Heute hat mich eine Szene besonders berührt: Wir hatten unsere etwa 190 Patienten alle behandelt und waren bereits dabei, das Gelände der Ambulanz in der Foreshore-Road zu verlassen. Da sahen wir schon von weitem eine Mutter mit einem schwer kranken etwa 6- jährigen Sohn auf einer Fahrrad-Rikscha heranfahren. Die Mutter sah uns, sprang von der Rikscha und rannte mit angstgeweiteten Augen, mit dem Sohn auf ihrem Arm, auf uns zu. „Sister, please, Sister…“, sprach sie mich an. Wir Kollegen begriffen sofort den Ernst der Situation, und ich sagte den Kollegen, dass ich mit der Mutter und ihrem schwerkranken Kind zur Ambulanz zurücklaufe, um das Kind zu behandeln…Das ganze Team, das bereits am Abräumen war, begriff, dass unsere Arbeit für heute noch nicht ganz beendet war. Alle Mitarbeiter waren sofort „auf ihren Posten“, niemand äußerte Unmut, und das bedeutet schon etwas, da die Mitarbeiter mit „anderen“ Zuspätkommern ohne Stempel auf dem Unterarm, nicht „zimperlich“ umgehen… Sofort legten wir den Jungen auf die Liege, 39,1 Grad Fieber, eine große Milz, Schüttelfrost. Alles Anzeichen für eine akute Malaria. Der Junge bekam sofort ein fiebersenkendes Mittel, dann das Malariamittel Chloroquin. Die Mutter kam nach der Behandlung auf mich zu und deutete eine Mischung aus Verbeugung und Umarmung an, eine etwas unbeholfene körperliche Berührung, ihre tiefe Dankbarkeit ausdrückend, die damit endete, dass sie meinen rechten Unterarm küsste…“thank you“…Wir hatten sie mit dem kranken Kind nicht weggeschickt…ich konnte nicht verhindern, dass mich diese hochemotionale Geste dieser Mutter, die sich in großer, fast panischer Sorge um ihr Kind befand, zutiefst rührte…ich ging hinaus ins Freie, in Gedanken an den Jungen, dem wir noch helfen konnten, der morgen hoffentlich fieberfrei und gebessert mit dem Laborergebnis des sogenannten „dicken Tropfens“, des Malariaausstriches, der Gewissheit über die Art der Malaria geben kann, sich wieder in der Ambulanz vorstellen wird. In Gedanken an die Mitarbeiter, die sich auch nach „Dienstschluss“ um das Kind gekümmert haben, ohne Unmutsäußerungen, mit mitfühlender Selbstverständlichkeit zur Hilfe. Und in Gedanken an die Mutter des Jungen, der wir in ihrer Angst um ihr geliebtes Kind wirklich helfen konnten…