Geburt in Afrika sicherer machen

Wie deutsche Ärzte in Sierra Leone helfen: Ein Bericht von Einsatzärztin Dr. Monika Euler aus Serabu

Um 2:45 Uhr Geburtsstillstand bei einer 19-jährigen Patientin aus Serabu, die ihr erstes Kind bekommt. Die junge Frau wirkt eher kindlich, ist mit der Situation vollkommen überfordert. Der Muttermund ist fast vollständig eröffnet, aber so werden wir nicht weiter kommen. Eine Situation, die mir aus Deutschland durchaus bekannt ist. Aber bei einer Geburt in Afrika sind die Möglichkeiten der Schmerzlinderung in vielen Fällen äußerst begrenzt bis nicht vorhanden.

Hospital Serabu

Das Krankhaus mit seiner Geburtshilfe-Station

Dennoch muss dieses Kind „da raus“. Die Herztöne sind gut, das ist beruhigend und mit der Zeit gelingt es, die werdende Mutter zu einer suffizienten Atmung anzuleiten. Am Ende helfen wir dem Kind mit einer Saugglocke auf die Welt und halten um 4:45 Uhr ein schreiendes Neugeborenes im Arm. Wir, das sind eine Krankenschwester, die als Hebamme arbeitet, und der Student aus Sierra Leone, der seit einigen Tagen mitläuft, um von mir zu lernen, und ich. Ich lerne immer wieder von ihm. Ich lerne, warum dies oder jenes nicht so läuft, wie ich denke, dass es laufen könnte. Ich lerne aber auch, dass Unordnung und Unsauberkeit ihn stören. Das beruhigt mich. Mit den Wochen werden wir ein gut eingespieltes Team und können zeitweise ohne Worte agieren. So ist es mir auch ergangen mit einem der Clinical Health Officer (CHO), die vergleichbar mit deutschen Assistenzärzten, essentiell für die Arbeit des Hospitals in Serabu sind.

Die Arbeitsbelastung ist enorm

Health officer Serabu

Geburt in Afrika – Clinical Health Officer unterstützen die Ärzte

Ruhige Nacht steht in meinem Tagebuch. 7 Uhr Anruf aus dem Kreissaal vom diensthabenden CHO: IUFT (hier: unter Geburt verstorbenes Kind), Riss der Gebärmutter bei langem Geburtsverlauf – der CHO hat diese Diagnose, die Patientin war aus einem auswärtigen Health Center eingeliefert worden, per Ultraschall gestellt. Er wartet auf meine Bestätigung, 10 Minuten später sind wir im OP und derselbe CHO leitet die Narkose ein. 8:30 Uhr dann Visite. Die tägliche morgendliche Besprechung um 8 Uhr ist für mich ausgefallen, da ich noch im OP beschäftigt war.

Rollstuhl

Der Weg zum OP-Saal

Der operierten Patientin von gestern geht es gut. Am Ende der Visite stellt sich eine Patientin mit Fehlgeburt vor. Bei der Untersuchung findet sich ein totes Kind in der 20. Schwangerschaftswoche, was schon fast geboren ist. Und wieder geht es schnell: Zugang, Blutabnahme, Operationseinwilligung, Fahrt in den OP. Direkt im Anschluss machen wir den für den Tag geplanten Kaiserschnitt. Es kommt das sechste Kind dieser Familie zur Welt. Für die Patientin ist es der zweite Kaiserschnitt. Und danach – gegen 12 Uhr – bin ich erstmal zum Haus gegangen und habe meinen Morgenkaffee getrunken, Malarone genommen und Mittag gegessen…

Es gibt noch viele kleine Abschnitte wie diese. Nur in den letzten Tagen habe ich einige Fotos gemacht. Mit jedem Foto verbinde ich eine Geschichte, die die Patientin und ich zusammen erlebt haben. Insofern hätte ich gar kein Tagebuch schreiben müssen.