Der angeborene Herzfehler schwächt mein Kind

Das schwere Schicksal von Laxmi und Sanjoy – aufgeschrieben von Langzeitarzt Dr. Tobias Vogt aus Kalkutta

Ich heiße Laxmi und werde seit sechs Monaten in einem Krankenhaus behandelt, in dem es viele arme Leute so wie mich gibt. Die meisten haben lang andauernden Husten. Mein sechsjähriger Sohn Sanjoy ist mit mir hier, auch schon seit sechs Monaten. Sonst leben mein Sohn und ich unter einer Brücke in Kalkutta. Dort lebt eine ganze Reihe von Familien. Wir haben da etwa 3 m². Es ist alles sehr primitiv und dreckig dort, aber die Nachbarschaft hält eigentlich ganz gut zusammen. Nur ab und zu gibt es mal heftigen Streit; da halte ich mich immer heraus. Seit dem Tod meines Mannes ist es mit uns bergab gegangen. Ich habe zwar noch entfernte Verwandte weit draußen auf dem Land, aber die wollten nach dem Tod meines Mannes keine zusätzlichen Kostgänger. Schlussendlich landeten wir unter der Brücke, und ich habe eine Putzstelle bei besser gestellten Leuten gefunden. Irgendwann fing es dann mit meinem Dauerhusten an. Der hat mich viel Kraft gekostet. In unserer Hüttensiedlung unter der Brücke hustete eine alte Frau schon sehr lange. Ob ich mich bei ihr angesteckt habe? Inzwischen habe ich gehört, dass sie gestorben ist. Irgendwann fing dann auch mein Sohn an zu husten, und er wurde kurzatmig. Er war immer schmächtig, aber dann aß er kaum noch etwas.

Der angeborene Herzfehler von Sanjoy muss behandelt werden

Als es immer schlimmer wurde, habe ich Angst bekommen. Es gibt hier eine Stelle, wo Ärzte kostenlos arbeiten. Die Leute nennen es Girja-Hospital. Girja heißt in unserer Sprache Kirche. Da ist zwar keine Kirche, aber die Ärzte sind weiß, also sind sie ja wahrscheinlich Christen. Keiner weiß, woher sie kommen, aber man bekommt dort kostenlos Medikamente. Also bin ich dahin gegangen. An diesem Tag habe ich noch nicht geahnt, dass wir die nächsten sechs Monate zusammen im Tuberkulose-Krankenhaus verbringen würden. In diesem Krankenhaus sind wir zu rund 45 Frauen, und einige haben noch ihre Kinder dabei. Ich habe einige wenige Freundinnen hier gefunden. Ich gehöre aber nicht zu den großen Rednerinnen. Mein Sohn und ich haben beide viele Medikamente bekommen. Es ist inzwischen mit uns wieder besser geworden. Ich habe hier immerhin 10 Kg an Gewicht zugenommen und bin immer noch schlank. Mein Sohn Sanjoy ist mager geblieben.

Eines Tages kam der lange weiße Arzt und sagte zu mir: „Ihr Sohn hat auch ein Problem mit dem Herzen. Wir müssen noch ein großes Foto vom Herzen machen.“ Also sind wir in eine sehr neumodische Klinik gebracht worden, und da hat ein Gerät gestanden, mit dem ein guter Arzt ein Foto vom Herz meines Sohnes gemacht hat. Am Ende sagte er: „Ja, da stimmt etwas nicht, und zwar bereits seit seiner Geburt. Es ist der angeborene Herzfehler, der ihren Sohn zusätzlich schwächt.“ Jetzt, wo die Tuberkulose-Therapie läuft, können wir da nichts machen. Aber wenn die Therapie zu Ende ist, muss ihr Sohn dringend noch am Herzen operiert werden. Sonst bleibt er immer schwächlich und kurzatmig.

Mein Kind braucht dringend eine Herz-OP

Inzwischen ist die Tuberkulose-Therapie meines Sohnes abgeschlossen, und jetzt geht es in die Vorbereitung der Herzoperation. Noch einmal waren wir in diesem Krankenhaus, und zwei verschiedene Ärzte haben meinen Sohn untersucht. Im nächsten Monat hat er einen Termin zur Operation. Diese Operation wird sehr teuer, aber der Staat und die German Doctors werden es meinem Sohn ermöglichen. Die Krankenhauschefin hier, eine liebe bengalische Frau namens Monika, hat uns auch schon mehrfach darauf angesprochen, was nach der Entlassung werden soll. Wir sollten doch mal versuchen, Kontakt mit der Verwandtschaft auf dem Land aufzunehmen, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, dort zu leben und nicht unter der Brücke. Aber weil die Verwandten weit weg wohnen und ich lange Zeit noch etwas schwächlich war, sind wir noch nicht dorthin gefahren. Nun wird es Zeit, einmal dorthin zu reisen und herauszufinden, wo wir bleiben können. „Wenn alle Stricke reißen würden“, so hat mir die Krankenhauschefin gesagt, „müssten wir euch ein kleines, sehr einfaches Holzhäuschen bauen, damit ihr wenigstens von der Brücke wegkommt.“ Aber derzeit denke ich vor allem mal über die Operation meines Sohnes nach. Der angeborene Herzfehler meines Sohnes macht mir große Angst. Hoffentlich geht alles gut!