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Die Menschen brauchen schnelle Hilfe

Am 7. November traf der Supertaifun Haiyan auf die Philippinen und verwüstete weite Teile des Landes. Gut zehn Tage nach der Katastrophe fragen wir Dietmar Schug, Projektkoordinator der German Doctors auf den Philippinen, nach der aktuellen Situation.

Dietmar Schug - Projektkoordinator German Doctors

Wie geht es den Menschen?

Dietmar Schug: „In der Schneise, die der Taifun verwüstete, sind 80 bis 95 % der Häuser zerstört. Die Leute sind obdachlos, Sonne und Regen schutzlos ausgeliefert. Noch immer kommen in manchen Regionen Nahrungsmittel nicht an. Wir kaufen Lebensmittel in Cebu-City und in Manila, um die betroffenen Menschen in der Region Nord-Cebu und auf der Insel Mindoro zu versorgen. Doch in manche Regionen kommen wir auch heute noch nicht."

 

Die Menschen sind schon ganz schön lange von der Hilfe abgeschnitten.

Dietmar Schug: „Ja, viel zu lange. Ich will damit nicht sagen, dass sie verhungern. Aber sie werden schwächer, die Gefahr von Krankheiten nimmt zu."

 

Was ist mit der Hilfe die von außen kommt? Die Flugzeugträger und Schiffe der Amerikaner zum Beispiel?

Dietmar Schug: „Die sind angekommen und helfen dort, wo das Hauptaugenmerk der Weltöffentlichkeit liegt. Sie konzentrieren sich auf Leyte und das ist auch gut so. Dort ist mit Tacloban eine komplette Stadt weggefegt worden. Mehrere 100.000 Menschen müssen dort täglich ernährt werden. Dies ist eine sehr große Herausforderung. Aber diese Unterstützung muss auch den Menschen in anderen Regionen gebracht werden."

 

Wie ist die medizinische Lage?

Dietmar Schug: „Eine Woche nach einer solchen Katastrophe steigt die Gefahr von Krankheiten wie Durchfall, Leptospirose und Typhus. Bislang scheint die Lage, nachdem was man hört, ok zu sein. Eines der großen Probleme ist, dass die Wasserversorgung in vielen Gebieten zerstört wurde. Bis sie wieder aufgebaut ist, müssen die Menschen anderweitig mit sauberem Trinkwasser versorgt werden. Wir sind sehr froh, dass wir ein chirurgisches Team nach Tolosa auf Leyte schicken können. Sie haben alles an Material und Instrumenten, was sie benötigen, dabei. Es lagert gerade noch auf Cebu in einem Container. Im Gepäck haben sie auch fünf Wasseraufbereitungsanlagen. Jede Anlage kann täglich aus 1.200 Litern Schmutzwasser, sauberes Wasser machen. Eine der Wasseraufbereitungsanlagen kommt nach Nord-Cebu, wo wir Nahrungsmittelpakete verteilen. Dann haben wir noch ein weiteres Team an Ärzten um den Chirurgen Johannes Meixner, die vor Ort und einsatzbereit sind. Sie werden in Palompon in der Nähe von Ormoc medizinisch helfen."

 

Wie ist das Wetter zurzeit auf den Philippinen?

Dietmar Schug: „Es ist sehr heiß in den letzten Tagen. Für die Menschen, die kein Haus mehr haben, ist dies natürlich sehr schlimm."

 

In den deutschen Medien liest man sehr viel, dass die Regierung es versäumt habe, die Menschen besser zu schützen. Wie sehen es die Filipinos? Schließlich wusste man doch, dass ein sehr starker Taifun kommen würde...

Dietmar Schug: „Die Filipinos sehen es genauso und kritisieren die Regierung stark. Die Koordination der Hilfsmaßnahmen lief sehr chaotisch. Seit die internationalen Hilfsorganisationen und das amerikanische Militär sich an den Hilfsarbeiten beteiligen, funktioniert es besser. Und ja, das Kommen des Taifuns war bekannt. Es gab dabei leider ein wirklich tragisches Versäumnis. Hier wurde immer von einer ‚storm surge‘, also einer Sturmwelle gesprochen. Die Menschen konnten hier mit dem Wort aber mehrheitlich nichts anfangen und haben ihre Hütten und Häuser nicht verlassen. Hätten die Behörden das Wort ‚Tsunami‘ benutzt, wären die Menschen gerannt. Unter ‚storm surge‘ konnten Sie nicht das Ausmaß dessen, was kommen würde, begreifen."


Welche medizinische Hilfe benötigen die Taifun-Opfer?

Dietmar Schug: „Nach dem Taifun gab es viele schwere Verletzungen, die auch Amputationen nötig machten. Diese wurden jedoch unter einfachsten Bedingungen durchgeführt; bei mangelhafter Nachversorgung können nun Infektionen die Folge sein. Es gab auch viele Frauen, die entbunden haben und nun mit ihren Kindern besonderen Schutz benötigen. In den gedrängten Notaufnahmelagern steigt die Gefahr von Infektionskrankheiten. Wenn die Menschen und besonders die Kinder nicht ausreichend ernährt werden können, werden sie besonders anfällig."

 

Gibt es viele Notunterkünfte und Lager?

Dietmar Schug: „350.000 Menschen sind in Evakuierungszentren untergebracht. Das sind Notlager in Schulen und Sporthallen. Wo kein Gebäude mehr steht, werden Zelte eingesetzt. "


Vielen Dank für diese Zusammenfassung der Situation.