Ärzte helfen weltweit
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Einsatz in Athi River:

„Ein großes Krankheitsspektrum,

das mich sehr gefordert hat“

Sechs Wochen lang war Dr. Anna Fuhrmeister für die German Doctors im Einsatz. Ihre Arbeit führte sie nach Athi River, einer Stadt nahe Nairobi. Hier war sie nicht nur als Ärztin unterwegs, sondern konnte auch zum Thema gesundheitliche Aufklärung forschen. Die Ergebnisse ihrer Forschung will sie German Doctors e.V. zur Verfügung stellen. So können wir unsere Angebote im Bereich der gesundheitlichen Aufklärung weiterentwickeln und noch besser an die Bedürfnisse der Menschen in Kenia anpassen.

Warum hast Du dich für einen ehrenamtlichen Einsatz als German Doctor entschieden? Und warum für den Einsatz in Athi River?

Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt und haben eins der besten Gesundheitssysteme der Welt. Trotzdem sehe ich bei den Menschen in Deutschland immer wieder eine große Unzufriedenheit, die Patienten und Patientinnen werden zunehmend fordernder und anspruchsvoller.

Deswegen finde ich es unglaublich wichtig, immer wieder mal aus der eigenen Komfortzone rauszukommen und zu erleben, dass man in anderen Ländern auch mit vergleichsweise wenig Mitteln viel erreichen kann.

Die Einsätze der German Doctors sind immer sehr gut organisiert und geben einem die Möglichkeit, einen ganz besonderen Einblick in Kultur, Lebensweise und auch das Gesundheitssystem eines anderen Landes zu bekommen.

Neben meiner Arbeit als Hausärztin in eigener Praxis in Hannover studiere ich seit zwei Jahren berufsbegleitend Public Health an der Leuphana Universität in Lüneburg. In Athi River hat sich für mich die Gelegenheit ergeben, im Rahmen der Arbeit als Einsatzärztin eine Studie über die gesundheitliche Aufklärung der Patientinnen und Patienten durchzuführen. Diese werde ich für meine Masterarbeit nutzen können.

Warst Du zuvor bereits im Einsatz – auch für eine andere Organisation?

Ja ich war bereits 2015 für sechs Wochen mit den German Doctors in Dhaka (Bangladesch). Während meines Medizinstudiums war ich in vielen verschiedenen Ländern für Famulaturen unterwegs, u.a. in Indonesien und Argentinien.

In Hannover engagiere ich mich in regelmäßigen Einsätzen für die Wohnungslosen-Sprechstunde der Caritas.

Was hat Dich an der Arbeit in Athi River und in der „Fanaka“-Ambulanz am meisten beeindruckt? Und was gefordert?

Das Fanaka Health Center ist vorbildlich organisiert. Die tägliche Routine mit einem hohen Patientenaufkommen bedeutet für alle Angestellten einen extremen Workload, ohne dass es deswegen dauernd Klagen gibt. Besonders in Notfallsituationen zeigt sich der sehr gute Teamgeist, jeder kann sich auf jede verlassen. Verbesserungsvorschläge vom Team werden gerne aufgenommen und rasch umgesetzt.

Als Allgemeinmedizinerin ist man zwar auch in Deutschland jeden Tag mit einem großen Krankheitsspektrum konfrontiert, aber dieses hatte bei meiner Arbeit in Kenia etwas andere Schwerpunkte, die mich durchaus gefordert haben. Gynäkologische Probleme beispielsweise behandele ich in meiner Hausarztpraxis in Hannover kaum, da die Frauen hier zumeist direkt zu den gynäkologischen Kollegen oder Kolleginnen gehen. In Athi River waren wir auch für gynäkologische Probleme jeder Art erste Ansprechpartner.

Viele kenianische Patientinnen und Patienten waren auch deutlich schwerer krank als die Menschen, die in Deutschland in meine Sprechstunde kommen. Eine meiner ersten Patientinnen in Athi River war beispielsweise eine HIV-positive Patientin mit einer sehr ausgeprägten neurologischen Symptomatik. Nach ambulanter Behandlung mit antiretroviraler Therapie zeigte sich glücklicherweise eine rasche Besserung der Symptomatik.

Wie hast Du die Zusammenarbeit mit den lokalen Gesundheitsfachkräften empfunden?

Das Team in Fanaka arbeitet hervorragend mit den deutschen, österreichischen und Schweizer Ärzten und Ärztinnen zusammen. Das ist insbesondere angesichts der Tatsache, dass alle zwei Wochen ein weiterer Arzt oder eine weitere Ärztin ankommt, wirklich bemerkenswert. Alle Mitarbeitenden von der Köchin über die Physiotherapeutin bis zur Teamleitung sind jederzeit ansprechbar, wahnsinnig freundlich und sehr hilfsbereit.

Sowieso ist die unglaubliche Fröhlichkeit das, was mir von Anfang an am meisten aufgefallen ist. Wenn man bedenkt, unter welch schwierigen materiellen Umständen auch das Personal der German Doctors lebt, lässt einen das einmal mehr darüber nachdenken, was wirklich wichtig ist im Leben.

Wie wichtig ist die gesundheitliche Aufklärung und die Betreuung der Familie in den Wohngebieten durch die Community Health Volunteers (CHV) für die Arbeit der German Doctors in der Ambulanz (gerne auch auf längere Sicht gedacht)?

Die CHV sind häufig die ersten Ansprechpartnerinnen bei allen Fragen um die Gesundheit, denn sie sind sehr nah an den Menschen in den Wohngebieten dran. Umso wichtiger ist es, die CHVs gut zu schulen und auszubilden. In regelmäßigen Meetings in Fanaka wird dafür Sorge getragen.

Im Bereich der Prävention spielt insbesondere der Kontext der sexuellen Gesundheit eine große Rolle. Sexuell übertragbare Infektionen und ungewollte Schwangerschaften sind Probleme, die sehr häufig in der Sprechstunde vorkommen. Auch offene Fragen in Hinblick auf unerfüllten Kinderwunsch müssen immer wieder beantwortet werden. Diesbezüglich kann man die CHVs sehr gut einbinden, gerade weil sie so nah an den Menschen dran sind.

Den CHVs kommt außerdem die Aufgabe zu, die Bevölkerung über die Rolling Clinic, die viermal in der Woche von Fanaka aufbricht, um Sprechstunden in den Wohngebieten abzuhalten, aufzuklären. Diese Aufgabe wird sehr ernst genommen, so dass die Rolling Clinics immer besser besucht werden und ihre Einsätze ständig ausgeweitet werden.

Gab es eine besondere Begebenheit / einen schönen Erfolg während Deines Einsatzes, von der Du berichten möchtest? Vielleicht auch im Kontext mit der „gesundheitliche Aufklärung“?

Im Rahmen meiner Studie zur gesundheitlichen Aufklärung in Fanaka habe ich mir Vorträge zu gesundheitlichen Themen angesehen, die während der Wartezeit im zentralen Wartebereich des Gesundheitszentrums abgehalten werden. Ich habe mehrere Interviews mit den Mitarbeitenden geführt und auch die Patienten und Patientinnen befragt. Im Ergebnis hat sich gezeigt, dass diese Vorträge sehr gut organisiert und durchgeführt werden, die Durchführenden höchst motiviert sind und dadurch erreichen können, dass die Zuhörenden wirklich von den Vorträgen profitieren. Mit verbesserten Materialien wie Info-Flyern, Lautsprechern oder Flipcharts zum Verbildlichen der Inhalte der Vorträge könnte das noch gesteigert werden.

Was wünschst Du dir für die Arbeit vor Ort? -> Was könnte noch verbessert werden? Welche Bedarfe gibt es, insbesondere bei der Gesundheitsaufklärung durch die CHV?

Das Patientenaufkommen sowohl im Health Center als auch in der Rolling Clinic hat sich allein in den vergangenen zwölf Monaten so stark erhöht, dass die Räumlichkeiten über kurz oder lang aus allen Nähten platzen werden. Der Bedarf an niedrigschwelliger und vor allem bezahlbarer Gesundheitsversorgung ist in Kenia riesig.

Ich würde mir wünschen, dass in absehbarer Zukunft eine echte Krankenversicherung in Kenia etabliert wird, die auch die ambulante Behandlung übernimmt. Dann könnte auch das Health Center in Fanaka in die reguläre Gesundheitsversorgung integriert werden, so wie es langfristig geplant ist.

Wirst Du ein weiteres Mal für German Doctors in den Einsatz gehen?

Das habe ich fest vor!