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Seenotrettung von unbegleitet flüchtenden Minderjährigen strafbar?

Wie sich politische Rahmenbedingungen auf unsere Arbeit auswirken und wie wichtig klare gesetzliche Vorgaben sind, damit wir dort helfen können, wo medizinische Versorgung ganz besonders wichtig ist: Im Einsatz unserer German Doctors im Rahmen der Seenotrettung.

Seit Mai 2021 ist German Doctors Kooperationspartner der zivilen Seenotrettungsorganisation SEA-EYE e.V. und stellt für jede Mission des Rettungsschiffes „SEA-EYE 4“ einen/eine ehrenamtliche Einsatzärztin oder Einsatzarzt, der/die gemeinsam mit dem Team die medizinische Versorgung der aus Seenot geretteten Menschen verantwortet.

Seit 2023 unterstützt die Bundesregierung durch das Auswärtige Amt als einziges europäisches Land bis 2026 die private Seenotrettung nach einem Beschluss des Bundestags vom November 2022 mit jährlich 2 Millionen EURO. Damit setzte die Ampel ein klares Zeichen, dass ihr das Sterben im Mittelmeer und auf der gefährlichsten Fluchtrute nicht gleichgültig ist. Mit diesem Beschluss „stellte sich die Regierung aber auch gegen die jahrelange Kriminalisierung nicht staatlicher Seenotrettung.“ Schrieb die ZEIT am 06. Oktober 2023.

Seit der Distanzierung von Bundeskanzlers Olaf Scholz von dem Beschluss des Bundestages mit den Worten: „Ich habe den Antrag nicht gestellt.“, spitzt sich die Diskussion zu und gipfelte in einer „scharfen Debatte über finanzielle Unterstützung ziviler Seenotrettung im Mittelmeer“ am 19. Oktober im Deutschen Bundestag, deren Grundlage ein Antrag der AfD war. Diese fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf „die mutmaßliche Kooperation von sogenannten zivilen Seenotrettern im Mittelmeer mit Schleusern zu verurteilen“. Festzuhalten bleibt, dass es selbstverständlich keine Zusammenarbeit mit Schleusern bei der Seenotrettung gibt.

Erschwerend zu dieser für die zivile Seenotrettung äußerst schwierigen politischen Situation kommt hinzu, dass Juristinnen und Juristen aktuell eine Gesetzeslücke gefunden haben, die die Rettung von allein reisenden Minderjährigen aus Seenot kriminalisiert. Diese resultierte daraus, dass laut Bericht der taz vom 19.01. in dem Gesetzesentwurf zum „Rückführungsverbesserungsgesetz“ auch nach Korrektur und Klarstellung, aufgrund eines offensichtlich „handwerklichen Fehlers“ übersehen wurde, „dass immer noch eine grundsätzliche Strafbarkeit für die altruistische Einschleusung von Minderjährigen (auch auf dem Seeweg) bliebe.“ so die taz weiter.

Auf Nachfrage der taz erklärt das Bundesinnenministerium am 19. Januar, nachdem das Rückführungsverbesserungsgesetz am Vortag vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde: „Die Seenotrettung Minderjähriger wird durch das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung nicht kriminalisiert.“

So bliebe, so die taz, „das Risiko einer Kriminalisierung von Seenotrettern in Deutschland damit bis auf Weiteres eher theoretischer Natur“.

Warum wir Klarheit für unsere Arbeit brauchen

„Für unser Engagement für die Gesundheit der Menschen, die über das Mittelmeer flüchten müssen – und hier ganz besonders für die allein reisenden Minderjährigen –ist eine juristisch einwandfreie Gesetzesformulierung, die Klarheit schafft, dass die zivile Seenotrettung NICHT strafbar ist, unabdingbar. Ganz besonders in diesem Bereich unserer Arbeit benötigen wir rechtliche Klarheit und ein starkes politisches Zeichen für die private, humanitäre Hilfe in der Seenotrettung – insbesondere so lange die EU-Staaten ihrer Verantwortung hier selber nicht gerecht werden.“ Sagt Dr. Harald Kischlat, Vorstand von German Doctors e.V. Dazu ergänzt Alexander Lupke, Teamleitung Ärzteeinsätze German Doctors e.V.: „Wir werden auch weiterhin nicht tatenlos zusehen, wenn Menschen auf der Suche nach einem würdevollen Leben ertrinken und wehren uns gegen den Versuch diesen eigentlich selbstverständlichen Akt der Humanität zu kriminalisieren.“