Ein Bericht von Einsatzarzt Wolfgang Piller aus Ocotal, Nicaragua

Nach 21-stündiger Flugreise – warten, sitzen, Schlange stehen – und einem sehr angenehmen Tag bei einer Familie in Managua, machte ich mich auf den Weg zum zentralen Busbahnhof. Immerhin hatte ich noch eine Reise von vier Stunden vor mir. Das Gewühl ist unglaublich und das Problem der Entwicklungsländer offensichtlich: der Mangel an Arbeitsplätzen. Eis, Wasser, Obst, Fladen mit Hähnchenfleisch, Zeitungen, Kekse, Textilien und Sonstiges wird von fliegenden Händlern angeboten, die sich so ihren Lebensunterhalt verdienen wollen. Vor der Abfahrt drängen sie nochmal alle durch den vollbesetzten Bus – ein Glück, dass ich einen Sitzplatz habe. Ebenfalls vorteilhaft ist, dass man nicht belästigt wird; so ist die Flut eher interessant, obwohl man sich über das Gepäck Sorgen macht. Laptop, Kamera, Handy, Bargeld, da kommen gleich einige Sachwerte zusammen, besonders wenn man noch – wie ich – Spendengelder dabei hat.

Die Reise ist sehr angenehm, der Fahrtwind sorgt für Kühlung, das Panorama tropisch grün. Vom Bus aus sieht man viele Felder – zur Zeit wird Mais angebaut, weil in Teilen Nicaraguas zwei Ernten möglich sind –an schwindelerregend steilen Hängen, die wahrscheinlich nicht einmal von einem Kettenfahrzeug bewältigt werden können. Das bedeutet, die Saat, das Jäten und die Ernte sind sehr arbeitsintensiv.

An jeder Haltestelle füllt sich der Bus nochmals etwas mehr, bis dann die ganze Ladung in Ocotal auf die Straße gespült wird. Ich hatte Glück und wurde gleich von einem Sammeltaxi mitgenommen und war fünf Minuten später in meiner Unterkunft. Der Gemeinschaftsbereich ist eigentlich sehr schön, nur mein Zimmer eher “ na ja“.

Meine erste Nacht ist friedvoll; Geräusche von tropischen Tieren, bellenden Hunden, Musik und Hähnen dringen an mein Ohr und noch etwas: Ist das etwa die berühmte Katze auf dem heißen Blechdach? Nein, das hört sich eher wie ein lärmender Affe an. Schließlich schlüpfe ich doch unter dem Moskitonetz hervor und suche meine Ohrenstöpsel. Beim Frühstück löst sich das Rätsel der polternden Affen: Es sind rabenähnliche Vögel, die über das Wellblechdach hüpfen.