Als Arzt bei den Mangyans
Ein Bericht von Dr. Horst Eisold über seinen Einsatz in Manila und auf Mindoro
Die Hilfe der German Doctors auf den Philippinen in Manila und auf der Insel Mindoro erfolgt vor dem Hintergrund, dass ein großer Teil der ca. 4 Millionen Slumbewohner von Manila und die etwa 200.000 Mangyans, die indigene Bevölkerung der Insel Mindoro, sich keinen Arztbesuch und die damit verbundenen Kosten für Diagnostik und Therapie leisten können. Und das obwohl die entsprechenden Fachärzte und Krankenhäuser vorhanden sind – diese müssen aber von den Patienten selbst bezahlt werden. Dieses Geld ist nicht vorhanden, so dass die arme Bevölkerung nicht von der ärztlichen Versorgung erreicht wird. Die Gesundheitssituation auf den Philippinen stellt sich wie folgt dar:
- Lungenentzündungen, Tuberkulose, Unterernährung und Durchfallerkrankungen sind die häufigsten Todesursachen.
- Jährlich sterben 110.000 Philippinos an Tuberkulose.
- Viele Säuglinge sterben im ersten Lebensjahr.
- Zahlreiche Kinder sterben vor dem 5. Geburtstag. Meist an Infekten der Atemwege, Durchfallerkrankungen oder Unterernährung (Angaben der WHO).
- Die Sterblichkeit unter den Kindern der Armen ist dreimal so hoch wie unter den Reichen.
Diese Erkrankungen, die zu den häufigsten Todesursachen führen, können aber besonders gut durch basismedizinische Versorgung behandelt und beherrscht werden.
Der Einsatz erfolgt einerseits im Health Care Development Center (HCDC), dem Zentrum der German Doctors in Bagong Silang, und andererseits in den Slumvororten der Stadt, wobei die Sprechstunde in Kirchen, Schulen, Kindergärten und anderen öffentlichen Einrichtungen erfolgt. Die Patienten sind in der Regel sehr dankbar, dass man sie medizinisch versorgt. Hier sieht man v.a. bakterielle Hauterkrankungen wie Pyodermien, Skabies, Lausbefall, Tinea corporis und bronchopulmonale Erkrankungen. Der „schlimmste“ Vorort ist Payatas, der Müllberg von Manila, wo täglich mehrere tausend Tonnen Müll angeliefert werden, die von den Männern nach Verwertbarem wie Plastik, Glas, Kabel u.ä. durchsucht werden, so dass sie 1-3 US-Dollar pro Tag verdienen, wovon die Familie ernährt werden muss. In Payatas stinkt es nach Müll und man darf bei dem Einsatz nicht zimperlich sein.
Angenehmer ist der Einsatz auf der etwa 200 km südlich von Manila liegenden Insel Mindoro, wo die German Doctors zwei Einsatzzentren haben, eines im Norden in Calapan und eines im Süden in Mansalay. Von diesen Zentren fährt man mit der Rolling Clinic in die etwa 42 Dörfer der Mangyans, die die eigentlichen Ureinwohner der Insel sind. Sie lebten früher an den Küsten vom Fischfang, heute aber haben sie sich in die Berge zurückgezogen und leben dort unter nahezu mittelalterlichen Bedingungen, meist ohne Strom und fließend Wasser. Obwohl sie so arm sind, sind sie oft fröhlich und leben im Familienverband in ihren Dörfern, so dass man von der fröhlichen Art viel für sich selbst lernen kann.
Die Fahrt in die Dörfer ist oft malerisch aber anstrengend, denn die Wege sind oft nur Feldwege mit Steinen, so dass man durcheinander geschüttelt wird. Manchmal gibt es auch gar keine Straßen und man fährt in Flussbetten in die Dörfer. Es kommt auch vor, dass man steckenbleibt und dann zu Fuß weitergehen muss.
Traurig sind oft unterernährte Kinder, die nur aus Haut und Knochen bestehen oder Patienten, die über „Hunger Pain“ klagen. Ein zwölfjähriges tuberkulosekrankes Mädchen war so schwach, dass sie nicht mehr selbst stehen und gehen konnte. Ein dreijähriges Kind hatte eine Anämie mit einem Hb von 2,8 g% und ein 13 Monate altes Mädchen mit Zyanose und einem Systolikum hatte wohl eine Fallotsche Tetralogie. Ein dreijähriger Bub mit einer ausgeprägten Pneumonie wurde mit Sauerstoffgabe versorgt. Ob er es überlebt hat? Leider erfährt man oft nicht, wie es den Patienten weiter ergeht, denn ein einmal besuchtes Dorf der Mangyans wird erst in vier Wochen wieder von einem German Doctors-Team besucht und da ist man als Arzt oft schon wieder in Deutschland.
Was mich auch noch besonders beeindruckt hat, ist, wie fürsorglich die Mangyans ihre Angehörigen im Krankenhaus versorgen, denn die Mahlzeiten z.B. werden nicht vom Krankenhaus geliefert, sondern müssen von den Angehörigen bereitet werden. Ich habe eine Mutter erlebt, die neben ihrem bewusstlosen, schwerkranken Sohn am Kopfende des Sohnes saß und ihm dauernd den Schweiß von Kopf und Körper wischte – ein Bild, das mich tief berührt hat.
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