Ausnahmezustand beim Holi-Fest

Teil 4 des Einsatzberichts von Dr. Barbara Müllerleile aus Kalkutta

Mein Wochenendtrip verläuft nicht ganz nach Plan: Heute früh hat der Guide verschlafen, weil er Frühlingsanfang, Karneval und eben das Holi-Fest gefeiert hat, nehme ich an. Nachdem ich einige Zeit gewartet habe bin ich an die Straße gegangen und hab mir eine Fahrradrikscha genommen. Der Fahrer hat keine 40kg gewogen und gehustet wie ein Hustinettenbär. Ich habe ihn von 100 Rupien auf 50 gehandelt, weil ich die Preise mittlerweile kenne. Nachher habe ich ihm aber doch 100 gegeben, weil er Mühe hatte mich an die Chats zu bringen.

Mein Ausflug zum Holi-Fest

Immer schön die Schuhe ausziehen im Tempel…

An den Treppen ist es bei Sonnenaufgang noch schöner als abends finde ich. Die Menschen gehen in den Fluss um sich zu waschen, hauptsächlich Männer aber auch Frauen, was mit sechs Meter Stoff am Leib nicht ohne ist. Ich bin oben an den Chats entlanggelaufen und hab mir alles in Ruhe nochmal angeguckt. Nur den Totenverbrennungsteil habe ich mir gespart. Es ist hier eine andere Welt. Zum Schluss bin ich in einen Tempel gegangen. Mir ist eingefallen, dass ich bloß ein Paar Schuhe habe und es keinen Aufpasser wie in den anderen Tempeln gab. Der Priester hat sofort Geld gewittert und kam schnell auf mich zu um mit mir das Ritual durch zu führen. Ich bekomme einen goldenen und einen roten Punkt auf die Stirn, dann werde ich zu Shiva, einem der höchsten Götter der Hindus, geführt. Anschließend zum heiligen Bullen. Dem muss ich meinen Wunsch ins Ohr flüstern, der gibt ihn an Shiva weiter. Danach geht es zu den anderen Göttern. Ich geh im Kreis um alle Götter rum mit nackten Füßen und muss höllisch aufpassen, dass ich nicht ausrutsche, dabei sage ich seltsame Worte, der Sinn ist aber, dass ich um gutes Karma, genug Essen, Wohlstand und noch vieles mehr bitte. Als ich fertig bin hält der Priester die Hand auf und ich gebe ihm 50 Rupien, das ist fürstlich, weil die Inder nur Münzen hinlegen 1, 2, oder 5 Rupien. Aber er hätte gerne 1000 Rupien, umgerechnet 15€. Da muss ich lachen und sage nur „Happy Holi“. Meine Schuhe sind noch da und Affen gibt es auch wieder.

Keine Frauen in Sicht

Keine Frauen in Sicht beim Holi-Fest

Keine Frauen in Sicht…

Ich gehe schnell weiter, weil ich viele Feiernde sehe und sie haben mit Farbe gefüllte Wasserpistolen. Ich kriege auch gleich rote und blaue Spritzer ab. Macht aber nix, ich hab’s ja gewusst und mich entsprechend angezogen. Alle rufen „Happy Holi“ und ich mache es ebenfalls. Schnell will ich ein Taxi finden um ins Hotel zurückzukommen, weil die Männer in ihrer Feierlaune etwas stürmisch werden. Die Frauen sind zuhause. Plötzlich kommt mir ein Junge entgegen und sagt: „Komm mit, da hinten brennen viele Tote, ich zeig sie dir und du kannst Fotos machen.“ Ich will nicht. Aber ich finde es interessant, weil erstens ist fotografieren dort sowieso verboten, und zweitens dürfen da keine Frauen hin. Ich finde leider kein Taxi, nur eine Fahrradrikscha. Das wird jetzt interessant. Der Fahrer ist jung und Analphabet. Er muss vier Leute fragen bis einer lesen kann, wo ich hinwill. Dann geht es los. Er will 100 Rupien, das ist ok mit Holizuschlag. Es geht ganz gut, wir werden nur ein wenig angespritzt. Plötzlich kommt eine Menschenmenge die Straße runter, da dreht er und wir fahren Umwege. Das Holi-Fest führt zu großem Chaos. Ich bin froh wieder im Hotel zu sein.

Wo ist mein Taxi?

Auf geht´s zum Flughafen…

Es ist jetzt 9 Uhr und gegen 11 Uhr tobt die Stadt. Frühstück ist Brunch mit Suppe und warmen Gerichten: Eiern mit Speck, Früchten und Nachtisch. Anschließend gehe ich zur Rezeption, weil ich mein Geld für den Guide zurückwill. Ich bin zwar gerne bereit etwas Entwicklungshilfe zu leisten, aber nun ist Schluss. Man telefoniert und es stellt sich heraus, dass der Guide mich die ganze Zeit gesucht, aber nicht gefunden hat. Ich war mitten in der Lobby und hab sogar nach ihm telefonieren lassen, außerdem war sein Motorrad nicht da.  Also möchte ich den Hotelmanager sprechen. Jetzt funktioniert es, meine 2000 Rupien kommen zurück. Danke. Draußen ist jetzt der Teufel los. Ich stehe eine Weile am Tor und gucke hinaus. Das Holi-Fest ist, glaube ich, heftiger als Rosenmontag in Köln. Junge Männer sitzen brüllend voll Farbe auf ihren Motorrädern und fahren so schnell sie können. Manche tragen Masken oder goldene Hüte, alle brüllen. Frauen sind nicht zu sehen. Ich gehe in den Pool und setze mich danach in die Sonne. Gegen 14:45 Uhr ist Check out time. Leider kommt mein Fahrer nicht. Gegen 15:45 Uhr werde ich leicht nervös. Er kommt gleich heißt es…

Am Ende geht alles gut…

Mein Flieger geht um 19:30 Uhr und ich weiß nicht, wie lange es bis zum Flughafen dauert. Als ich an die Rezeption komme, heißt es der Fahrer habe Probleme wegen Holi. Die habe ich jetzt auch. Da kommt eine Amerikanerin und fragt ob ich mit ihr zum Flughafen will, sie hat ein Auto und einen Fahrer. Ich bin sehr froh. Von der Rezeption bekomme ich mein Geld zurück, weil ich das Taxi schon bezahlt hatte. Daniela kommt aus dem Astral und fliegt in den Himalaya um dort einen bekannten Hindu-Lehrer zu treffen. Sie ist sehr nett. Ich helfe ihr mit ihren unsäglich vielen Gepäckstücken. Ich weiß nicht, wie sie das managen will, wenn sie in Delhi ist. Irgendwie wird es schon gehen. Ich bin froh, dass ich jetzt Richtung Kalkutta unterwegs bin. Morgen muss ich wieder für die German Doctors arbeiten.