

Neues aus den Projekten
Harter Einstieg für neue Langzeitärztin

Es ist ein harter Einstieg für Dr. Yvonne Flammer, unsere neue Langzeitärztin in Nairobi. Ein seit Wochen andauernder Ärztestreik und die aktuell herrschende Wasserknappheit überschatten die Arbeit und den Alltag in Mathare. Yvonne berichtet:
„Nach rund einem Monat in Kenia kann ich sagen: Es ist eine Herausforderung, den Alltag zu meistern, aber es macht auch Spaß! Jeden Tag lerne ich Neues, ein neues Gesicht, einen neuen Namen, eine neue Regel, einen neuen Ablauf oder von mir noch nie gesehene Krankheitsbilder kennen. Das Baraka Health Center ist ein gut funktionierendes System; der Patientenfluss ist geordnet, die Türen sind verschließbar, die Mitarbeiter diskret und einfühlsam und es sind Übersetzer anwesend. Viele Unterschiede zu meinem früheren Arbeitsort in einem ländlichen Distriktspital in Tansania!
Vor Herausforderungen stellen uns jeden Tag der Ärztestreik – angefangen hat er Anfang Dezember – und die aktuell herrschende Wasserknappheit. So fällt uns durch den Streik das wichtigste Spital weg, das Kenyatta National Hospital. Bis dato konnten wir die meisten unserer Patienten, die stationär behandelt oder weitergehend untersucht werden mussten, dorthin überweisen. Dass wir seit Wochen keine Patienten mehr zum Kenyatta schicken können, führt dazu, dass wir immer wieder improvisieren müssen, unsere Patienten zum Beispiel semi-ambulant behandeln, also von 8 bis 17 Uhr. Wie beispielweise eine schwangere Patientin mit Malaria oder einen Teenager mit erstdiagnostiziertem Diabetes.
Unsere Gynäkologin hat letzte Woche mangels Alternativen doch fünf Frauen ins Kenyatta weiterverweisen müssen, davon wurde aber keine behandelt! Sie sind dann weitergezogen, respektive wieder nach Hause gegangen und kreuzten dann wieder bei uns auf! Sehr frustrierend für uns und die Patientinnen. Immerhin: Von einem Patienten, der eine schwere Osteomyelitis hat und eine Amputation benötigt, wissen wir, dass er als Notfall im Kenyatta betreut wurde. Anscheinend machen dort gelegentlich Ärzte aus der Armee Dienst und wir hatten Glück, dass sich diese Ärzte unseres Patienten angenommen haben.
Durch den grundsätzlichen Wegfall des Kenyatta konsultieren uns nun auch mehr Patienten. Einige bekommen bei den öffentlichen Institutionen keine Medikamente mehr verschrieben, andere brauchen eine Überweisung oder die Anordnung eines Röntgenbildes, was bisher eine ausschließlich ärztliche Leistung ist. In solchen Fällen versuchen wir, so gut es geht einzuspringen und zu helfen, ohne unseren limitierten Rahmen zu sprengen.
Für die Kinder haben wir noch ein kleineres Spital in unserer Nähe, trotzdem suchen wir immer wieder ein Krankenhausbett für Kinder, die zum Beispiel eine schwere Anämie haben und eine Bluttransfusionen brauchen. Es gibt keine Blutbank in dem kleinen Spital in unserer Nähe, darum war das Kenyatta auch für diese Fälle immer unsere erste Adresse.
Der tägliche Kampf, die wirklich schwer erkrankten Patienten in einem Krankenhaus unterzubringen, ist nervig und frustrierend. Immer wieder hören wir von unserem Ambulanzfahrer, dass sie auch in Missionsspitälern abgewiesen werden und dann weite Strecken hinter sich bringen müssen, bis ein Patient schließlich irgendwo aufgenommen wird. Schwierig, dies auf die Dauer auszuhalten. Wir erwarten sehnlichst ein baldiges Ende des Streiks, aktuell ist es aber noch nicht absehbar. Ganz im Gegenteil: Den Ärzten haben sich inzwischen auch die Universitätsprofessoren angeschlossen, die auch für mehr Lohn, eine bessere Rentenversicherung und bessere Weiterbildungsmöglichkeiten kämpfen.
Und dann ist da noch das Problem mit der Wasserknappheit. Sie ist in Nairobi hausgemacht und ein jährlich wiederkehrendes Problem, immer verschärft in der Trockenzeit. Das Wasser wird aktuell von der Stadtverwaltung rationiert, und unser Ärztehaus im Balozi Estate wird nur noch zweimal pro Woche mit Wasser beliefert, dann jeweils unter solch tiefem Druck, dass wir eine neue Wasserpumpe kaufen mussten, damit überhaupt der erste Tank befüllt werden konnte. Es mutet schon sehr seltsam an, wenn man sich als Ärztin am Feierabend überlegt, ob es möglich sein wird zu duschen, während der Nachbar täglich sein Auto wäscht oder seinen Vorgarten bewässert! Die Rationierung scheint sehr ungleich angelegt zu sein: Von unseren kenianischen Mitarbeitern wissen wir, dass bei Ihnen die Rationierung sogar so weit geht, dass Ihnen blockweise eine zentrale Wasserquelle zugewiesen wird, an der sie ihr Wasser selbst holen müssen. Im Health Center stehen uns Joseph „the accountant“ und Peter „the plumber“ zur Seite. Sie verhelfen uns mit Rat und Tat immer wieder zu Wasser. Ein Ende des Mangels ist noch nicht absehbar, und die ersten ergiebigeren Regenschauer werden erst im März/April erwartet..."