Die Wasserversorgung in Afrika
Mehr als ein Drittel der afrikanischen Länder haben keinen sicheren Zugang zu Wasser. Oder anders ausgedrückt: Knapp einer halben Milliarde Menschen in Afrika fehlt der Zugang zu Wasser. Das teilte das UN-Institut für Wasser, Umwelt und Gesundheit (UNI-INWEH) am Weltwasserforum 2022 mit.
Laut UNICEF betrifft der fehlende Zugang zu sauberem Trinkwasser vor allem die Kleinsten unter uns: Rund 190 Millionen Kinder in zehn afrikanischen Staaten leiden unter fehlendem Wasserzugang. Sie haben keine andere Wahl, als schmutziges Trinkwasser zu trinken. Insbesondere für Kinder unter fünf Jahren und ältere Menschen besteht eine große Gefahr, aus Mangel an sauberem Trinkwasser zu dehydrieren.
Es gibt genug Wasser, aber es wird zu wenig genutzt
Während in anderen Teilen der Welt zu viel Wasser entnommen wird (zum Beispiel in Asien) oder das Grundwasser durch die Landwirtschaft zu stark verschmutzt wird (zum Beispiel in Europa), liegt das Problem in Afrika vor allem an der fehlenden Nutzung des vorhandenen Wassers: Laut dem UN-Weltwasserbericht 2022 sind beispielsweise nur drei Prozent der Ackerflächen in Ländern südlich der Sahara, wie auch in unserem Projektland Sierra Leone, mit Bewässerungssystemen ausgestattet und nur fünf Prozent davon nutzen Grundwasser.
Was der Bericht auch zeigt: Mit der Förderung, Aufbereitung und Nutzung des vorhandenen Grundwassers würde die Bevölkerung einen grundlegenden Zugang zu sauberem Wasser erhalten. Damit würde eine Ursache für zahlreiche Krankheiten bekämpft werden. Die Erschließung des Grundwassers könnte zudem zur positiven Entwicklung der Wirtschaft in Afrika beitragen, indem landwirtschaftliche Erträge und die Vielfalt der Anbaukultur erhöht werden – und genau das hätte einen direkten Einfluss auf die Gesundheit der Bevölkerung.
Ungleiche Verteilung der Wasserressourcen
Vor allem in ländlichen Regionen Afrikas fehlt der Zugang zu Wasser. Die Menschen müssen durchschnittlich 6 Kilometer laufen, um überhaupt an Wasser zu gelangen – oft ist dieses Wasser nicht einmal sauber.
In den meisten Familien sind Frauen und Kinder verantwortlich für das Wasserholen. Sie besorgen kanisterweise Wasser für die gesamte Familie, zum Kochen, Baden und Trinken. Auf dem Weg sind sie starker Hitze ausgesetzt, die vor allem auf dem Rückweg – also dann, wenn sie ohnehin eine schwere Last tragen – zusätzlich belastet.
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Darum ist die Wassersicherheit in vielen Regionen Afrikas so schlecht
Schlechte Wasserinfrastruktur
Gerade in ländlichen Regionen Afrikas fehlt vor allem eines: eine Trinkwasserinfrastruktur. Der UN-Wasserbericht 2024 bringt es auf den Punkt: Ein Großteil der Länder südlich der Sahara leidet unter Wasserknappheit – nicht, weil keine Wasserressourcen verfügbar sind, sondern weil eine geeignete Infrastruktur fehlt und das Wassermanagement unzureichend ist. Genau dieses Problem beobachten wir auch in unserem Projektland Sierra Leone.
In anderen Teilen Afrikas, in denen es scheint, als stünde das Wasser unbegrenzt zur Verfügung – zum Beispiel in Johannesburg – ist die Wasserinfrastruktur so marode, dass die Behörden mit notwendigen Reparaturen nicht hinterherkommen. Die Folgen: Alte Rohre brechen, Wasserspeicher sind undicht und verlieren Wasser. Erst im März 2024 gab es aufgrund der andauernden Hitzewelle und der maroden Wasserversorgung wochenlang kein Wasser in Johannesburg – der größten Republik Südafrikas.
Klimawandel
Der El Niño ist ein natürliches Wetterphänomen, das seit Jahrhunderten alle zwei bis sieben Jahre auftritt und in vielen Teilen der Welt Wetterveränderungen verursacht. Auf dem afrikanischen Kontinent trifft es unter anderem den südlichen und östlichen Teil sowie die Sahel-Region besonders stark – mit teils verheerenden Folgen für die dort lebenden Menschen.
In Ostafrika kommt es in einem El-Niño-Jahr zu häufigeren und stärkeren Regenfällen. In Kenia waren die Auswirkungen zuletzt im Mai 2024 deutlich spürbar: Schwere Überschwemmungen haben das Land verwüstet. In Kenias Hauptstadt Nairobi traf es ganz besonders die Slums Mathare Valley und Korogocho, in denen die Ambulanzen der German Doctors liegen. Der Nairobi-River ist über die Ufer getreten und hat das Hab und Gut derer weggespült, die ohnehin von Armut betroffen sind. Circa 40 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner im Mathare Valley sind seitdem obdachlos, sie haben keinen Zugang zu Nahrung oder sanitären Anlagen. Kurz nach der Flut haben wir eine Spendenaktion gestartet. Seitdem konnten wir bereits über 300 Familien mit Decken, Matratzen und Lebensmittelpaketen unterstützen. Zudem haben wir die Bevölkerung entsprechend der Bedarfsmeldung aus unserem Projekt mit Hygiene-Packs versorgt.
Im südlichen Afrika führt El Niño hingegen zu langen Dürreperioden, die die Wasserversorgung belasten und Hungerkrisen auslösen. Denn wenn das Wasser fehlt, gibt es keine Chance, Lebensmittel anzubauen. Hinzu kommen Missernten, die die Existenzgrundlage vieler Bauern zerstören.
Der Bedarf an Wasser steigt
Die Gesamtbevölkerung Afrikas hat sich laut Statista seit 1980 von 482 Millionen Menschen auf 1,43 Milliarden entwickelt – also fast verdreifacht. Und natürlich brauchen mehr Menschen mehr Wasser zum Trinken, Waschen sowie für Nahrung. Dem gegenüber steht immer noch eine kaum ausgebaute Wasserinfrastruktur.
Zunehmende Verschmutzung
Eine größer angelegte Studie zur pharmazeutischen Verschmutzung der weltweiten Flüsse zeigt neu auftretende, bedenkliche Verunreinigungen unter anderem mit Arzneimitteln, Hormonen und Industriechemie. Die am stärksten kontaminierten Standorte befanden sich in Südasien, Südamerika und auch in Afrika südlich der Sahara. In Ländern wie Sierra Leone fehlt also nicht nur eine Wasserinfrastruktur. Das vorhandene Wasser macht zusätzlich krank.
Hinzu kommt, dass die Menschen in vielen Gegenden keinen Zugang zu einfachen sanitären Einrichtungen haben – so auch in unserem Projektland Sierra Leone. Fäkalien landen deshalb oft einfach im Abwasser, das nicht aufbereitet wird und so beim Konsum schlimme gesundheitliche Folgen hat.
Die Folgen der Wasserknappheit
Schwere Krankheiten
Gerade in ländlichen Regionen, in denen die Menschen keinen direkten Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, haben sie oft keine andere Wahl, als schmutziges Wasser zu trinken und zum Kochen oder zum Baden zu nutzen. Die Folgen sind schwerwiegende Krankheiten, darunter:
- Cholera (hoch ansteckende Magen-Darm-Infektion)
- Typhus (schwere Durchfallerkrankung)
- Hepatitis A und E (Entzündung der Leber)
Hohe Kindersterblichkeit
Auch wenn die Kindersterblichkeit in Afrika in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken ist, gibt es immer noch zu viele vermeidbare Todesfälle bei Kindern und Jugendlichen. Laut den Vereinten Nationen ereignen sich die meisten dieser Todesfälle in Afrika südlich der Sahara sowie in Südasien. In Sierra Leone stirbt jedes zehnte Kind vor seinem fünften Geburtstag. Damit zählt der westafrikanische Staat zu den Ländern mit der höchsten Kindersterblichkeitsrate weltweit. Hier haben wir 2021 ein lang ersehntes Projekt gestartet.
Oft sind die Todesursachen wie Frühgeburten, Lungenentzündungen, Durchfallerkrankungen und Malaria behandelbar. Was fehlt, ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser und einfachen sanitären Einrichtungen - und vor allem eine medizinische Versorgung.
Mehr Hunger
Wasser ist Grundvoraussetzung für Ernährungssicherheit. Ist kein Wasser vorhanden oder wird nicht ausreichend für die Bewässerung der Landwirtschaft genutzt, können Lebensmittel weder angebaut werden noch wachsen. Folglich stehen weniger Lebensmittel zur Verfügung. Das Problem: Sobald die Lebensmittel knapp werden, steigen die Preise. Für viele Familien bedeutet das, dass sie sich lebensnotwendige Nahrungsmittel kaum noch leisten können und Hunger leiden müssen.
Das Problem: In Afrika sind die Nahrungsmittelpreise ohnehin in den letzten Jahren gestiegen und auch nach der COVID-19-Pandemie deutlich höher als vor der Pandemie. Laut einem Bericht von World Vision liegen neun der zehn Länder mit den höchsten Preisen für Nahrung (im Vergleich zum Durchschnittslohn) in Afrika südlich der Sahara. Der Mangel an Wasser verschärft diese bereits angespannte Situation und macht das Leben für viele Familien auch in unserer Projektregion Sierra Leone zu einem täglichen Überlebenskampf.
Keine Chance auf Bildung
Anstatt in die Schule zu gehen, müssen viele Kinder jeden Tag kilometerweit laufen, um Wasser für die Familie zu besorgen. Für viele heißt das: Wasser holen statt die Schule besuchen.
Der Weg zur nächsten Wasserstelle ist dabei nicht nur durchschnittlich sechs Kilometer weit entfernt, er findet oft auch unter extremen Wetterbedingungen statt. Für viele Kinder dreht sich der ganze Tag rund ums Wasserholen. Sie haben keine Zeit, mit ihren Geschwistern, Freundinnen und Freunden zu spielen oder die Schule zu besuchen. Und dabei ist nicht einmal gewährleistet, dass das Wasser, das sie holen, sauber und sicher ist.
Gefahr von Konflikten
Der Kampf ums Wasser ist in einigen Teilen des afrikanischen Kontinents bereits spürbar: Seit Jahren streiten und verhandeln Ägypten, Äthiopien und der Sudan um die Wasserverteilung des Nils. Der Grund ist das äthiopische Mega-Staudamm-Projekt. Es soll die äthiopische Bevölkerung mit Elektrizität versorgen, hat aber auch einen Einfluss auf die flussabwärts gelegenen Nil-Anrainerstaaten Sudan und Ägypten.
Auch die UNESCO ruft immer wieder zu mehr Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Wassernutzung auf und betont, dass die Wasserknappheit Konflikte verursachen kann. Die Entwässerung von Sumpfgebieten in der Sahelzone in Afrika habe bereits zu Streitigkeiten über den Zugang zu Wasser und fruchtbarem Land geführt, wobei die eigentliche Ursache problematische Wassererschließungsprojekte waren.
Unser Einsatz in Afrika – für eine saubere und sichere Trinkwasserversorgung
Unser Wasserprojekt in Sierra Leone
Um die Situation vor Ort zu verbessern, setzen wir in Sierra Leone ein BMZ-gefördertes WASH-Projekt zusammen mit unserem Partner RADA um – in einem Land, in dem viel zu viele Menschen keinen Zugang zu Wasser und sauberen Sanitäranlagen haben und viel zu viele Kinder infolge von schmutzigem Trinkwasser und einer fehlenden medizinischen Versorgung sterben.
Laut Angaben der Regierung haben nur 48 Prozent der Menschen in Sierra Leone Zugang zu sauberem Trinkwasser. Insbesondere im ländlichen Raum – in dem mehr als die Hälfte der Menschen leben – ist der Zugang zu einer WASH-Infrastruktur stark eingeschränkt.
Unser Wasserprojekt in Somalia
Die German Doctors setzen sich in Somalia für eine sichere Wasserversorgung ein. Im Jahr 2023 konnte ein WASH-Projekt in Binnenvertriebenenlagern in den dicht besiedelten Distrikten Belet Xaawo und Cel Waaq erfolgreich abgeschlossen werden. Aufgrund anhaltender Trockenheit und unzureichender Infrastruktur leidet die Bevölkerung dort seit langem unter akuter Wasserknappheit.
Durch die Bereitstellung einer sicheren Wasserversorgung, sanitärer Infrastruktur und Aufklärung über Hygienepraktiken konnten wasserbedingte Krankheiten reduziert und die Lebensbedingungen dieser vulnerablen Gruppe verbessert werden.
Im Kampf gegen vermeidbare Krankheiten
Der Konsum von schmutzigem Trinkwasser verursacht in Sierra Leone schwerwiegende Krankheiten, darunter auch starke Durchfallerkrankungen, vor allem Cholera und Typhus, die eine lebensnotwendige Nährstoffaufnahme verhindern und nicht selten zu einer Mangel- und Unterernährung führen.
Gegen eine hohe Kindersterblichkeit
Die Sterblichkeitsrate in Sierra Leone wird aufgrund von verunreinigtem Wasser, unsicheren sanitären Einrichtungen und mangelnder persönlicher Hygiene auf 81,3 pro 100.000 Einwohner geschätzt (Stand 2019). Eine fehlende Wasser- und Hygieneversorgung ist vor allem bei Kindern unter fünf Jahren eine häufige Todesursache. Ein Einsatz für eine sichere Trinkwasserversorgung ist damit auch ein Einsatz gegen eine hohe Kindersterblichkeit.
Advocacy-Aktivitäten
Um die Situation dauerhaft zu verbessern, müssen politische Akteure Verantwortung übernehmen und eine sichere WASH-Infrastruktur aufbauen. Nur wenn die Menschen in der Nähe ihres Zuhauses eine sicheres Wassermanagement haben, können sie gesund leben.
Wir arbeiten deshalb in unserem Projekt zusammen mit unserem Partner RADA, der all die notwendigen Advocacy-Aktivitäten vor Ort umsetzt und dafür sorgt, dass verantwortliche Politikerinnen und Politiker die Wasserinfrastruktur verbessern – so, dass auch die Menschen in ländlichen Gebieten sicher versorgt sind.
Aufklärung und Schulungen
Mit WASH-Komitees und Spargruppen sollen die Menschen in den Gemeinden lernen, worauf es in ihrer Situation ankommt und wie sie sich im Alltag vor Krankheiten schützen können. Die Gemeindemitglieder sind in WASH-Komitees organisiert, um ihre Rechte und Anliegen gegenüber Entscheidungsträgerinnen und -trägern zur Sprache bringen zu können und mehr Druck ausüben zu können.
Unterstützen Sie unser Wasserprojekt – und sorgen Sie für eine sichere Wasserversorgung
Mit einer Spende für sicheres Wasser unterstützen Sie unsere Arbeit und sorgen dafür, dass mehr Menschen in unseren Partnerländern Zugang zu sauberem Trinkwasser bekommen. Jeder Euro spendet Wasser und damit Gesundheit.