6 Wochen ehrenamtlich im Einsatz
Woche 1, Montag:
Der erste Arbeitstag in der Ambulanz
Meine erste Sprechstunde in der Fanaka-Ambulanz in Athi River. Eine Industriestadt mit vielen Zementfabriken, Bergbau, Stahlproduktion. Hier zieht es nur Menschen hin, die Arbeit suchen, aber die wenigsten haben Erfolg. Viele meiner Patientinnen und Patienten husten, leiden unter Rückenschmerzen. Ein Mädchen schildert mir ihre Atembeschwerden, die sie seit einem schweren Sturz hat. Zuvor war sie in ihrer Not bereits bei einem sogenannten „Apotheker“ gewesen, der ihr zur Behandlung acht Medikamente gab, darunter drei Antibiotika und ein Malaria-Theraputikum. Nach gründlicher Untersuchung erkläre ich ihr, dass sie nur eine schmerzhafte Prellung habe und das Schmerzmittel dafür ausreiche. Erleichtert und strahlend verlässt sie die Ambulanz.
Woche 2, Dienstag:
Hausbesuche im Slum
Aus Filmen und von Bildern ist mir alles bekannt, aber die Realität in den Slums von Athi River erschüttert mich. Wer Arbeit hat, verdient im Monat ungefähr 65 Euro, davon gehen 20 Euro für die Miete einer winzigen Wellblechhütte drauf. Es gibt öffentliche Latrinen, deren Benutzung ebenfalls kostet. Pipi: 5 Cent, großes Geschäft: 10 Cent. Bei einer großen Familie oder bei Durchfall eine kostspielige Angelegenheit. Wer nicht zahlen kann, behilft sich mit Eimern oder Pappkartons und versucht, den Inhalt irgendwo loszuwerden. Überall wird Holz zu Holzkohle verbrannt, um in der Hütte zu kochen. Hier hilft mir meine FFP2-Maske auch gegen den beißenden Geruch.
Helfen Sie mit!
Im Jahr reisen rund 200 ehrenamtliche German Doctors in Länder, in denen die Menschen keine ausreichende medizinische Versorgung bekommen. Dafür verzichten viele Einsatzärzte auf ihren Jahresurlaub. Unsere Hilfsprojekte befinden sich in Kenia, Sierra Leone, Griechenland, Indien, Bangladesch und auf den Philippinen. Für viele arme Patientinnen und Patienten sind die German Doctors die einzige Möglichkeit, einen Arzt zu konsultieren.
Jeden Tag behandeln wir insgesamt rund 1.500 Menschen. Bitte helfen Sie mit!
Woche 3, Donnerstag:
Der versteckte Hunger
Eine Mutter kommt mit ihrem Sohn in die Ambulanz. Der Kleine hat eine Verletzung und ist schnell versorgt. Unter den vielen Schichten Kleidung und Tüchern, die die Mutter trägt, bewegt es sich auf einmal. Als ich nachfrage, packt sie ihr Jüngstes aus. Hier versteckt sich der eigentliche Patient! Auf den ersten Blick ist klar, dass der Säugling viel zu wenig Gewicht hat. Auch das erlebe ich nahezu täglich. Der Hunger, sagen meine einheimischen Kollegen, ist durch die Pandemie und die Lockdowns noch viel schlimmer geworden. Ich kümmere mich darum, dass der Kleine Aufbaunahrung bekommt. Wenn die Diagnose Hunger lautet, kann unsere Therapie nur aus nahrhaftem Essen bestehen – aber auch das ist dank der Spenden aus Deutschland möglich!
Woche 4, Donnerstag:
Am Fuß von Kenias größter Müllkippe
Einmal im Monat bieten die German Doctors eine Sprechstunde im Korogocho-Slum an, und heute bin ich dabei. Das Elendsviertel liegt an und auf einer riesigen Müllkippe. Hier lebt, wer im überfüllten Großraum Nairobi gar keinen anderen Platz findet. Nach einigen Stunden wird mir von dem Gestank übel, und ich will weg. Gleich darauf schäme ich mich. Zehntausende Menschen haben vielleicht nie die Chance, dieses Elendsviertel jemals zu verlassen. Wie fast jeden Tag ist auch heute unter den Patientinnen eine junge Frau mit unbestimmten Bauchbeschwerden, die sich als Schwangerschaft herausstellen. Ich kläre auf und leite alles in die Wege, damit die werdende Mutter in der Schwangerschaft vernünftig betreut wird und dieses Kind gesund auf die Welt kommt.
Woche 6, Freitag:
Schwere Krankheiten und die Würde
Heute stellt sich ein Mann mit einer Schwellung am Hals vor. Als ich ihn bitte, sich auszuziehen, ist sein Körper bereits übersät mit Lymphomen – eines davon tennisballgroß. Seit einem halben Jahr leidet er, weiß nicht, wo er sich Hilfe holen soll. Ich stelle die Diagnose, und wir verweisen ihn an ein Krankenhaus, von dem wir wissen, dass dort eine Behandlung möglich ist. Am Ende meiner Zeit hier in Athi River bin ich froh darüber, wie vielen Menschen ich helfen konnte.Auch wird mir klar, dass der Arztbesuch für viele bedeutet, als Mensch an- und wahrgenommen zu werden und die eigene Würde zu spüren.
Ihre Hilfe wirkt
German Doctors e.V. – unser Name ist Programm! Wir entsenden Ärztinnen und Ärzte zu ehrenamtlichen, sechswöchigen Hilfseinsätzen, vorwiegend in Länder des Globalen Südens. In den Slums von Millionenstädten, ländlichen Armutsregionen, Flüchtlingsunterkünften und auf einem zivilen Seenotrettungsschiff versorgen wir extrem bedürftige Menschen basismedizinisch.
Zudem bilden wir lokale Gesundheitskräfte aus, um die medizinische Versorgung vor Ort nachhaltig zu stärken. Seit Gründung des Vereins im Jahr 1983 leisteten fast 4.000 German Doctors rund 7.900 Einsätze in 14 verschiedenen Ländern. Das ist gleichbedeutend mit rund 13 Millionen Patientenkontakten!