scharf links oder rechts auf die Schotterstrasse abgebogen wird. Näher an und in den Bergen wird es dann ruppiger, geht es zum Teil durch Bäche und an Hangrutschungen vorbei.

Hilfe für die Ureinwohner der Philippinen

Seit Taifun Nona vom Dezember 2015 können gewisse Dörfer der Mangyans auch gar nicht mehr angefahren werden, weil riesige, durch die Flüsse herangebrachte Geröllmassen ein Durchkommen verhindern. Entsprechend wurden gewisse Zielorte geändert oder die Patienten müssen einen größeren Fußweg auf sich nehmen, um uns auf der anderen Seite des Flusses zu erreichen. Für Gemüt und Auge des German Doctors berauschend ist aber die herrliche Berglandschaft mit intensivem Grün in verschiedensten Tönen, einer üppigen Flora von Bananenstauden über Palmen bis Urwaldriesen, den schönen Tälern mit den friedlich grasenden Carabaos.

Hütte auf Mindoro

Eine der Behausungen auf Mindoro

Die Dörfer unterscheiden sich, bedingt durch verschiedene Umstände: Die geographische Lage am Übergang vom Flachland zu den Bergen oder in der Tiefe der Berge. Die Zugehörigkeit zu einem der acht unterschiedlichen Mangyanstämme, die auch verschiedene Sprachen sprechen. Bemerkbar machen sich in gewissen Dörfern auch Versuche von staatlichen oder NGO-Projekten, die mit mehr oder weniger Erfolg operieren. Erfreulich sind die zunehmend neu erstellten Health-Center, Kindergärten (Day-Care), Schutzräume (Evacuationcenter). Man gewinnt den Eindruck, dass die Regierung einige Projekte für die Ureinwohner der Philippinen in die Wege geleitet hat, dass aber der anschliessende Unterhalt ein noch nicht bewältigtes Problem ist. Im Dorf angekommen, wird unser Team auch ganz unterschiedlich empfangen. Manchmal wird man von einem aktiven Health Worker freudig begrüßt, die dann auch Hilfe zum Bereitstellen der nötigen Räume und Entladen des Materials herbeirufen. Manchmal sind aber gerade durch Sauberkeit und Größe verlockende Räume wie Kirchen oder Schulräume nicht verfügbar, weil abgeschlossen oder zuständige Person nicht anwesend.

Ureinwohner der Philippinen

Die Ureinwohner der Philippinen leben sehr einfach

Als German Doctor, der nur sechs Wochen im Land ist, hat man ja in vielen Dingen nicht den Durchblick. Zu komplex sind wahrscheinlich viele Geschichten und Zusammenhänge, zu eingespielt viele Abläufe und Kooperationen, nicht zu vergessen die andersartigen kulturellen Gegebenheiten. Hier müssen wir auf unsere  lokalen Mitarbeiterinnen vertrauen, die ihr Volk und die Geschichte auch unserer Organisation vor Ort besser kennen.

Medizinische Schulung

Aufmerksam wird den Anweisungen des Teams gelauscht

Gekommen sind wir ja nicht als Weltverbesserer, sondern als Ärzte für unsere Patienten, die Mangyans. Für viele von Ihnen stellt die Hilfe der German Doctors die einzige Möglichkeit einer medizinischen Versorgung dar. Sie kommen gratis in den Genuss der Konsultationen und Medikamente, und auch für die von uns hospitalisierten Mitglieder der Mangyanstämme werden die im Krankenhaus abgegebenen Medikamente von den German Doctors bezahlt. Immer noch haben viele Mangyans – wie auch andere Ureinwohner der Philippinen – aus verschiedenen Gründen die Tendenz, den Arzt sehr spät aufzusuchen. Dies auch zum Leidwesen unseres Teams, welches in Anbetracht der fortgeschrittenen Fälle jeweils mitleidet. Mehrmonatig fistulierende Knochenentzündungen, tuberkulöse Prozesse an Hals und Wirbel, Gehunfähigkeiten wegen Knochenbrüchen oder neurologischen Leiden rufen nach unserem Einsatz und machen ihn sinnvoll.

Frühsport auf Mindoro

Fit bleiben mit Frühsport auf Mindoro

Oftmals nur begrenzte Behandlungsmöglichkeiten

Auch wenn bei speziellen Missbildungen, Herz- oder Nervenleiden nicht viele Behandlungsmöglichkeiten offen stehen, können wir doch sehr gut helfen bei Haut- und Augeninfektionen, der Tuberkulose, chronischen Leiden wie Diabetes, Bluthochdruck und Schilddrüsenleiden, Unfällen. Oder wir können zumindest weitergehende Abklärungen und Behandlungen im Krankenhaus in Calapan anregen und organisieren. Zudem garantieren wir auch die postoperative Nachsorge von Patienten, welche durch phasenweise im Land tätige Chirugenteams operiert wurden.

Säugling im Arm

Ein Vater mit seinem kranken Baby

Obwohl die Einkaufmalls, die großen Tankstellen und das immer bessere Straßennetz eine gewisse Verbesserung des Lebensstandards einer vermögenden Bevölkerungsschicht andeuten, und obwohl die Regierung der Philippinen einige Fortschritte in der Bekämpfung von Armut, Krankheit und Kindersterblichkeit macht, bleibt uns bei unserer Tätigkeit die ausgeprägte Armut großer Bevölkerungsschichten vor Augen.B is auch in den Philippinen ein gewisser Ausgleich zwischen Arm und Reich geschafften werden kann, brauchen die Menschen, vor allem die der Mangyanstämme nach wie vor die Hilfe von den German Doctors!