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Wir trauern um Dr. Otto Paulitschek

Anderen Menschen helfen – für Dr. Otto Paulitschek war dies Beruf und Berufung. Nun ist der älteste German Doctor im ge­segneten Alter von 102 Jahren ge­storben.

Wir trauern um eine große Persönlich­keit, ein Mut machendes Vorbild und einen beispiel­los engagierten Mitstreiter für mehr Gerechtig­keit in dieser ungerechten Welt. Sein ganzes Erwerbs­leben lang hat er als Chirurg gearbeitet und weitere 37 Jahre hat er sich ehren­amtlich als Arzt, Spenden­sammler, Öffentlich­keits­arbeiter und Projekt­manager engagiert. Wir sind dankbar, „Doc Otto“ so viele Jahre an unserer Seite gehabt zu haben. Das Wörtchen ‚erfüllt‘ reicht zur Beschreibung von Otto Paulitscheks Leben wohl kaum aus. Allein, was er in der Zeit des sogenannten Ruhe­stands erlebt und geleistet hat, ist immens und könnte Bücher füllen! Aber der Reihe nach: Geboren wurde er im August 1919 in einem nieder­schlesischen Dorf. Er begann in Breslau Medizin zu studieren, musste dann als junger Soldat in den Krieg ziehen und schloss sein Studium schließlich als Heimat­vertriebener in Göttingen ab. Aus der Ehe mit seiner Frau Elisabeth gingen zwei Töchter und drei Söhne hervor; vor seinem Tod war die Familie um zwölf Enkelkinder und fünf Urenkel angewachsen.

Nach jahrzehnte­langer Tätigkeit als Chefarzt der chirurgischen Klinik am Krefelder Krankenhaus Maria Hilf startete „Doc Otto“ mit Eintritt in das Pensions­alter noch einmal so richtig durch: Voller Taten­drang reiste er im Jahr 1984 unter dem Dach unserer Organisation – damals hießen wir noch Ärzte für die Dritte Welt – in die philippinische Hauptstadt Manila, um dort als ehren­amtlicher Einsatzarzt in den Slums zu praktizieren. Seit dieser ersten Reise zog es ihn immer wieder auf die Philippinen. Zusammen­gerechnet verbrachte er dort dreieinhalb Jahre seines Lebens! Doch die ärztliche Tätigkeit genügte ihm nicht. Er gründete mit der „Krefelder Hilfe für Tondo“, einen eigenen Verein, benannt nach dem Elends­viertel im Hafen von Manila und gewann viele treue Spenderinnen und Spender.

In sehr enger Zusammen­arbeit mit den German Doctors weitete er die medizinische Hilfe auf den Philippinen immer weiter aus. Am Aufbau von 12 Gesundheits­zentren für Menschen am Rand der Gesellschaft war „Doc Otto“ beteiligt. Besonders engagiert hat er sich für Tuberkulose- und Leprakranke sowie für Menschen mit psychischen Leiden, und er wurde nicht müde Kolleginnen und Kollegen anzuspornen, es ihm nach­zumachen. Er selbst schrieb einmal: „Diese Erfolge mögen rastlose Ruhe­ständler ermutigen, ihre Berufs- und Lebens­erfahrungen in den Dienst von hilfs­bedürftigen und an den Rand gedrängten Menschen zu stellen. Man wundert sich selbst, welche Energien frei werden, wenn man in den Slums von Manila dicht neben den stinkenden Müll­bergen den Überlebens­kampf der Ärmsten der Armen gesehen hat.“

Im Dezember 2017 verliehen ihm die Ärzte­kammer Nordrhein und die Kassen­ärztliche Vereinigung Nordrhein die Johannes-Weyer-Medaille, eine Würdigung für Ärztinnen und Ärzte, die sich um besondere Verdienste in der medizinischen Wissenschaft, durch vorbildliche Haltung oder durch besondere Leistungen für die ärztliche Selbst­verwaltung verdient gemacht haben. Wir werden „Doc Otto“ vermissen und ihn als Vorbild für unermüdliche Schaffens­kraft in Erinnerung behalten. In Gedanken sind wir bei seiner Familie; ihr gilt unser großes Mitgefühl.