Das Gefühl, willkommen zu sein

Hilfseinsatz auf Luzon: Teil 3 des Berichts von Einsatzärztin Dr. Nina Lang

Die letzten Sprechstunden der Rolling Clinic-Tour auf Luzon führten wir in Ableg durch, welche angenehm und teils sehr ruhig verliefen.

Rolling Clinic Luzon

Über Stock und Stein mit der Rolling Clinic

Ursache war an einem Tag eine „Wake“ (Totenwache) für einen verstorbenen Dorfbewohner. Bei dieser Tradition wird der Tote einbalsamiert und für ca. eine Woche zum Abschiednehmen Zuhause aufgebahrt. An einem anderen Tag wurden wir von der zuständigen Midwife zu einem Hausbesuch in Nähe unseres Konsultationsortes gebeten: Dort befand sich eine betagte Dame in ihren letzten Atemzügen im Beisein ihrer Angehörigen, weswegen wir außer einer Untersuchung keine weiteren Maßnahmen einleiteten und die Patientin kurz nach unserem Besuch verstarb.

Untersuchung Luzon

Mit der Untersuchung geht es los

Leider mussten wir an diesen Orten feststellen, dass wenige Patienten zu den empfohlenen Referrals gegangen waren, so dass wir die ortszuständigen Mitarbeiter nochmals baten, der Sache auf den Grund zu gehen und die notwendigen Proben gegebenenfalls Zuhause abzunehmen. Genannt wurden Gründe wie „Der Patient sei so alt, er brauche keine TB-Treatment mehr“ oder „Ich habe schlimme Knieschmerzen, ich kann nicht laufen“ – ohne an die Ansteckungsgefahr einer offenen Tuberkulose zu denken. Mancherorts beklagten die Patienten, dass sie sich die vorgeschlagenen Untersuchungen (Ultraschall Abdomen, Herzecho, Operationen etc.) nicht leisten könnten. Die Schwierigkeit besteht darin, dass im philippinischen Gesundheitssystem sowohl für die Bewohner als auch für uns teils schwer herauszufinden ist, wieviel eine Behandlung wirklich kosten würde. Offiziell ist die Behandlung im Krankenhaus (ohne Medikamente) für die arme Bevölkerung kostenlos.

Immer herzlich und mit einem Lächeln

Improvisierte Waage

Eine improvisierte Waage erfüllt auch ihren Zweck

Ein wenig erschöpft durch die lange Tour und die vielen Ortswechsel begaben wir uns nun auf den Nachhauseweg, belohnten uns in der Stadt Tabuk noch mit einem erfrischenden Shake und kamen abends wieder heil im sonnigen Conner an. Es war unheimlich spannend, einen Einblick in die Häuser und Hütten der Einheimischen zu gewinnen, ihre Lebensstile und Essgewohnheiten hautnah mitzubekommen und vor allem wahnsinnig schön, immer herzlich und mit einem Lächeln im Gesicht aufgenommen zu werden. Nicht selten wurden uns die besten Betten und Schlafplätze zur Verfügung gestellt, während die Hausbewohner auf andere Zimmer oder gar Unterkünfte auswichen. Überall hatte man das Gefühl, willkommen zu sein und ich hoffe, dass wir durch unsere Arbeit ein klein wenig zurückgeben konnten.

Ohne Maschinen muss man eben selbst Hand anlegen

Es warteten vier freie Tage auf uns, während denen meine liebe Kollegin Heike sich verabschiedete und durch die unternehmungslustige Ylva Kilian ersetzt wurde. Wir trafen uns am Samstag alle auf einer „Giving of Certificates“-Zeremonie in einem Barangay, wo Jocelyn und Lovely die BHW  (Barangay health workers) gerade in einem zweitägigen Seminar eingeführt hatten. Die stolzen Teilnehmer strahlten und hatten offensichtlich sehr viel positive Energie und neue Ideen aus den Workshops mitgenommen, welche sie nun hoffentlich in die Arbeit in ihren Barangays stecken. Am Sonntag erkundeten Ylva und ich den Weg in die nächste Gemeinde Malama, in der es mehr Geschäfte, Bäckereien und Obststände gibt und wo wir uns mit Leckereien und nützlichen Dingen für das Büro eindeckten. Die anderen Tage vergingen schnell mit Vor- und Nachbereitungen der Tour: Besteck musste sterilisiert werden, Medikamentenboxen wieder aufgefüllt und Verbesserungsvorschläge wurden diskutiert.

Ohne Strom und ohne Wasser

Somit begaben wir uns am folgenden Dienstag auf die dritte Rolling Clinic-Tour, die vier Tage dauert und von unserem Ärztehaus in Tagestouren erreicht werden kann. In Sacpil ging es los und wiederum war es für Ylva als Neuling besonders gut, dass Gerhard mit Rat und Tat zur Seite stand. Da die Sprechstunde mittags vorbei war, blieb noch Zeit für einen Hausbesuch zu einer bereits bekannten Patientin, die eine offene Wunde am Arm hat. Sie hatte vor über einem Jahr einen Autounfall mit Verbrennungen erlitten und wegen einer offenen Unterarmfraktur eine operative Versorgung mit Platte bekommen – nur leider heilte die Wunde nie zu. Die Platte ist von außen vollständig sichtbar und infiziert. Mittlerweile hatten wir herausgefunden, dass sich die Patientin im nahegelegenen Conner District Hospital operieren lassen könnte, wofür wir ihr die Reisekosten erstatten würden.

Blutdruck messen

Zunächst wird der Gesundheitszustand der Patienten überprüft

Kaum Zuhause angekommen gab es einen richtigen Wolkenbruch, der kurz danach von Sonnenschein und einem herrlichen Regenbogen gefolgt wurde, aber gleichzeitig einen Strom- und Wasserausfall mit sich brachte. Der Wasserausfall hielt mehrere Tage an – somit machten wir es wie die Einheimischen: Wuschen uns und unsere Kleidung beim nahegelegenen Brunnen, der Grundwasser fördert, und plauderten gemütlich mit den Hausbewohnern nebenan, die uns frische Kokosnüsse anboten. Eine willkommene Stärkung für die nächsten Aufgaben, die auf uns warten…