Was ist der Vorteil dieser Diagnostikmethode – vielleicht gerade für ärmere Länder?
Dr. Ruth Thees-Laurenz: „Nicht nur ich, sondern fast alle medizinischen Kreise weltweit sehen die wachsende Bedeutung des Ultraschalls in der Primärversorgung von Patienten. Ultraschall verkürzt die Zeit bis zur Diagnose und vermeidet so z.B. unnötige Medikamentengaben und ist im Gegensatz zur Röntgendiagnostik strahlenfrei. Eine Computertomographie ist für unsere Patienten in den Projekten meist unerschwinglich. Die Mitarbeitenden vor Ort können Basiskenntnisse der Ultraschallmethode, die für viele Fragestellung ausreicht, recht schnell lernen. In den Projekten in Kenia und Uganda ist die Methode etabliert, wurde oft aber nur von den dort ehrenamtlich tätigen Einsatzärztinnen und -ärzten angewandt.“
Welche Mitarbeitenden haben Sie geschult?
Dr. Ruth Thees-Laurenz: „Der Schwerpunkt liegt auf der Ausbildung der einheimischen Mitarbeitenden, der Clinical Officer, sowie auch der Hebammen und Krankenschwestern, die die Schwangerschaftsvorsorge durchführen. Während der Hochphasen der Corona-Pandemie habe ich die Schulungen auch durch visuelle Meetings, z.B. via Zoom durchgeführt. Darüber hinaus gibt es Angebote für deutsche Kolleginnen und Kollegen, also German Doctors, die Interesse an einer Auffrischung oder Erweiterung ihrer Kenntnisse haben.“
Welche Vorkenntnisse hatten die Mitarbeitenden vor Ort?
Dr. Ruth Thees-Laurenz: „Das ist sehr unterschiedlich: In Kilifi und in Uganda gab es je einen Mitarbeitenden, der bereits eine Basis-Ultraschallausbildung vor Ort erhalten hatte. Die übrigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hatten zu Beginn eher wenige bis keine Vorkenntnisse. Schwierig für mich war es herauszufinden, wo die Teilnehmenden stehen und wie die Vorkenntnisse in Anatomie und Krankheitsbildern sind. Für die Teilnehmenden ist es anfangs schwierig, sich auf dem Ultraschallbild zurechtzufinden. Bei diesem Problem unterscheiden sie sich nicht von Teilnehmenden an Ultraschallkursen in Deutschland.“
Können die Mitarbeitenden nach einer solchen Schulung dann Ultraschall anwenden?
Dr. Ruth Thees-Laurenz: „Abhängig von dem Krankheitsbild und der Fragestellung schon. Wichtig ist, dass die Einsatzärztinnen und -ärzte vor Ort die einheimischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen weiter unterstützen und anleiten, d. h. die Clinical Officer die Untersuchung durchführen lassen und ihnen dabei über die Schulter gucken. Denn man braucht anfangs Hilfe, wenn man nicht mehr weiterweiß. Und auch die Mitarbeitenden, die bereits eine Ausbildung absolviert haben, freuen sich über Hilfe und eine Weiterbildung vor Ort.“
Wie liefen die Schulungen ab?
Dr. Ruth Thees-Laurenz: „Bei einem Ultraschallkurs in Deutschland kommen die Kursteilnehmer über drei bis vier Tage nur für den Kurs zusammen. Nach einer halben Stunde Theorie übt man dann praktisch mit den Teilnehmern eine Stunde das zuvor Erlernte. Dann kommt der nächste Vortrag. Das klappte so bei meinen Aufenthalten in Afrika nicht, da wir ja zeitgleich auch die Patienten versorgen mussten. Und so hielt ich in Uganda beispielsweise morgens und mittags je einen Vortrag mit anschließend einstündiger Praxis. Danach übten die Anfänger alleine, oder versorgten die Patientinnen und Patienten. Dabei habe ich natürlich auch mitgeholfen.“
Wie sind die Reaktionen der Mitarbeitenden in Uganda und Kenia bei Ihren Schulungen gewesen?
Dr. Ruth Thees-Laurenz: „Die Mitarbeitenden sind sehr interessiert und wollen lernen. Obwohl sie ja auch andere Sachen erledigen müssen und wirklich ein Zeitproblem haben, alles unter einen Hut zu bekommen. Das stelle ich mir nicht einfach vor.“
Wo haben die Schulungen am besten geklappt?
Dr. Ruth Thees-Laurenz: „An allen Einsatzorten haben die Schulungen sehr viel Freude gemacht und es fällt schwer, da eine Bewertung durchzuführen. Sehr effektiv war eine Schulung im Fanaka Medical Center in Athi River, wo Gaudencia Akaka und Hellen Arieth fast die gesamten fünf Tage für Training und Ausbildung freigestellt waren und die Zeit nutzen konnten. Wir haben uns auf den Schwangerschaftsultraschall konzentriert. Die Beiden waren als absolute Anfängerinnen zu Beginn der Woche gestartet und konnten am Ende der Woche selbständig Untersuchungen durchführen. Zudem hatte sich ein vor Ort befindlicher Einsatzarzt bereit erklärt, die Fortbildung in Geburtshilfe-Ultraschall für die Zeit nach meiner Abreise weiter zu begleiten. Denn die beiden brauchten und wollten unbedingt weitere Supervision.“