Einige Patienten vergisst man nicht…

Diagnose: Lungentuberkulose – Einsatzärztin Dr. Nina Elsner berichtet vom Schicksal der kleinen Jasmen

Im German Doctors-Hospital in Buda finden sich jeden Morgen bereits bei Sonnenaufgang die ersten Patienten ein. Solange es sich nicht um einen akuten Notfall handelt, werden sie erst einmal registriert, bekommen ihre „Orange Card“, werden gemessen und gewogen, die Temperatur und der Blutdruck wird dokumentiert und der Impfstatus überprüft. Dann dürfen die Patienten auf unseren Wartebänken platznehmen und hören bis zum Eintreffen der Ärzte einen kurzen Vortrag von einer Krankenschwester/Pfleger oder Hebamme. Häufige Themen sind hier Hygiene, Maßnahmen bei akutem Durchfall, Prävention von Unterernährung bei kleinen Kindern, Familienplanung, Infektionsschutz oder Lungentuberkulose.

German Doctors Philippinen

In Buda behandeln wir viele Kinder

Während die ersten Patienten sich bereits im Wartebereich einfinden, sind die drei deutschen Ärzte noch mit der Visite der 30-50 stationären Patienten beschäftigt. Alle müssen untersucht, die Medikation überprüft und weitere Untersuchungen geplant werden. Mütter mit Neugeborenen warten auf ihre erste kinderärztliche Vorsorgeuntersuchung und die Entlassungspapiere. Auch im Malnutrition Ward ist häufig viel los, denn immer wieder müssen schwerst unterernährte Kinder mit Komplikationen hier behandelt werden.

Kleine Patientin mit Lungentuberkulose

Kleine Patientin mit Lungentuberkulose

Ein kleines Mädchen namens Jasmen sorgte hier während meines letzten Einsatzes über Wochen täglich für besorgte Unruhe unter uns Ärzten. Die Aufnahmediagnose lautete „Unterernährung mit Lungenentzündung“, die Therapie mit Antibiotika und hochkalorischer Ernährung wurde umgehend nach Protokoll begonnen. Aber bei dieser kleinen Patientin schien sie nicht anzuschlagen. Das Mädchen saß jeden Morgen bei der Visite mit traurigem Blick und regungslos in ihrem Bett, das Fieber stieg immer wieder über 40°C an und sie hatte starken Husten, teilweise mit Auswurf. Kontakt zu an Tuberkulose erkrankten Menschen verneinten die Eltern, sie selbst wiesen auch keinerlei Symptome auf. Da die diagnostischen Möglichkeiten in Buda sehr begrenzt sind, konnten wir das Kind erst über eine Woche später mit einem Fahrzeug zum Röngten in eine etwa zwei Fahrstunden entfernte Stadt schicken.

Das Krankenhaus-Team ist hoch motiviert

Das Krankenhaus-Team ist hoch motiviert

Die Röntgenaufnahme bestätigte unseren Verdacht: Das Mädchen litt an Lungentuberkulose, wahrscheinlich war auch das Bauchfell mit betroffen. Bereits drei Tage nach Beginn der Tuberkulose-Therapie war das Fieber verschwunden, der Appetit kehrte zurück, Jasmen konnte entlassen werden. Zwei Wochen später kam sie bereits deutlich gebessert zum Follow-Up in meine Sprechstunde, diesmal begleitet von ihrer Tante und deren Säugling. Und da wurde plötzlich auch der Infektionsweg klar. Die Tante hatte mehrere heftig geschwollene Halslymphknoten und die TB-typischen Hautnarben, war jedoch selbst noch nicht beim Arzt gewesen und hatte keine Ahnung, dass auch dies Symptome einer Lungentuberkulose sein könnten. Ich leitete sie an meinen philippinischen Kollegen Doctor Velasco weiter, der sich um alle Tuberkulose-Patienten kümmert. Jetzt konnte die ganze Familie untersucht und hoffentlich erfolgreich behandelt werden. Dazu sind wir natürlich auf Hilfe angewiesen – und es gibt soviele Wege, wie man sinnvoll spenden kann…

Patienten mit Lungentuberkulose

Auch die kleinsten Patienten üben sich in Geduld

Neben unseren Schwerpunkten Geburtshilfe und Behandlung von (unterernährten) Kindern sah ich in Buda dieses Mal auch immer mehr Opfer von Verkehrsunfällen mit teils schweren Verletzungen, welche wir im Emergency Room mehr oder weniger notdürftig versorgen und dann in eine größere Klinik mit Chirurgie weiterleiten mussten. Außerdem sorgte ein Masern-Ausbruch in der Region immer wieder für stationäre Aufnahmen von schwerkranken Kindern. An einem normalen Arbeitstag sah ich meist ca. 60 Kinder in der Ambulanz, nahm davon durchschnittlich 5-8 stationär auf und hatte auf der Station ca. 35 Kinder zu betreuen. Trotz dieser großen Anzahl an Patienten werde ich einige nie wieder vergessen. Wie zum Beispiel die kleine Jasmen, deren Lungentuberkulose wir heilen konnten…