Werde ich diese Krankheit überleben?

Die Geschichte von Asia – aufgeschrieben von Langzeitarzt Dr. Tobias Vogt aus Kalkutta

Langzeitarzt Dr. Tobias Vogt, der seit vielen Jahren in Kalkutta arbeitet und unsere dortige Tuberkulose-Klinik leitet, verbringt viel Zeit mit seinen Patienten. Er führt zahlreiche Gespräche, versetzt sich in sie hinein und schreibt deren Geschichte auf, so dass auf dem Blog nun auch unsere Patienten ihr Schicksal schildern. Heute erzählt Asia davon, wie sie mit ihrer Erkrankung umgeht und wie die German Doctors ihr dabei helfen:

Ich bin Asia, 16 Jahre alt und jetzt schon seit acht Monaten in stationärer Behandlung in einer Tuberkulose-Klinik der German Doctors. In diesem Krankenhaus scheinen alle dieselbe Krankheit wie ich zu haben, denn alle haben ähnlichen Husten und oft Fieber. Unsere Krankheitsgeschichten ähneln einander oft verblüffend. Darüberhinaus tragen hier alle Mundschutz.

Ein Aufenthalt in der Tuberkulose-Klinik dauert oft Monate

Unsere Tuberkulose-Klinik

In unserer Tuberkulose-Klinik teilen viele Frauen das Schicksal von Asia

Vor meiner stationären Aufnahme hier und in den ersten Wochen im Krankenhaus ging es mir ziemlich schlecht, und ich habe mir fast die Lungen aus dem Körper gehustet. Ich wurde in einem Einzelzimmer untergebracht, obwohl wir Inder ja eigentlich ganz gern als Gruppe zusammen sind. Alle, die in mein Zimmer hereingekommen sind, hatten einen Mundschutz an, und ich durfte nur mit Mundschutz auf den Flur, auf eine Dachterrasse und in den Garten. Aber um in den Garten zu gehen, war ich damals viel zu schwach. Wir waren mit sechs Jugendlichen und Frauen auf unserem Flur, alle in Einzelzimmern und mit Mundschutz. Man weiß gar nicht, wie die Krankenschwestern und Ärzte wirklich aussehen, weil wir ihre Gesichter immer nur verdeckt sehen.

Nach ein paar Wochen hier wurden meine Medikamente einmal total umgestellt, weil die Ärzte nicht zufrieden waren mit meiner Heilung. Seitdem bekomme ich diese ekelhaft schmerzhafte Spritze jeden Tag in den Oberarmmuskel, und das schon seit Monaten. Diese Spritze bereitet einem den ganzen Tag lang Schmerzen. Dann kamen ein paar Monate, in denen es mir besser ging. Ich kam auf eine andere Station mit vielleicht 20 anderen Frauen. Dort ist mehr los und man findet leichter Freunde. Aber der weiße Arzt war nie richtig glücklich mit mir. „Warum isst du so wenig?“, hat er mich mindestens 25-mal gefragt. Aber da ist etwas in mir, dass mir jeden Appetit nimmt. Es ist mir unmöglich, derzeit mehr zu essen – alles sträubt sich dagegen.

Die Krankheit macht einsam

Gestern sagte mir der Arzt: „Du musst wieder zurück ins Einzelzimmer. Es sind zu viele Bakterien in deiner letzten Auswurfprobe gewesen.“ Das war natürlich ein Schlag für mich. Was heißt das jetzt? Werde ich diese Krankheit überhaupt überleben? Während meiner acht Monate hier in der Tuberkulose-Klinik sind schon vier Frauen gestorben, darunter auch welche in meinem Alter. Und selbst wenn alles gut wird, mit welchem Zeitraum der stationären Behandlung muss ich denn noch rechnen? Ich bekomme nicht viel Besuch von meiner Familie. Meine Mutter hatte vor einigen Jahren einen Schlaganfall und kann nur noch liegen. Mein Vater und meine große Schwester müssen arbeiten und den Haushalt führen. Sie kommen mich sporadisch besuchen. Zum Glück darf ich vom Krankenhaustelefon aus kostenlos nach Hause telefonieren, wenn ich darum frage.

Mitarbeiter Tuberkulose-Klinik

Ein erfahrenes Team kümmert sich um die kranken Frauen

Manchmal bin ich etwas schwermütig. Andere Jugendliche in meinem Alter haben ein besseres Leben. Aber ich habe hier auch gute Freundinnen gefunden. Viele Mädchen und Jugendliche hier haben Ähnliches durchgemacht wie ich. Sie verstehen mich sofort, wenn ich wieder mal einen schweren Hustenanfall habe. Die Schwestern und Ärzte kümmern sich auch ganz nett um mich. In diesem Krankenhaus gibt es eine Lehrerin, sie bringt mir Lesen und Schreiben bei. Wenn ich mich gut fühle, arbeite ich mit ihr, aber nicht jeden Tag. Wenn wir in den Einzelzimmern sind, bekommen wir einmal in der Woche ein halbes Hähnchen; das kommt immer gut an. Man soll nie aufgeben.