Erster Einsatz in Nairobi
Ein Bericht von Dr. Reinhild Allhoff über ihren Einsatz in Nairobi/Kenia
Zur Vorbereitungslektüre für diesen lang erhofften Einsatz gehörte auch ein vor Jahren auf einem Seminar erworbenes Buch unseres Kollegen Dr. Eike Uhlich: „Briefe aus zwei Welten“, welches in wunderbarer Sprache seine Erfahrungen im Baraka Health Center in Nairobi vor vierzehn Jahren beschreibt.
Vieles hat sich geändert, einiges ist geblieben. Zum Beispiel Feeding Rose,die Mutter und Seele des Ernährungprojektes.
Die neue Wohnung der Ärzte liegt jetzt erstaunlicherweise auch zwischen zwei Welten. Der Bungalow befindet sich auf dem Gelände des mit einem bewässerten Park umgebenen Utalii Hotels, mit Schwimmbad und Tennisplatz. Vom Garten geht der Blick hinunter ins Tal der Wellblechhütten, in welchem geschätzte fünfhunderttausend Menschen ohne Wasserversorgung leben.
Mein Empfang in Nairobi war gelungen. In klarer Morgensonne finde ich den Fahrer Ben mit seinem Schild am Flughafen. In der Wohnung haben die anwesenden Kollegen den Frühstückstisch gedeckt, und eine Einladung zu einem Besuch auf Pater Peter Meisenbergs Farm im Süden von Nairobi auf dem Sonntagsprogramm.
Die ersten Tage in der Ambulanz sind erwartungsgemäß anstrengend. In den Wartehallen und draußen drängen sich um die dreihundert bis fünfhundert, zum Teil von weit angereiste Patienten. Die Zeit vergeht im Fluge bis die Gesichter der engsten Mitarbeiter vertraut sind und die vielen Gässchen und Flure auch. Da hilft mir jetzt mein Tagebuch beim Sortieren der vielen Eindrücke sehr.
Viel Aufregung und anfängliche Unsicherheit wird aufgefangen durch die gute Zusammenarbeit im gesamten Team der Kollegen, Übersetzerinnen, KrankenpflegerInnen und SozialarbeiterInnen. Ich habe es gut angetroffen. Dr. Friederike, ein „alter Hase“ im Projekt Baraka, sitzt im Nachbarzimmer und führt mich ein. Da sie gut Kisuaheli spricht, ist der Kontakt zu den Patienten unmittelbar und macht Mut, die Sprache zu lernen. Die Übersetzerinnen machen gerne mit. Jane Rose war eine besonders gute und fröhliche Lehrerin. Die Fröhlichkeit der Mitarbeiter im Projekt hat mich vom ersten Tag an fasziniert und fasziniert bin ich geblieben auch von Ihrer Geduld und Ausdauer an langen Arbeitstagen.
Einige Begegnungen haben mich besonders betroffen gemacht. So z.B. die mit einer jungen Frau, von weit angereist wegen Fieber und Durchfall. Auch Ihr kleiner Sohn ist krank. Sie ist sehr dünn, schlicht gekleidet und trägt das Baby unter einem Schal. Die weite Reise hat sie angetreten, auf ärztliche Untersuchung und Verständnis hoffend. Die Blutergebisse zeigen eine hochaktive Malaria und ernsthafte Anämie, auch des Kindes. Die Behandlung erfolgt sofort unter Anleitung und Kontrolle der Apotheke, da sie einige Tage dauert, wohnen beide Patienten bei „Verwandten“ im Slum.
Ein alter Mann, mit seinem besten Anzug – ein wenig geflickt – gekleidet ist nach der Untersuchung seiner Hautekzeme und Beratung so dankbar, dass ihm die Tränen nur so von den Wangen rollen.“He is very content and now we are too!” lacht Jane Rose und drückt ihm die Hand.
Vor diesem Einsatz in Nairobi habe ich das klinische Bild der Aidserkrankung nur selten sehen können. Durch die gute Zusammenarbeit mit den Kollegen konnte ich in diesen Wochen viel über Symptomatik und Therapie dieser Krankheit lernen, besonders die unterschiedlichen Erscheinugsformen der opportunistischen Infektionen und Hautkrebserkrankungen. Das HIV-Programm hier in Kenia habe ich als vorbildlich organisiert erlebt. Ein positiv getesteter Patient wird sofort zur Beratungsstelle der Continuous Care Clinik begleitet und persönlich vorgestellt.
Welch große Verantwortung die Berater im Projekt tragen, konnte ich an einem jungen Patienten erfahren. Er kam wegen Husten, von weit angereist. Nach positiver Testung wurde er zu Benjamin geführt, ihm war er schon bekannt. Das bedeutet, der junge Patient hatte sich aus dem Staub gemacht. Kein Vorwurf, keine Ermahnung, sondern freundliche, ernste Begrüßung und Beginn einer eindringlichen Beratung.
Eine junge Mutter wurde in mein Zimmer mehr getragen als gestützt. Sie ist nach Testung positiv, auch bereits bekannt. Die untergewichtige Patientin kann nicht mehr trinken. Sie muss in ein Hospital. Bis ein Klinikbett gesichert, Überweisung und Transport angelaufen sind, vergehen trotz großer Bemühungen Stunden. An diesem Tag regnete es so unaufhörlich, dass wir am Abend selbst mit einem Ambulanzwagen nach Hause fahren mussten. Das Wasser lief durch die Lüftung auf unsere Köpfe.
Enden will ich mit einem aufrichtigen Dank an alle Mitarbeiter und besonders an Jane Rose, meine fröhliche Übersetzerin. Der Widmung Eike Uhlichs schließe ich mich gerne an: Vergeßt die vielen Frauen nicht.
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