Baraka – Nomen est Omen?

Ein Bericht von Dr. Friederike Kölbel über ihren Einsatz in Nairobi/Kenia

Als ich das Flugzeug in Nairobi verlasse, umweht mich schwül-warme Luft, und die Erinnerungen an frühere Aufenthalte hier stellen sich sofort ein. Dies ist mein 8. Einsatz mit German Doctors in der Klinikambulanz „Baraka“ im Mathare Valley, dem zweitgrößten Slum Nairobis. Baraka, das bedeutet Segen. Wird meine Arbeit ein Segen sein? Unser Nairobi-Projekt umfasst 4 Arbeitsbereiche, die HIV/TB Clinic für die fortlaufende Behandlung von ca. 2000 HIV- und Tuberkulose Kranken, das Feeding Centre für einige hundert schwer fehlernährte Kinder und Erwachsene, die sogenannte Community für besondere soziale Notsituationen im Slum, und die Ambulanz für basismedizinische Versorgung akut und chronisch Kranker.

Mathare Valley Slum in Nairobi

Mathare Valley Slum in Nairobi

Hier ist mein Arbeitsplatz zusammen mit 5 weiteren Kolleginnen und Kollegen. Da ich schon viele Male hier war, kenne ich sowohl unsere Unterkunft auf dem Utalii Hotelgelände, als auch meist einen Teil der Kollegen.

Slumkinder in Nairobi

Die German Doctors werden freundlich begrüßt

Der Sonntag ist zum Eingewöhnen, Montag um halb acht geht es an die Arbeit: Fußweg 20 Minuten, bei Regen eher ein Pfützen-Überspringen. Die Wiedersehensfreude ist groß, Fetika ist diesmal meine sehr engagierte Übersetzerin. Was erwartet uns – die Kinderärztin aus Leipzig, den Chirurgen aus Köln, den Internisten aus Nordhorn, den Allgemeinmediziner aus Frankfurt, Nadja, die Public Health Absolventin aus Köln und neue Afrika-Referentin und mich heute?

Fußweg zur Ambulanz der German Doctors

Fußweg zur Ambulanz

HIV ist ein großes Risiko

Der Andrang ist groß

Nach einigen Patienten mit Atemwegs- und Magen-Darminfekten, Malaria und Rückenschmerzen, sinkt mir eine junge Frau fast ohnmächtig in die Arme. Sie ist stark abgemagert, und ein sehr unangenehmer Geruch geht von ihr aus. Wir betten sie auf die Liege. Sie ist aus Nakuru, im Norden von Kenia, gekommen, erst 27 Jahre alt und hat eine 2 1/2 jährige Tochter. Ihr Mann ist seit 2 Jahren tot. Man denkt sofort an AIDS, aber sie ist HIV negativ. Sie hat ein weit fortgeschrittenes genitales Carcinom, und sagt, dass sie nie in eine Klinik aufgenommen wurde, weil sie kein Geld hat. Nun kommt jede Behandlung zu spät, und keiner erträgt ihre Nähe wegen des unerträglichen Gestanks der Geschwüre. Sie krümmt sich vor Schmerzen und ist halb verhungert. Nach einem Sitzbad mit Povidon, und der Verordnung von starken Schmerzmitteln, Antibiotika und weiteren täglichen Sitzbädern organisieren wir ihre Nahrungsversorgung aus unserem Feeding Centre für 2 Wochen. Es gelingt, sie vorübergehend bei Bekannten unter zu bringen. Als sie nach den 2 Wochen wiederkommt, erkenne ich sie zunächst nicht wieder, so gut hat sie sich erholt und strahlt. Wir setzen die Behandlung fort. Die Lebenserwartung der Patientin ist leider nicht mehr groß, aber der jetzige Zustand für sie und ihre Umgebung erträglich. Wir raten ihr, jederzeit wieder zu kommen, wenn sie Hilfe oder Medikamente braucht.

Arztbehandlung in Nairobi

Bis zu 300 Patienten werden täglich behandelt

Ein 10jähriges Kind hat blutigem Durchfall und Erbrechen. Es hat Amöbenruhr und bekommt ein Antibiotikum und Elektrolyte. Dann eine junge Frau mit harter Schwellung der Ohrspeicheldrüsen, es ist kein Mumps sondern sie ist HIV infiziert. Ein junger Patient mit akuter Urtikaria, Quincke Ödem und Luftnot, allergische Reaktion auf ein Pilzmedikament, er muss im Notfallraum behandelt werden. So geht es weiter: Tuberkulose, Sichelzellanämie, unklare Bauch- und Brustbeschwerden, Schwangerschaften, Nierenerkrankungen, Herzschwäche, Hautinfektionen, Krätze, usw.

KInder im Slum von Nairobi

Ein schönes Gefühl, helfen zu können

Der Tag vergeht schnell. Ein Becher Tee zwischendurch tut gut. Mittags gibt es Sandwiches, Tee und Bananen, und Gelegenheit, sich über oft rätselhafte Befunde auszutauschen. Dann geht es weiter bis alle Patienten versorgt sind. Es sind in Nairobi etwa 300 jeden Tag. Am Abend bin ich erschöpft, manchmal sehr glücklich, weil mir etwas gut gelungen erscheint, manchmal bedrückt und beschämt, bei Schicksalen wie oben beschrieben. Ich empfinde Baraka als Segen für alle, die dort behandelt werden wie für die dort Arbeitenden.