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Sierra Leone: Erfolge im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung

Am Internationalen Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung, dem 6. Februar 2022, erklärten fünf ranghohe Vertreterinnen der Bondo-Gesellschaft, in Zukunft keine Verstümmelungspraktiken mehr auszuüben. Dies ist ein weiterer großer Erfolg des noch jungen Projekts. Denn erst vor wenigen Monaten hatten bei einem Projektbesuch Beschneiderinnen, sogenannte Soweis, symbolisch ihre Messer niedergelegt. Eingeladen zur Veranstaltung hatte unsere Partnerorganisation, die Commit and Act Foundation Sierra Leone, in Zusammenarbeit mit den Ministerien für soziale Wohlfahrt, Gleichstellungsfragen und Kinderangelegenheiten sowie einem Netzwerk von nationalen Organisationen gegen schädliche traditionelle Praktiken (PAHTP).

Das Treffen an diesem Tag und dessen Ergebnisse sind ein weiterer wichtiger Fortschritt für unser Präventions- und Aufklärungsprojekt „My body, my right“. Die eintägige Veranstaltung fand das erste Mal anlässlich dieses Gedenktages im Bezirk Bomani statt. 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen, darunter 50 Beschneiderinnen bzw. religiöse und traditionelle Autoritäten der Dorfgemeinschaften; außerdem Bezirks- und Stadträte sowie Ministerialmitarbeitende. Ziel des Treffens war, Unterstützungsmöglichkeiten für die Soweis zu identifizieren, damit sie diese Verstümmelungspraktik beenden können.

Treffen mit Verantwortlichen für besseres gegenseitiges Verständnis

Viele Beschneiderinnen offenbarten, dass das Ritual sowie die damit verbundene Vorbereitungszeit ihnen ihren Lebensunterhalt sichere und sie unter anderem deshalb daran festhielten. Während des Treffens motivierten diejenigen Teilnehmerinnen, die sich bereits zuvor von der Ausübung der Verstümmelungspraktiken losgesagt hatten, andere Anwesende, es ihnen gleich zu tun. Und so fand das Treffen seinen Höhepunkt in der Unterzeichnung einer Willenserklärung zur Beendigung der menschenrechtsverletztenden Praxis durch Beschneiderinnen aus fünf Gemeinden. Darüber hinaus wurde ein Aktionsplan entwickelt, wie die Teilnehmerinnen die Botschaft in ihren jeweiligen Gemeinden verbreiten und umsetzen sowie weitere Soweis von der Abkehr überzeugen können. Unser Partner wird die Einhaltung der Beschlüsse unterstützen und mit allen Beteiligten in Kontakt bleiben.

Unser Projekt läuft seit 1,5 Jahren sehr erfolgreich

Wir sind sehr stolz und glücklich über die Entwicklung dieses Projekts, dessen Unterstützung wir im Oktober 2020 begonnen haben. Inzwischen sind 600 Mädchen und junge Frauen als direkte Zielgruppe daran beteiligt. Damit hat sich die Zahl der Teilnehmerinnen seit Beginn unserer Unterstützung verdreifacht. Das gemeinsame Projekt umfasst sowohl Trainings- und Präventionsmaßnahmen für ins Projekt aufgenommene Mädchen und deren Familien als auch Aufklärungsveranstaltungen in den Dorfgemeinschaften und in den Schulen. Mädchen, deren Familien sich gegen die Verstümmelung entschieden haben, werden als neue Rollenvorbilder gestärkt, um so ein Umdenken in den Gemeinden zu bewirken. Auch Lehrerinnen und Lehrer werden geschult und helfen als Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren. Außerdem werden finanzielle Anreize geschaffen: Teilnehmende Familien bekommen quartalsweise Zuwendungen, sofern sie ihre Töchter nicht verstümmeln lassen. Um keine Abhängigkeiten zu schaffen, werden diese Zuwendungen jährlich reduziert. Für die Zukunft ist in Planung, auch die Beschneiderinnen monetär zu unterstützen, damit diese sich eine alternative Einkommensquelle aufbauen können.

Wir hoffen sehr darauf, in Zukunft noch weitere Mädchen in das Projekt aufnehmen zu können – die Warteliste ist sehr lang.