Frau Dr. Anna Niederberger war als Langzeitärztin in Nairobi tätig. Bei den Erwachsenen ist HIV/AIDS und Tuberkulose ein riesiges menschliches, soziales, medizinisches und staatliches Problem. Es wird geschätzt dass derzeit circa 1 Million Kinder in Kenia AIDS – Waisen sind. Nachbarn nehmen sie auf, alte und zum Teil auch kranke Großeltern versorgen sie. Fast täglich sind Opfer der allgegenwärtigen Gewalt in der Ambulanz zu versorgen-  Patienten mit großen Schnittwunden, Kopfverletzungen, gebrochenen Armen oder Beinen. In einem Interview erzählt sie von diesem Einsatz.

Dr. Anna Niederberger in Nairobi

Ärzte für die Dritte Welt e.V.: „Was war Ihre Motivation sich für die Ärzte für die Dritte Welt zu engagieren?“

Dr. Anna Niederberger: „ Ich hatte schon lange vor, nach meiner Pensionierung als Internistin noch einmal, solange gesundheitlich möglich, in einem sogenannten Entwicklungsland zu arbeiten. Vor vielen Jahren war ich zweimal in Indien an einem Landkrankenhaus und ebenfalls vor vielen Jahren mit der Familie für vier Jahre in Ruanda. Für eine ähnliche Tätigkeit hatte ich mich bei verschiedenen Organisationen beworben, unter anderem auch bei den Ärzten für die Dritte Welt. Dort war als Langzeitarzt gerade jemand ausgefallen, und da ich rasch abkömmlich war, habe ich dafür zugesagt (ohne so ganz genau zu wissen, was mich erwartete.) Ich habe seit 1978 immer in leitenden Positionen gearbeitet, das auch in verschiedenen Ländern wie Ruanda, Kanada, Südafrika, Großbritannien.“

Ärzte für die Dritte Welt: „Welche Tätigkeiten mussten Sie als Langzeitärztin übernehmen?“

Dr. Anna Niederberger:“ Ich habe medizinisch in Baraka gearbeitet und war für die Koordination im Feeding Center und der HIV Klinik zuständig. Außerdem habe ich den Projektleiter Vincent Kiboro unterstützt. Hinzukam die Führung, Motivation und Ausbildung der lokalen Mitarbeiter sowie die Kontrolle der Finanzen.

Ärzte für die Dritte Welt: „Was waren Ihre eindrücklichsten Erlebnisse?“

Dr. Anna Niederberger: Es gab mehrere. Eine schwangere Frau, die mit fehlenden Herztönen in die Klinik kam, gebar beim Warten auf die Ambulanz das Kind im sogenannten dressing room. Mehrere andere Patienten wurden eilends rausgeschoben. Die Frau war allein gekommen. Es musste jemand geschickt werden, der saubere Kleidung aus der Hütte holte. Ein anderes Erlebnis möchte ich noch erzählen. Wenn man (bei einem Besuch bei einer Mitarbeiterin zu Hause) weiß, dass jeder Tropfen Wasser, den man trinkt, mit dem man sich wäscht, von 8-14 -jährigen Schulkindern vor oder nach der Schule vom 20 Minuten entfernten Fluss geholt werden muss“.