Ankunft in Chittagong
Ein Bericht von Einsatzärztin Luisa Stefanski aus Chittagong
Wie lebt es sich in einem Land, in welchem die Katastrophenmeldungen in den Medien sich nur abwechseln, aber anscheinend kein Ende nehmen? Ob Naturkatastrophen (regelmäßige Überschwemmungen) Fabrikbrände (wie zuletzt im November 2012), fast wöchentliche Generalstreiks seit März 2013 (mit Lähmung des kompletten wirtschaftlichen Potenzials) oder aktuell der Absturz eines neun-stöckigen Gebäudekomplexes bei Dhaka mit mehr als 500 Toten. Wie lebt es sich in dem Land mit der wahrscheinlich höchsten Bevölkerungsdichte weltweit? Dazu mit dem weltweit niedrigsten Stundenlohn für Näharbeiten und laut Transparency International mit einem der korruptesten politischen Systeme überhaupt?
Eine gewisse Beklemmung macht sich bei mir während den Vorbereitungen auf den Einsatz mit den German Doctors breit. Bei dem Problempotential stellt sich die Frage nach der Standortwahl für ein humanitäres Projekt nicht mehr.
Die Ankunft in Dhaka liefert mir bereits einige Antworten: überall Menschenmassen in Bewegung, zu Fuß, in Rickshas, Baby-Taxis, Autos oder Bussen. Am Straßenrand verwandeln die Händler den Ort zu einem andauernden Markt, der den Verkehr behindert. Der Eindruck einer nicht enden wollenden Geschäftigkeit wird vom Lärm noch unterstrichen. Die Armut hält sich hier nicht versteckt, die Slums sind nicht am Stadtrand verbannt, so viel Platz zum Verstecken gibt es nicht. Das ist keine der Katastrophenmeldungen, das ist einfach der Dauerzustand.
Ich steige in den Zug nach Chittagong ein, von den Dächern winken uns während der Fahrt Kinder zu. Die Mitfahrenden nehmen mich wahr und sie bringen mir unter unaufhaltsamem Gelächter etwas Bangla bei. Während der schlussendlich zehnstündigen Fahrt wird viel gelacht, gesungen und Essen herumgereicht. Die Menschen hier sind es vor allem, denke ich immer wieder, die den enormen Schatz dieses Landes ausmachen! Ich bin auf die Begegnungen in Chittagong gespannt.
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